Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band
dieselbe ist, daß sie aber verschiedene „äußere Botschaften“ haben — das heißt, sie müssen von verschiedenen Entschlüsselungsmechanismen gelesen werden. Wenn man nun die äußere Botschaft als Teil der Information gelten läßt, was ganz einleuchtend erscheint, dann ist die totale Information schließlich doch nicht die gleiche, und deshalb kann das Programm nicht zu den Selbst-Reps gezählt werden.
Das aber ist eine beunruhigende Schlußfolgerung, weil wir ja gewohnheitsmäßig den Informationsgehalt eines Dings und seines Spiegelbilds als gleich betrachten. Man erinnere sich aber, daß wir in Kapitel VI den Begriff der „Inneren Bedeutung“ von einem hypothetischen Begriff der Intelligenz abhängig machten. Wir ließen uns dabei von der Idee leiten, daß wir bei der Bestimmung der inneren Bedeutung eines Objekts gewisse Arten von äußeren Botschaften ignorieren können, nämlich die, die universell verständlich sind. Das heißt, wenn der Decodierungsmechanismus in einem vage definierten Sinn genügend tief greift, dann Ist die innere Botschaft, die er enthüllt, die einzige Bedeutung, die zählt. In diesem Beispiel kann man mit ziemlicher Sicherheitvermuten, daß eine „Standard-Intelligenz“ der Ansicht wäre, daß zwei Spiegelbilder die gleiche Information enthielten, das heißt, sie würde die Isomorphie zwischen den beiden als so trivial betrachten, daß sie vernachlässigt werden kann. Und so kann unsere intuitive Vorstellung bestehen bleiben, daß das Programm in einem gewissen Sinn ein echtes Selbst-Rep ist.
Epimenides' Grätsche über den Rhein
Ein anderes weit hergeholtes Beispiel eines Selbst-Rep wäre ein Programm, das sich selbst ausdruckt, aber in eine andere Computersprache übersetzt. Man könnte das mit der nachstehenden kuriosen Version der Quineschen Fassung des Epimenides-Selbst-Ref vergleichen:
„est une expression qui, quand elle est précédée de sa traduction, mise entre guillemets, dans la langue provenant de l'autre côté du Rhin, crée une fausseté“ ist ein Ausdruck, der, wenn ihm seine in Anführungszeichen gesetzte Übersetzung in die Sprache, die von der anderen Seite des Rheins stammt, vorausgeht, falsch wird.
Der Leser könnte versuchen, die Sentenz niederzuschreiben, die durch dieses wunderliche Gebräu beschrieben wird. (Ein Wink: Sie ist nicht sie selbst, oder ist es zumindest nicht, wenn „sie selbst“ im naiven Sinn verstanden wird.)
Wenn die Vorstellung eines „Selbst-Rep durch Rückwärtsbewegung“ (d. h. eines Programms, das sich selbst von hinten nach vorn schreibt) an den Krebs-Kanon erinnert, erinnert die Vorstellung von „Selbst-Reps durch Übersetzung“ genauso an einen Kanon, der die Transposition der Themen in eine andere Tonart erfordert.
Ein Programm, das seine eigene Gödelnummer ausdruckt
Die Idee, anstatt einer zusätzlichen Kopie eine Übersetzung des Originalprogramms auszudrucken, sieht vielleicht sinnlos aus. Wenn man jedoch ein Selbst-Rep-Programm in BlooP oder FlooP schreiben wollte, müßte man sich eines derartigen Kunstgriffs bedienen, denn in diesen Sprachen ist OUTPUT immer eine Zahl und keine Zeichenkette. Deshalb müßte man das Programm dazu veranlassen, seine eigene Gödelnummer auszudrucken: eine ungeheuer große ganze Zahl, deren Dezimalentwicklung den Code — Zeichen um Zeichen — für das Programm darstellt, unter Verwendung dreistelliger Codons. Dieses Programm kommt innerhalb der verfügbaren Möglichkeiten so nahe wie möglich dem Ausdrucken seiner selbst heran. Es druckt eine Kopie seiner selbst in einem anderen „Raum“, und es ist leicht, zwischen dem Raum der ganzen Zahlen und dem Raum der Ketten hin und her zu manövrieren. Somit ist der Wert von OUTPUT nicht einfach ein Auslöser wie „11-U“. Statt dessen liegt alle Information des ursprünglichen Programms „nahe an der Oberfläche“ des Outputs.
Gödelsche Selbstbezüglichkeit
Das kommt der Beschreibung des Mechanismus von Gödels Selbst-Ref G sehr nahe. Letztendlich enthält diese Kette von TNT ja nicht eine Beschreibung ihrer selbst, sondern einer ganzen Zahl (der Arithmoquinierung von u). Es ergibt sich einfach, daß diese ganze Zahl ein genaues „Abbild“ der Kette G im Raum der natürlichen Zahlen ist. Somit bezieht sich G auf seine Übersetzung in einen anderen Raum. Wir finden nichts dabei, G eine selbstbezügliche Kette zu nennen, weil die Isomorphie zwischen den beiden Räumen so eng ist, daß wir sie als identisch ansehen
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