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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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besteht aus schwach wechselwirkenden Modulen, von denen jeder seine eigene private Identität während der Wechselwirkung beibehält, aber zum gemeinschaftlichen Verhalten des ganzen Systems dadurch etwas beiträgt, daß er sich gegenüber dem Zustand, den er außerhalb des Systems hätte, ein wenig verändert. Die Systeme die der Physiker erforscht, sind im allgemeinen dieser Art. Man sieht zum Beispiel, daß ein Atom aus einem Kern besteht, dessen positive Ladung eine Anzahl von Elektronen in „Umlaufbahnen“ oder „Hüllen“ einfängt. Die „gebundenen“ Elektronen sind den freien sehr ähnlich, obgleich sie einen Bestandteil eines zusammengesetzten Objekts darstellen.
    Gewisse von den Physikern erforschte Systeme bilden einen Gegensatz zu dem verhältnismäßig unkomplizierten Atom. Solche Systeme bringen überaus heftige Wechselwirkungen mit sich, als deren Folge Teile des größeren Systems verschluckt werden und ihre Individualität teilweise oder gänzlich einbüßen. Ein Beispiel dafür ist der Atomkern, der gewöhnlich als „Ansammlung von Protonen und Neutronen“ beschrieben wird. Doch sind die Kräfte, mit denen sich die Einzelteile anziehen, dermaßen stark, daß die Bestandteile nicht annähernd in so etwas wie ihrer „freien“ Form überleben (der Form, die sie besitzen, wenn sie sich außerhalb des Kerns befinden). Und in der Tat verhält sich ein Atomkern in vielerlei Hinsicht eher wie ein einziges Partikel als wie eine Ansammlung wechselwirkender Teilchen. Wenn ein Kern gespalten wird, werden oft Protonen und Neutronen freigesetzt, aber es entstehen im allgemeinen auch andere Teilchen wie Pi-Mesonen und Gammastrahlen. Sind alle diese Teilchen im Kern physisch enthalten, bevor er sich spaltet, oder sind es einfach „Funken“, die bei der Kernspaltung davonfliegen? Vielleicht ist der Versuch eine solche Frage zu beantworten, gar nicht sinnvoll. Auf der Stufe der Teilchenphysik betrachtet, ist der Unterschied zwischen der Speicherung der Fähigkeit, „Funken“ zu schlagen, und der Speicherung tatsächlicher Subpartikel gar nicht so klar.
    Ein Kern ist somit ein System, dessen „Teile“, obgleich als interne Bestandteile nicht sichtbar, herausgeholt und sichtbar gemacht werden können. Indessen gibt es auch „pathologischere“ Fälle, so wenn man das Proton und das Neutron selber als System betrachtet. Für beide hat man die Hypothese aufgestellt, daß sie aus einem Trio von „Quarks“ bestehen — hypothetische Teilchen, die zu zweit oder zu dritt kombiniert werden können, um viele fundamentale Teilchen zu erzeugen. Indessen ist die Wechselwirkung von Quarks so stark, daß man sie innerhalb der Protonen und Neutronen nicht nur nicht feststellen kann, sondern sie nicht einmal aus diesen herausholen kann! Obgleich die Quarks uns helfen, gewisse theoretische Eigenschaften von Neutronen und Protonen zu verstehen, läßt sich ihre eigene Existenz vielleicht niemals unabhängig feststellen. Hier haben wir das Gegenstück zu einem „beinahe zerlegbaren System“ — es ist ein System, das, wenn überhaupt, „beinahe unzerlegbar“ ist. Merkwürdig ist aber doch, daß die Quarktheorie der Protonen und Neutronen (und anderer Teilchen) erhebliche explanative Kraft besitzt, indem viele experimentelle Befunde über Teilchen, die aus Quarks zusammengesetzt sein sollen, quantitativ unter Verwendung des „Quarkmodells“ erklärt werden können.
Supraleitfähigkeit: eine „Paradoxie“ der Renormalisierung
    In Kapitel V haben wir beschrieben, wie renormalisierte Teilchen durch rekursiv zusammengesetzte Wechselwirkung mit virtuellen Teilchen auftreten. Ein renormalisiertes Teilchen kann entweder als ein solches komplexes mathematisches Konstrukt oder aber als der einfache Klumpen, der er physikalisch ist, aufgefaßt werden. Eine der seltsamsten und dramatischsten Konsequenzen dieser Art von Teilchenbeschreibung ist die Erklärung, die sie für das berühmte Phänomen der Supraleitfähigkeit liefert: dem ungehemmten Fluß von Elektronen in gewissen Festkörpern bei extrem niedrigen Temperaturen.
    Es zeigt sich, daß Elektronen in festen Körpern renormalisiert werden durch ihre Wechselwirkung mit seltsamen Schwingungsquanten, die man Phononen nennt (die ihrerseits ebenfalls renormalisiert sind!). Diese renormalisierten Elektronen nennt man Polaronen. Berechnungen haben gezeigt, daß bei sehr niedrigen Temperaturen zwei im gegensätzlichen Sinn drehende Polaronen sich allmählich anziehen und

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