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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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das leichtfertig anmuten mag, könnte es Entsprechungen in komplexen Systemen haben, in denen Selbst-Reps miteinander ums Überleben streiten, was wir in Kürze besprechen werden.
Was ist das Original?
    Außer der Frage „Was ist eine Kopie?“ gibt es, die Selbst-Reps betreffend, eine andere fundamentale philosophische Frage. Das ist die Kehrseite der Medaille: „Welches ist das Original?“ Am besten läßt sich das mit ein paar Beispielen erläutern:
1)
ein Programm, das, wenn von einem Interpreter interpretiert, der auf einem Computer läuft, sich selbst ausdruckt;
2)
ein Programm, das, wenn von einem Interpreter interpretiert, der auf einem Computer läuft, sich selbst zusammen mit einer vollständigen Kopie des Interpreters ausdruckt (der ja schließlich auch ein Programm ist);
3)
ein Programm, das, wenn von einem Interpreter interpretiert, der auf einem Computer läuft, nicht nur sich selbst und eine vollständige Kopie des Interpretersausdruckt, sondern auch einen mechanischen Konstruktionsprozeß steuert, bei dem ein Computer von genau dem gleichen Typ wie der, auf dem Interpreter und Programm laufen, zusammengebaut wird.
    Daß in 1) das Programm das Selbst-Rep ist, ist klar. Ist es aber in 3) das Programm, das das Selbst-Rep ist, oder aber das aus Programm plus Interpreter zusammengesetzte Programm, oder das Zusammenwirken von Programm, Interpreter und Prozessor?
    Offensichtlich kann ein Selbst-Rep noch anderes leisten, als sich selbst auszudrucken. Der verbleibende Teil dieses Kapitels besteht aus einer Diskussion von Selbst-Reps, in denen Daten, Programm, Interpreter und Prozessor sehr eng miteinander verknüpft sind, und in denen die Selbstreproduzierung bedingt, daß alle zugleich reproduziert werden.
Typogenetik
    Wir nähern uns jetzt einem der faszinierendsten und tiefsten Probleme des 20. Jahrhunderts: dem Studium der „molekularen Logik des Lebens“, um einen vielsagenden Ausdruck von Albert Lehninger zu verwenden. Und es ist tatsächlich eine Logik, allerdings eine komplexere und schönere als irgendeine, die sich der menschliche Geist jemals vorzustellen vermochte. Wir werden uns auf einem etwas neuartigen Weg nähern: durch ein künstliches Solitärspiel, das ich Typogenetik nenne — eine Abkürzung für „typographische Genetik“. In der Typogenetik habe ich versucht, gewisse Vorstellungen der Molekulargenetik in einem typographischen System einzufangen, das auf den ersten Blick dem durch das MIU-System exemplifizierten ähnelt. Natürlich erfordert Typogenetik viel Vereinfachung, und deshalb ist sie hauptsächlich für didaktische Zwecke von Nutzen.
    Ich muß gleich zu Beginn erklären, daß das Feld der Molekularbiologie eines ist, in dem die Phänomene auf verschiedener Stufe wechselwirken, und daß die Typogenetik lediglich versucht, Phänomene auf einer oder auf zwei Stufen zu erhellen. Insbesondere habe ich die rein chemischen Aspekte völlig außer acht gelassen; sie gehören einer tieferen Stufe an als der, mit der wir es zu tun haben. Gleichermaßen habe ich auch alle Aspekte der klassischen, d. h. der nicht-molekularen Genetik gemieden; sie gehören einer höheren Stufe an. Mit der Typogenetik wollte ich lediglich ein anschauliches Beispiel für den Prozeß geben, in dessen Mittelpunkt das berühmte Zentraldogma der Molekularbiologie steht, das Francis Crick (einer der Mitentdecker der Doppelhelix-Struktur der DNS) so formuliert hat:
    DNSRNSProteine
    Ich hoffe, daß der Leser in diesem sehr reduzierten Modell, das ich konstruiert habe, einige einfache Vereinheitlichungsprinzipien erkennen wird — Prinzipien, die sonst durch das enorm komplizierte Zusammenwirken auf vielen verschiedenen Ebenen verwischt werden könnten. Was geopfert wird, ist Genauigkeit und Strenge; was, wie ich hoffe, gewonnen wird, ist ein bißchen Einsicht.
Stränge, Basen, Enzyme
    Das Typogenetik-Spiel besteht aus der typographischen Manipulation von Buchstaben.
    Es sind ihrer vier:
    A   C   G   T
    Beliebige Folgen von ihnen heißen Stränge, etwa
    GGGG
ATTACCA
    CATCATCATCAT
    Ich werde die Buchstaben A , C , G und T manchmal als Basen bezeichnen, und die Position, die sie einnehmen, als Einheit. Im mittleren Strang sind also sieben Einheiten; in der vierten von ihnen befindet sich die Base A .
    Hat man einen Strang, so kann man ihn manipulieren und auf verschiedene Weise verändern. Durch Kopieren oder Entzweischneiden des Strangs kann man auch zusätzliche Stränge herstellen. Einige Operationen

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