Goebel, Joey
toll. Hier können sich alle Schüchternen treffen und herumschreien.«
[464] Blue Gene nickte.
»Außerdem, Jackie, hab ich mir gedacht, da du von solchen Sachen mehr verstehst als ich und weil du andere Bands aus der Gegend kennst, ob du vielleicht Managerin oder so was werden möchtest. Die dafür verantwortlich ist, die Konzerte und andere Veranstaltungen zu organisieren.«
»Willst du das denn nicht machen?«
»Nein. Für so etwas bin ich nicht geeignet. Ich glaube, ich mach lieber den Hausmeister und übernehme die Wartung.« Jackie lachte. »Kein Scherz. Ich ziehe körperliche Arbeit vor. Ich mag Arbeiten, bei denen ich nicht denken muss.«
»Pass auf, dass du nicht ins Koma fällst.«
Blue Gene lachte schallend. »Übrigens bezahl ich dich für deine Arbeit als Managerin.«
»Aber nein. Das musst du nicht machen.«
»Also, pass auf, ständig lamentierst du wegen Geld. Jetzt biete ich dir einen gutbezahlten Job an, und du lehnst ihn ab?«
»Also schön, aber du musst mir nicht viel zahlen. Wann ist das erste Konzert?«
»Sobald du eins auf die Beine stellst.«
»Ich hab früher mal ein Konzert in einem Pavillon im Park in nur einer Woche organisiert. Moment mal… wir brauchen einen Gewerbeschein, denn im Park durften wir keinen Eintritt verlangen. Wenn die Cops kamen, haben wir ein Schild mit der Aufschrift SPENDEN WILLKOMMEN aufgestellt. Aber hierfür sollten wir uns wirklich eine Konzession besorgen.«
»Eigentlich hatte ich gar nicht vor, Eintritt zu nehmen. Ich dachte mir, alles sollte gratis sein.«
[465] »Wirklich?«
»Klar. Warum nicht? Ich dachte, das würde dir gefallen.«
»Tut es auch, aber die Bands werden damit nicht glücklich sein. Besonders wenn wir auswärtige Bands verpflichten, die gerade auf Tour sind.«
»Die bezahl ich aus eigener Tasche.«
»Das würdest du tun?«
»Klar.«
Sie schenkte ihm den erhofften beeindruckten Blick. »Wow.« Jackie lächelte. »Das ist echt aufregend. Ich hab diese Stadt allmählich so satt, aber Leute wie du sorgen dafür, dass ich bleiben will.«
Blue Gene grinste. »Red weiter, Mädel.«
Jackie lachte. »Ernsthaft, Menschen wie du sind dünn gesät, aber ab und zu läuft mir einer über den Weg, der Bashford zu was Besonderem macht. So wie der alte Mann, der immer vor Denny’s sitzt. Wenn er mich sieht, fragt er mich jedes Mal, ob er meine Haare berühren darf, und sagt dann, er mag meine Haare, weil sie so weich sind wie ein Hundefell.«
Blue Genes Stimmung sackte in den Keller, weil er mit einem alten Autisten verglichen wurde, der andere Leute tätschelte.
»Und das ist so cool an Kleinstädten«, fuhr sie fort. »Sie bringen echte Exzentriker hervor, nicht irgendwelche Nullachtfuffzehn-Kunstfuzzys oder Hipster oder Leute, die nur anders sind, weil sie partout anders sein wollen. Unikate. Und so eins scheinst du mir auch zu sein. Also, ich kenne Leute, die den Materialismus ablehnen, aber du lehnst ihn mit Vehemenz ab.«
[466] »Ist überhaupt nicht wahr. Ich sammle Schusswaffen. Ich mag Autos.«
»Dennoch, wenn junge Leute rebellieren, machen sie einen auf Freak oder stehen auf abgefahrene Musik oder dergleichen, so wie ich. Sieh mich doch mal an.« Jackie wies auf ihre zerrissenen Jeans und die Chuck Taylors an ihren Füßen. »Das ist so was von typisch. Solche wie mich gibt’s wie Sand am Meer. Aber du, du hast dich entschieden, jemand zu werden, der gerade nicht cool oder angesagt oder trendy oder auch nur gutaussehend ist. Du –«
»Hey!«
»Aber das ist ja gerade das Gute! Du hast etwas Originelles aus dir gemacht.«
Blue Gene seufzte. »Na schön.«
»Was denn?«
»Gar nichts.«
»Du siehst so angefressen aus.«
»Ich bin nicht blöd, verstehst du. Ich seh vielleicht so aus, bin’s aber nicht.«
»Das hab ich auch nie behauptet.«
»Ja, aber du redest über mich, als würde ich überhaupt nichts raffen.«
»Das hab ich nicht gesagt.«
»Das ist nur mein Eindruck – ich sehe nämlich durchaus das Bizarre an meiner Situation. Ich bin nicht blöd.«
»Okay, so war’s nicht gemeint. Tut mir leid.«
»Schon okay. Ich muss mal eben eine rauchen.« Er ging in Richtung Ausgang, kehrte aber sofort wieder um und zündete seine Zigarette im Gebäude an. »Du hast hoffentlich nichts dagegen«, sagte er und hielt seine Zigarette hoch.
[467] »Überhaupt nicht. Es ist dein Gebäude.«
»Der Gedanke kam mir auch gerade. Egal, jedenfalls war ich mal unten am Fluss, wo sie gerade den amerikanischen Bürgerkrieg
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