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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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nachzudenken, was diesen „Defekt“ in unserem Geist verursacht haben könnte: nämlich die Organisationsstruktur unseres Gehirns. Eines der Hauptziele dieses Buches ist es, die Software des Geistes mit der Hardware des Hirns in Einklang zu bringen.
Zwischenstufen und das Wetter
    Wir haben gesehen, daß es in Computersystemen eine Anzahl ziemlich scharf definierter Schichten gibt, auf denen sich in der jeweils zutreffenden Weise eine Operation eines laufenden Programms beschreiben läßt. Es gibt also nicht bloß eine einzige tiefe Stufe und eine einzige hohe Stufe; es gibt alle Schattierungen von Höhen und Tiefen. Ist die Existenz von Zwischenstufen eine allgemeine Eigenschaft von Systemen mit niedrigen und hohen Stufen? Man betrachte zum Beispiel das System, dessen „Hardware“ die Erdatmosphäre ist (nicht sehr hart, aber lassen wir das), und dessen „Software“ das Wetter ist. Die Bewegungen aller Moleküle gleichzeitig zu verfolgen, wäre ein Versuch auf sehr niedriger Stufe, das Wetter zu „verstehen“, ähnlich wie wennman ein riesiges, kompliziertes Programm auf der maschinensprachlichen Stufe betrachtet. Offensichtlich übersteigt dies das menschliche Denkvermögen bei weitem. Wir haben indessen noch immer unsere eigene, spezifisch menschliche Art und Weise, Wetterphänomene zu betrachten und zu beschreiben. Unsere „geballte“ Sicht des Wetters beruht auf Phänomenen sehr hoher Stufe, wie etwa Regen, Nebel, Schnee, Orkane, Kältefronten, Jahreszeiten, Luftdruck, Passatwinde, Höhenströmungen, Cumulus-Nimbuswolken, Gewitter, Inversionslagen usw. An all diesen Phänomenen sind Moleküle in astronomischer Zahl beteiligt, die irgendwie zusammenwirken, so daß sich Trends in großem Maßstab ergeben. Das ist ein bißchen so, als betrachte man das Wetter in einer Compilersprache.
    Gibt es etwas Analoges zu der Betrachtung des Wetters auf einer mittleren Stufe, etwa der Assemblersprache? Gibt es zum Beispiel sehr kleine lokale „Mini-Stürme“, etwa wie die kleinen Windhosen, die den Staub in einer sich drehenden Säule von höchstens zwei oder drei Metern Durchmesser hochwehen? Ist ein örtlicher Windstoß eine Ballung auf der Zwischenstufe, die bei der Erzeugung von Wetterphänomenen auf höherer Stufe eine Rolle spielt? Oder gibt es einfach keine praktische Methode, unser Wissen über Phänomene dieser Art zu verknüpfen, um eine umfassende Erklärung des Wetters zu erhalten?
    Zwei andere Fragen fallen mir hierbei ein. Die erste lautet: „Wäre es möglich, daß die Wetterphänomene, die wir auf unserer Skala wahrnehmen — ein Wirbelsturm, eine Dürreperiode — bloß Phänomene einer Zwischenstufe sind: Teile von größeren, langsameren Phänomenen?“ Wenn ja, dann wären die wirklichen Wetterphänomene, auf hoher Stufe, global, und ihre Zeitskala wäre geologisch. Die Eiszeit wäre ein Wetterphänomen hoher Stufe. Die zweite Frage lautet: „Gibt es Wetterphänomene der mittleren Stufe, die bisher dem menschlichen Wahrnehmungsvermögen entgangen sind, die aber, nähme man sie wahr, zu besserem Verständnis beitrügen, warum das Wetter so ist, wie es ist?“
Von Wirbelstürmen zu Quarks
    Dieser letzte Gedanke erscheint vielleicht phantastisch, aber er ist durchaus nicht weit hergeholt. Wir brauchen nur die „härteste“ aller „harten“ Wissenschaften, die Physik, zu betrachten, um Beispiele von Systemen zu finden, die man vermittels aufeinander einwirkender „Teilchen“ erklärt, die selber unsichtbar sind. In der Physik wie in jeder anderen Disziplin besteht ein System aus einer Gruppe wechselwirkender Teile. In den meisten uns bekannten Systemen behalten die Teile während der Wechselwirkung ihre Identität, so daß wir noch immer die Teile innerhalb des Systems sehen. Wenn z. B. eine Fußballmannschaft zusammenkommt, bleiben die einzelnen Spieler isoliert; sie verschmelzen nicht zu einer zusammengesetzten Einheit, in der ihre Individualität verlorengeht. Indessen — und das ist wichtig — laufen gewisse Prozesse in ihren Gehirnen ab, die der Team-Zusammenhang verursacht hat und die ohne ihn nicht abliefen, so daß in einer, wenn auch untergeordneten, Weise die Mitspieler ihre Identität verändern, wenn sie Teil eines größeren Systems, der Mannschaft, werden.Systeme dieser Art heißen beinahe zerlegbare Systeme. (Der Ausdruck stammt aus H. A. Simons „The Architecture of Complexity“, s. sein Buch The Sciences of the Artificial , Cambridge, Mass. 1969.) Ein solches System

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