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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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religiösen Beweis für die Existenz der Seele, während andere es lachend als jeglichen Kommentars unwürdig abtun. Nach meinem Gefühl ist es falsch, aber auf eine faszinierende Art und Weise und deshalb ist es auch der Mühe wert, sich die Zeit zur Widerlegung zu nehmen. Tatsächlich war Lucas' Argument für mich einer der frühen Hauptbeweggründe, überdie Inhalte dieses Buches nachzudenken. Ich will versuchen, es in diesem Kapitel auf eine Weise und auf andere Weise in Kapitel XVII zu widerlegen.
    Wir müssen versuchen, besser zu verstehen, warum Lucas sagt, der Computer könne nicht so viel „wissen“ wie wir. Der Grundgedanke ist der, daß wir uns immer außerhalb des Systems befinden und von da aus immer die „Gödelisierung“ vornehmen können. Sie ergibt etwas, dessen Wahrheit das Programm von innen nicht einsehen kann. Warum aber kann der „Gödelisierungsoperator“, wie Lucas ihn nennt, nicht programmiert und dem Programm als dritte Hauptkomponente beigefügt werden? Lucas erklärt:
    Das Verfahren, nach dem Gödels Formel konstruiert wird, ist ein Standardverfahren — nur so können wir sicher sein, daß sich für jedes formale System eine Gödelformel konstruieren läßt. Wenn es aber ein Standardverfahren ist, dann sollte man eine Maschine so programmieren können, daß sie es ebenfalls ausführte ... Das entspräche dem, daß man über ein System mit einer zusätzlichen Folgerungsregel verfügte, die einem gestattete, die Gödel-Formel des verbleibenden formalen Systems als S ATZ beizufügen und dann die Gödel-Formel dieses neuen, gestärkten formalen Systems usw. Es wäre gleichbedeutend damit, daß man dem ursprünglichen formalen System eine unendliche Folge von Axiomen beifügt, wobei jedes die Gödel-Formel des bisher erreichten Systems ist ... Wir könnten erwarten, daß der Geist angesichts einer Maschine, die einen Gödelisierungsoperator enthält, das berücksichtigen und die neue Maschine samt dem Gödelisierungsoperator „übergödeln“ wird. Das ist tatsächlich bewiesen worden. Sogar wenn wir einem formalen System die unendliche Menge der aus den sukzessiven Gödelformeln bestehenden Axiomen hinzufügen, ist das sich so ergebende System noch immer unvollständig und enthält eine im System nicht beweisbare Formel, wenn auch ein außerhalb des Systems stehendes vernunftbegabtes Wesen sehen kann, daß es wahr ist. Das hatten wir erwartet, denn selbst wenn eine unendliche Menge von Axiomen zugefügt wird, müßten diese doch durch eine endliche Regel spezifiziert werden, und diese weitere Spezifikationsregel könnte dann vom Geist bei der Einschätzung des erweiterten formalen Systems berücksichtigt werden. Gerade weil der Geist das letzte Wort hat, kann er in einem gewissen Sinn immer ein Loch in jedes formale System machen, das ihm als Modell seines eigenen Funktionierens vorgelegt wird. Gewissermaßen muß das mechanische Modell finit und definit sein — und dann kann der Geist es immer noch einmal übertrumpfen. 3
Eine Dimension höher springen
    M. C. Escher hat ein Bild gezeichnet, das als Anschauungshilfe außerordentlich nützlich ist, nämlich das Bild Drache (Abb. 76). Die auffälligste Eigenheit ist natürlich das Motiv: Ein Drache, der sich in den Schwanz beißt — mit allen Anklängen an Gödelsche Ideen, die das mit sich bringt. Aber das Bild hat ein tieferliegendes Thema. Escher selbst gab dazu die folgenden, äußerst interessanten Kommentare. Der erste dieserKommentare gilt einer Gruppe seiner Zeichnungen, die alle mit „dem Konflikt zwischen der Fläche und dem Raum“ zu tun haben; der zweite Kommentar betrifft den Drachen insbesondere.
    I. Unser dreidimensionaler Raum ist die einzige Wirklichkeit, die wir kennen. Das Zweidimensionale ist genau so fiktiv wie das Vierdimensionale, denn nichts ist flach, nicht einmal ein aufs feinste polierter Spiegel. Und doch halten wir uns an die Konvention, daß eine Wand oder ein Stück Papier flach sind, und merkwürdigerweise machen wir so weiter, wie wir es seit undenklichen Zeiten getan haben und stellen Raumillusionen auf gerade solch ebenen Oberflächen wie dieser her. Es ist doch sicherlich ein bißchen absurd, ein paar Striche zu machen und dann zu behaupten: „Dies ist ein Haus.“ Diese merkwürdige Sachlage ist das Thema unserer fünf nächsten Bilder [einschließlich des Drachen ] 4
    II. So sehr sich dieser Drache um Räumlichkeit bemüht, bleibt er doch vollständig flach. Zwei Einschnitte werden an dem

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