Goebel, Joey
-Veteran und beklagte sich oft, er sei arm und betreibe Wrestling nur, um mit seinem Sohn, dem siebenjährigen Schlüsselkind, finanziell über die Runden kommen.
»Und sein Tag-Team-Partner…«
John Mellencamps »Small Town« wurde angespielt, worauf die Menge sich erhob.
»Mit einem Kampfgewicht von einundneunzig Komma fünf Kilogramm, Herkunft unbekannt, Ihr HCW -Champion… Mr. America!«
Der neununddreißigjährige Mr. America war zwar nicht in Form, aber der beliebteste Kämpfer von Heartland Championship Wrestling. Er hatte eine wie die amerikanische Flagge gemusterte Turnhose an und hielt oft Reden über seine Liebe zum Heimatland und darüber, dass er anderer Meinung als sein Chef sei. Er hatte nur eine einzige bekannte Schwäche, die seine Gegner manchmal zu ihren Gunsten ausnutzten: Er war ungeheuer kitzlig.
Der Ansager betätigte die Glocke, und Charismo und Dorphin verhakten sich ineinander. Mr. America begann » USA « zu rufen, um seinen Partner anzufeuern. » USA . USA .« Bald war das Publikum von dem Kampf so gefesselt, dass [246] Blue Gene sich aus dem Staub machen konnte. Balsam schaute gebannt und mit offenem Mund in Richtung Ring, aber nicht auf die Wrestler, sondern auf Schwester Hoolihans wohlgeformten Po.
»Ich hol mir mal ’ne Coke«, sagte Blue Gene. Balsam beachtete ihn nicht. Befangen stakste Blue Gene auf Jackie zu.
»Hey«, sagte er.
»Hey«, sagte Jackie mit sorgenvoller Miene. Sie sah Blue Gene kaum an, daher stellte er sich neben sie und beobachtete mit ihr den Kampf.
»Was ich dich fragen wollte.« Er hustete und räusperte sich. »Wie alt bist du?«
»Warum willst du das wissen?«
»Um zu erfahren, ob du wählen darfst. Darum. Warum sollte ich sonst fragen?«
»Ich bin fünfundzwanzig.«
»Das ist cool.« Er rieb seinen Schnauzbart. »Ich soll nämlich keinen um seine Wählerstimme bitten, der noch zu jung ist.«
Im Ring entspann sich jetzt ein typischer Kampf. Zunächst wogte er hin und her, ständig wurden Köpfe gegen die Seilspanner am Ring geschlagen, und die Teampartner klatschten sich ab, um einander abzuwechseln.
»Du sammelst also Stimmen für Mapother, nehme ich an.« Sie wies mit dem Kopf auf Blue Genes MAPOTHER-IN- DEN-KONGRESS - T -Shirt mit abgeschnittenen Ärmeln.
»Ja, stimmt. Hier.« Er gab ihr ein Flugblatt. »Es wäre nett, wenn du ihn am zweiten November wählen würdest.«
»Ich würde nie Mapother wählen«, sagte Jackie und gab Blue Gene das Flugblatt umgehend zurück.
[247] »Warum nicht?«
»Aus mehreren Gründen.«
»Du wählst Frick ?«
»Nein. Den würde ich auch nicht wählen. Bei den beiden hat man ja keine eine echte Alternative. «
»Hat man doch.«
»Ach wo! Sie waren sogar beide auf derselben Uni.«
»Wenn du nicht wählst, darfst du dich später nicht beklagen.«
»Ich würde wählen, wenn es einen dritten Kandidaten gäbe, sofern er nicht die Interessen der Großkonzerne vertritt.«
»Das macht Mapother nicht. Hier, lies das Flugblatt.«
Pater Flanagan drehte den Kampf endgültig zu seinen Gunsten, als Charismo den Schiedsrichter ablenkte und Schwester Hoolihan von hinten Gary Dorphin an den Hoden packte.
Jackie lachte, als sie die Vorderseite des Flugblattes las.
»Was denn?«, fragte Blue Gene.
»›Gründe dafür, dass Sie John Hurstbourne Mapother wählen‹«, las sie vor. »›Er ist ein gesetzestreuer Bürger. Man respektiert ihn. Er macht nie einen Rückzieher. ‹«
»Genau. Das stimmt alles.«
»Geht’s noch verschwommener? So einen Quatsch könnte man über jeden behaupten. Kommen diese Dinger eigentlich an?«, fragte sie und hielt das Flugblatt hoch. »Das tun sie bestimmt, so wie ich die Leute hier kenne.«
»Gib’s her, wenn du dich drüber lustig machst.« Blue Gene riss das Flugblatt aus ihren knochigen kleinen Fingern mit dem abblätternden grünen Nagellack.
»Warum hilfst du eigentlich dem Typen beim Wahlkampf?«
[248] »Ich muss dir gegenüber keine Rechenschaft ablegen. Das ist ein freies Land.«
»Wenn er ehrlich wäre, würde er in fetten Großbuchstaben auf sein Flugblatt drucken:
WENN ICH GEWÄHLT WERDE, WERDE ICH DIE STEUERBELASTUNG VON GROSSKONZERNEN UND REICHEN SENKEN. NICHT MEHR UND NICHT WENIGER .«
Der Delphin wurde gerade von Pater Flanagan gnadenlos vermöbelt, doch kurz bevor der böse Priester ihm den Rest geben konnte, schaffte es Dorphin gerade noch in seine Ecke, wo er Mr. America abklatschte. Die Menge flippte aus, als Mr. America den Pfaffen nach allen Regeln der
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