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Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Godspeed Bd. 2 - Die Suche

Titel: Godspeed Bd. 2 - Die Suche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beth Revis
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Schulter.
    Doc zuckt zusammen. »Ja.«
    Er erzählt mir nichts Neues. Ich bin die einzige Person auf dem Schiff, die nicht hier geboren wurde. Und während alle anderen Bewohner der Godspeed sich so lange vermischt haben, dass sie jetzt alle gleich aussehen, fallen meine superblasse Haut, die knallgrünen Augen und die roten Haare natürlich besonders auf. Der bisherige Regent an Bord, der Älteste, hat mir auch keinen Gefallen damit getan, als er den Leuten eingeredet hat, ich wäre das Ergebnis eines fehlgeschlagenen genetischen Experiments. Jetzt halten mich alle für einen Freak.
    Viel schlimmer ist jedoch, dass sie mir die Schuld dafür geben, dass jetzt alles auseinanderbricht.
    Vor drei Wochen war ich auf meinem üblichen Morgenlauf. An der Hühnerfarm habe ich kurz angehalten, um mir die Küken anzusehen. Der Bauer kam mit dem Futtereimer heraus – er ist ein Riesenkerl und seine Arme sind so dick wie meine Beine. Er hat den Futtereimer hingestellt und mich nur angestarrt. Dann ist er zum Zaun gegangen und hat nach einer Schaufel gegriffen. Er hat sie angehoben, als wollte er ihr Gewicht prüfen, und ist dann mit einem Finger über die scharfe, glänzende Kante gefahren. Da bin ich losgerannt und habe immer wieder über die Schulter gesehen. Er hat mit der Schaufel in der Hand hinter mir hergestarrt, bis ich außer Sichtweite war.
    Seitdem bin ich nicht mehr gelaufen.
    »Ich bin nicht blöd«, sage ich zu Doc und stehe vom Bett auf. »Ich weiß, dass die Lage im Moment nicht gerade rosig ist.«
    Ich reiße die Tür meines Kleiderschranks auf und hole ein langes Tuch heraus, das so dunkelrot ist, dass es beinahe braun aussieht. Das Material ist dünn und ein bisschen elastisch. Ich beginne hinter dem linken Ohr, führe das Tuch über die Stirn, dann unter meine roten Haare und wieder zurück, bis meine Haare komplett unter dem dunklen Tuch verborgen sind. Schließlich drehe ich die verhüllten Haare zu einem Dutt zusammen und verknote die Enden des Tuchs. Dann nehme ich die Jacke von der Stuhllehne, werfe sie mir über die Schultern und ziehe mir die Kapuze über den Kopf. Zu guter Letzt verstecke ich noch meine Kette mit dem Kreuz unter dem Hemd, damit sie niemand sieht.
    »Es ist nicht perfekt«, sage ich, während Doc meine Tarnung betrachtet. »Aber wenn ich den Kopf gesenkt halte und die Hände in den Taschen lasse, dürfte niemand merken, wie anders ich bin, solange er mir nicht zu nah kommt.« Und ich habe nicht die Absicht, jemanden so nah an mich ranzulassen.
    Doc nickt. »Ich bin froh, dass du auf diese Idee gekommen bist«, sagt er. »Ich bin … also, das beeindruckt mich wirklich.«
    Ich verdrehe die Augen.
    »Aber ich denke nicht, dass es ausreicht«, sagt er noch.
    Ich streife die Kapuze ab und sehe Doc an – ich starre ihm mit voller Absicht ins Gesicht. »Ich. Werde. Mich. Nicht. Für ewig in diesem Zimmer einsperren lassen. Ich weiß, dass Sie glauben, es wäre nicht sicher, aber ich werde nicht zulassen, dass Sie mich noch mehr zu einer Gefangenen machen, als ich es ohnehin schon bin. Sie können mich nicht hier einsperren.«
    Doc schüttelt den Kopf. »Nein. Du hast recht. Das kann ich nicht. Aber ich finde, du brauchst –« Seine Hand fährt hoch zum Hals, wo die drahtlose Kommunikationseinheit unter seiner Haut eingelassen ist.
    »Nein!« Das ist ein weiterer Punkt, über den wir schon öfter gestritten haben. Doc – und Junior – verstehen nicht, wieso ich mich weigere, mir eine Dra-Kom einpflanzen zu lassen. Ich weiß, Junior will, dass ich eine bekomme, weil er sich Sorgen um mich macht. Und es wäre auch nett, immer mit ihm reden zu können, wenn ich es will. Ich bräuchte nur auf den Knopf zu drücken und könnte mit der Schwerkraftröhre auf sein Deck sausen, ihn anrufen oder einfach herausfinden, wo er sich gerade aufhält.
    Eine Dra-Kom ist so was wie das ultimative Handy, rund um die Uhr auf Empfang.
    Aber sie verbindet einen auch rund um die Uhr mit diesem Raumschiff, das definitiv nicht mein Zuhause ist. Ich will genauso wenig eine Dra-Kom, wie ich in diesem Zimmer eingesperrt werden will. Dra-Koms sind einfach zu weit weg von allem Irdischen . Ich will nicht, dass sie mich mit diesem Schiff verdrahten. Dass sie mich aufschneiden und etwas Nicht-Irdisches in mich einpflanzen, das sich in mein Gehirn bohrt. Das kommt nicht infrage.
    Doc greift in seine Tasche und zieht etwas mit einer fließenden Bewegung heraus, die gar nicht zu seiner normalerweise so steifen Art

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