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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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gewesen wäre. Deshalb könnte es wünschenswert sein, das System selber die Stufen voneinander unterscheiden zu lassen — d. h. Befehle so zu interpretieren, wie sie „sinnvoll“ sind. Leider würde eine solche Interpretation voraussetzen, daß das System mit reichlich gesundem Menschenverstand gesegnet wäre und außerdem über vollkommenes Wissen von der Absicht des Programmierers verfügte — und beides würde mehr Artifizielle Intelligenz erfordern, als es zur Zeit gibt.
Die Grenze zwischen Software und Hardware
    Auch die Flexibilität auf gewissen Stufen und die Starrheit auf anderen kann verwirren. Zum Beispiel gibt es auf einigen Computern wunderbare Textverarbeitungssysteme, die es gestatten, Textstücke von einem Seitenformat in ein anderes „umzugießen“, praktisch so, wie man Flüssigkeiten von einem Gefäß in ein anderes gießen kann. Eine schmale Seite kann zu einer breiten werden und umgekehrt. Angesichts einer solchen Vielseitigkeit wäre zu erwarten, daß es gleichermaßen trivial wäre, von einer Schriftart zur anderen überzugehen — zum Beispiel von normal zu kursiv. Doch ist vielleicht auf dem Schirm nur eine einzige Schrift verfügbar, so daß solche Änderungen unmöglich sind. Oder die Änderung kann auf dem Bildschirm möglich sein, nicht aber mit dem Ausdruckgerät — oder umgekehrt. Nach langjährigem Umgang mit Computern wird man vielleicht verwöhnt und glaubt, alles müsse programmierbar sein: Kein Ausdruckgerät sollte so starr sein, daß sie nur einen Schrifttyp besitzt oder vielleicht bloß eine endliche Menge davon. Die Schrift sollte vom Benutzer spezifiziert werden können. Wenn aber dieser Grad von Flexibilität erreicht ist, dann kann man sich vielleicht darüber ärgern, daß die Maschine nicht in verschiedenen Farben drucken kann, oder daß sie nicht Papier jeglicher Form und Größe aufnehmen kann, oder daß sie sich nicht selber reparieren kann, wenn sie defekt ist ...
    Die Schwierigkeit liegt darin, daß all diese Flexibilität „auslaufen“ muß, um einen Ausdruck aus Kapitel V zu verwenden. Es muß eine Hardware-Stufe geben, die allem zugrunde liegt, und die ist starr. Sie kann tief verborgen sein, auf den darüberliegendenStufen kann soviel Flexibilität vorhanden sein, daß nur wenige Benutzer die Beschränkung durch die Hardware spüren — aber sie ist unvermeidlicherweise vorhanden.
    Was ist denn diese sprichwörtliche Unterscheidung zwischen Software und Hardware? Es ist die zwischen Programm und Maschine — zwischen langen, komplizierten Befehlsfolgen und den physischen Maschinen, die sie ausführen. Ich stelle mir Software gern vor als „alles, was man über Telefonleitungen befördern könnte“, und Hardware als „alles andere“. Ein Klavier ist Hardware, aber eine gedruckte Partitur ist Software. Ein Telefonapparat ist Hardware, die Telefonnummer Software. Die Unterscheidung ist nützlich, aber nicht immer so eindeutig.
    Auch wir Menschen haben „Software"- und „Hardware"-Aspekte, und die Unterscheidung ist für uns ganz natürlich. Wir sind an die Starrheit unserer physiologischen Voraussetzungen gewöhnt: die Tatsache, daß wir unsere Krankheiten nicht nach Belieben selbst heilen oder uns Haare verschiedener Farbe wachsen lassen können — um nur ein paar einfache Beispiele zu nennen. Wir können jedoch unser Gehirn „umprogrammieren“, so daß wir in einem neuen Bezugsrahmen operieren. Die erstaunliche Flexibilität unseres Geistes scheint beinahe unvereinbar mit der Vorstellung, daß unser Gehirn aus festgelegter Hardware besteht, die nicht umprogrammiert werden kann. Wir können nicht bewirken, daß unsere Neuronen schneller oder langsamer feuern. Wir können unser Gehirn nicht neu verdrahten, wir können das Innere eines Neurons nicht umkonstruieren; wir haben, was die Hardware betrifft, keinerlei Wahl — und doch können wir Kontrolle über unser Denken ausüben.
    Aber offensichtlich gibt es Aspekte des Denkens, die sich unserer Kontrolle entziehen. Wir können uns nicht durch einen Willensakt klüger machen; wir können eine neue Sprache nicht so schnell lernen, wie wir es gerne täten; wir können uns nicht dazu bringen, schneller zu denken; wir können nicht gleichzeitig verschiedene Dinge denken usw. Das ist eine Art Urwissen von uns selbst, so selbstverständlich, daß es schwerfällt, es überhaupt zu sehen. Es ist, wie wenn man sich bewußt ist, daß die Luft „da“ ist. Wir nehmen uns selten die Mühe, darüber

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