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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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eine Frau. So etwas hat er noch nie gesehen, und zunächst ist er aufs äußerste entzückt von ihrer Ähnlichkeit mit ihm selbst. Aber dann, während sie ihm auch etwas Angst einflößt, ruft er allen um ihn versammelten Männern zu: „Seht, ich kann ihr ins Gesicht sehen, etwas was sie nicht kann, deshalb können Frauen nie so sein wie ich“, und so beweist er zu seiner großen Erleichterung die Überlegenheit des Mannes über die Frau, und auch die seiner Freunde. Übrigens beweist das gleiche Argument, daß Luhkaas allen anderen männlichen Wesen ebenfalls überlegen ist — aber darauf weist er sie nicht hin. Dann argumentiert die Frau ihrerseits: „Ja, du kannst mein Gesicht sehen, etwas, was ich nicht vermag — aber ich kann dein Gesicht sehen, und das ist etwas, was du nicht kannst. Wir sind gleich.“ Indessen bringt Luhkaas ein unerwartetes Argument vor: „Tut mir leid, du täuschst dich, wenn du glaubst, du könntest mein Gesicht sehen. Was Frauen tun, ist nicht dasselbe; es ist, wie ich bereits gezeigt habe, von kleinerem Kaliber und verdient nicht, beim gleichen Namen genannt zu werden. Man kann es ,frausehen' nennen. Nun ist die Tatsache, daß du mein Gesicht ,frausehen' kannst, ohne Bedeutung, weil die Situation nicht symmetrisch ist. Siehst du das ein?“ „Ich frausehe es ein“, frauantwortet die Frau und fraugeht von dannen ...
    Nun, das ist die Art von „Kopf-in-den-Sand"-Argument, das man schlucken muß, wenn man darauf aus ist, Männer und Frauen als in diesen intellektuellen Schlachten dem Computer überlegen ansehen zu wollen.
Über sich selbst hinausgehen können — ein moderner Mythos
    Noch immer ist die Überlegung von größtem Interesse, ob ein Mensch jemals aus sich selber herausspringen kann — oder ob Computerprogramme aus sich herausspringen können. Möglich ist es sicher, daß ein Programm sich selbst modifizieren kann, aber das muß von Anfang an in das Programm eingebaut sein, kann also nicht als ein „Sprung aus dem System hinaus“ gelten. Ein Programm kann sich drehen und wenden wie es will — es folgt immer den Regeln, die ihm eingegeben werden. Es ist ebensowenig möglich, dem zu entkommen, wie es einem menschlichen Wesen möglich ist, von sich aus zu entscheiden, daß es den physikalischen Gesetzen nicht gehorchen will. Die Physik hat als System Vorrang, und man kann ihr nicht entkommen. Es gibt ein nicht so weit gestecktes Ziel, das man erreichen kann: d. h., man kann sicher von einem Teilsystem des Gehirns in ein breiteres Teilsystem springen. Man kann gelegentlich aus dem festen Gleis herausspringen. Dies ist bloß wegen der Wechselwirkungverschiedener Teilsysteme des Gehirns möglich, kann einem aber das Gefühl geben, als steige man gänzlich aus sich selbst heraus.
    In ähnlicher Weise kann man sich sehr wohl vorstellen, daß eine partielle Fähigkeit, „aus sich herauszutreten“, sich in einem Computerprogramm verkörpern ließe.
    Es ist indessen wichtig, den Unterschied zwischen Selbst wahrnehmung und dem Versuch, über sich selbst hinauszugehen zu sehen. Man kann auf die verschiedensten Arten Bilder von sich gewinnen — im Spiegel, in Fotografie oder Film, auf Band, durch die Beschreibungen anderer, durch Psychoanalyse usw. Man kann aber nicht vollständig aus seiner Haut heraus und sich außerhalb seiner selbst stellen (was immer moderne okkulte Bewegungen, schrullige Populärpsychologen usw. sagen werden). TNT kann über sich selbst sprechen, aber aus sich herausspringen kann es nicht. Ein Computerprogramm kann sich selbst modifizieren, aber seinen eigenen Befehlen zuwiderhandeln kann es nicht, sondern höchstens einige seiner Teile umändern, indem es seinen eigenen Befehlen gehorcht. Das erinnert an die paradoxe Scherzfrage: „Kann Gott einen Stein schaffen, der so schwer ist, daß er ihn nicht aufheben kann?“
Werbung und Rahmenvorrichtungen
    Der Drang, aus dem System herauszuspringen, ist ganz allgemein und steht hinter allem Fortschritt in der Kunst, Musik und anderen Betätigungsfeldern der Menschheit. Er steht auch hinter so trivialen Unternehmungen wie der Herstellung von Werbesendungen in Radio und Fernsehen. Diesen schleichenden Trend hat Erving Goffman in seinem Buch Frame Analysis sehr schön gesehen und beschrieben:
    Zum Beispiel beendet ein Berufsschauspieler einen Werbespot und wendet sich, vor immer noch laufender Kamera, mit offensichtlicher Erleichterung von seiner Aufgabe ab, um nun mit wirklichem Vergnügen das Produkt, für das

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