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Goebel, Joey

Goebel, Joey

Titel: Goebel, Joey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heartland
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nachspielten, und ich wollte mir das bloß ansehen, aber da kommt ein kleiner Junge zu mir, und er guckt mich an mit meinen Haaren, dem Schnauzer und den abgerissenen Klamotten, und dann fragt er mich, wann die nächste Schlacht wäre, und als ich sage, ich wisse es nicht, er solle doch einen der Soldaten fragen, da sagte er: ›Wie, du bist kein Soldat?‹« Jackie lachte. »Da hab ich gelacht. Ich erkenne, wenn was komisch ist. Glaub ja nicht, dass ich’s nicht tue.«
    »Alles klar. Ich werd’s nicht vergessen. Ich bin froh, dass du’s mir gesagt hast.«
    »Schon gut.«
    »Also, was machen wir zuerst?« Dauernd wechselte sie das Thema.
    »Na, zuerst müssen wir die Fassade dieser Bude streichen, und wir müssen auch den Vorraum abreißen.«
    »Wieso?«
    »Ist Vorschrift. Wal-Mart hat eine Menge Vorschriften, in die ich einwilligen musste. Sie hätten nicht mal einem Verkauf zugestimmt, wenn ich ihnen nicht klargemacht hätte, dass ich kein Einzelhändler bin.«
    Blue Gene erzählte, dass die Maklerin sich mit dem Mann in Verbindung gesetzt hatte, dem das Grundstück gehörte, auf dem dieser Wal-Mart stand, um ihm die überraschende Neuigkeit mitzuteilen, jemand wolle das Gebäude sofort kaufen. Was voraussetzte, dass der Pachtvertrag der Firma Wal-Mart beendet wurde, und wie immer, wenn ein neues Unternehmen in einen ehemaligen Wal-Mart einzog, [468] verlangte die Wal-Mart-Zentrale, dass das Gebäude neu gestrichen wurde, damit nichts an den ehemaligen Betreiber erinnerte. Blue Gene erklärte sich, ohne zu zögern, mit den Forderungen der Firma einverstanden. Einigen seiner alten Freunde würde es einen Heidenspaß machen, den alten Wal-Mart zu streichen, und sie suchten immer Arbeit.
    Er konnte sie gut bezahlen.

[469] Dritter Teil

[471] 10
    Nach einer strengen Moralpredigt seines Vaters und einem aufmunternden Sermon seiner Mutter beschloss John Hurstbourne Mapother, sich dem Leben zu stellen. Nach dem Handyzwischenfall hatte er sich einen Tag lang nicht aus seinem Bett getraut, doch seine Eltern erinnerten ihn daran, dass er eine Arbeit und – was wichtiger sei – einen Wahlkampf hatte, auf den er sich konzentrieren musste. Seine private Krise müsse er vorerst ausblenden und dürfe sich zu einem späteren Zeitpunkt damit befassen. Momentan sei niemand imstande, das Blue-Gene-Problem anzugehen. Henry sagte zu John, Blue Gene habe keinen Zweifel daran gelassen, dass er nicht mit seiner Familie reden wollte, und John war erleichtert, dass er sich ihm nicht stellen musste. Er war auch erleichtert, dass Blue Gene jetzt die Mittel hatte, den Lebensweg zu beschreiten, den er sich so sehr wünschte, und vielleicht täte es ihm sogar gut, Bashford eine Zeitlang zu verlassen. Zudem sei die Enthüllung, wie Elizabeth erklärte, so ungelegen sie auch gekommen wäre, Gottes Wille gewesen. Und so stimmten Henry, Elizabeth und John überein, dass es zumindest bis zum Ende des Wahlkampfs das Beste war, einfach so weiterzumachen, als wäre nichts geschehen, also genau das zu tun, was sie immer gemacht hatten.
    [472] Doch als John ins Büro zurückkehrte und tapfer lächelnd den Verpflichtungen eines trostlosen Donnerstags nachzukommen versuchte, fühlte er sich unwillkürlich wie ein gutgekleideter Schuft, dessen wahnsinnige Seele von Krämpfen geschüttelt wurde. Noch zwei Tage zuvor hatte er an seinem Schreibtisch von einem reizenden, alten Hotel in New Hampshire während der Vorwahl für die Präsidentschaftskandidatur geträumt, die er eines Tages gewinnen würde, und von einem Urlaub mit der Familie inklusive Eltern und Blue Gene auf der Prominenteninsel Martha’s Vineyard, sobald er den Gipfel der Macht erklommen hätte. Heute hatte er andauernd Blue Genes Bild vor Augen, wie er mit nacktem Oberkörper und ohne Schuhe auf dem Rücksitz irgendeines alten Polizeiwagens lag, von den säuerlichen Überresten seines Abendessens bedeckt. Die verstörenden Bilder verfolgten ihn auch auf der Heimfahrt nach der Arbeit; überhaupt wurde alles um ihn herum auf unheimlichste Weise bedeutungsvoll. Die Bäume wurden zu Phallussymbolen, die sich in den Himmel bohrten. Und alle auf halbmast geflaggten Gebäude sahen aus, als ließen sie vor Scham ihr Tuch hängen.
    Als Elizabeth an diesem Abend John anrief, hörte sie seiner Stimme sofort an, dass er getrunken hatte. Er stritt das wutentbrannt ab, dann warf er ihr vor, sie sei auf irgendeiner Missionsreise gewesen, als er sie am dringendsten gebraucht habe. Sie entschuldigte sich

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