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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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können.
    Die Isomorphie, die TNT in dem abstrakten Bereich der natürlichen Zahlen spiegelt, läßt sich mit der Quasi-Isomorphie vergleichen, die die wirkliche Welt vermittels Symbolen in unserem Gehirn abbildet. Die Symbole spielen in den Objekten quasi-isomorphe Rollen, und dank ihrer können wir denken. In ähnlicher Weise spielen die Gödelnummern in Zeichenketten isomorphe Rollen, und durch sie können wir mathematische Bedeutungen in Aussagen über natürliche Zahlen finden. Erstaunlich, fast magisch ist die Eigenschaft von G, Selbstbezüglichkeit zu erreichen — trotz der Tatsache, daß für die Sprache, in der es geschrieben ist, TNT, nicht die geringste Hoffnung besteht, sich auf ihre eigenen Strukturen zu beziehen — im Gegensatz zur deutschen Sprache: es gibt nichts Leichteres, als die deutsche Sprache in deutscher Sprache zu diskutieren.
    So ist also G ein hervorragendes Beispiel von Selbst-Ref via Übersetzung — sicher nicht der unkomplizierteste Fall. Man könnte sich auch an gewisse Dialoge erinnern, denn einige von ihnen sind ebenfalls Selbst-Refs via Übersetzung. Man nehme zum Beispiel die Sonate für Achilles solo. In diesem Dialog finden sich verschiedene Hinweise auf die Bachsonate für Violine solo, und der Vorschlag von Herrn Schildkröte, sich eine Cembalobegleitung vorzustellen, ist besonders interessant. Wenn man diese Vorstellung auf den Dialog selbst anwendet, erfindet man Sätze, die Herr Schildkröte spricht; nimmt man aber an, daß der Anteil des Achilles für sich allein steht (wie das die Violine tut), dann ist es ganz falsch, Herrn Schildkröte überhaupt irgendwelche Antworten zuzuschreiben.
    Auf jeden Fall handelt es sich hier um ein Beispiel für Selbst-Ref vermittels einer Abbildung der Dialoge auf Werke von Bach. Und es bleibt dem Leser überlassen, diese Abbildungen zu erkennen. Aber selbst wenn er sie nicht wahrnimmt, ist sie doch vorhanden, und der Dialog ist noch immer ein Selbst-Ref.
Selbst-Rep durch Augmentation
    Wir haben Selbst-Reps mit Kanons verglichen. Was wäre dann eine angemessene Analogie zu einem Kanon durch Augmentation? Eine Möglichkeit wäre die: Man betrachte ein Programm, das eine leere Schleife enthält, die nur den Zweck hat, das Programm zu verlangsamen. Ein Parameter könnte vorschreiben, wie oft die Schleife zu wiederholen ist. Ein Selbst-Rep ließe sich herstellen, das eine Kopie seiner selbst ausdruckt, aber mit anderen Parametern, so daß, wenn diese Kopie durchläuft, sie dasmit der halben Geschwindigkeit des Erzeuger-Programms tut, und dessen „Tochter“ wird ihrerseits mit der halben Geschwindigkeit laufen usw. ... Keines dieser Programme druckt sich genau selbst aus, und doch gehören alle derselben „Familie“ an.
    Das erinnert an die Selbstreproduktion von Lebewesen. Kein Individuum ist natürlich mit einem seiner beiden Elternteile identisch — warum nennt man dann den Akt der Neuschöpfung von Nachkommen „Selbstreproduktion“? Die Antwort lautet, daß zwischen Eltern und Kind eine „grobkörnige“ Isomorphie besteht; es ist eine Isomorphie, die die Information über die Art bewahrt. Was also reproduziert wird, ist die Klasse und nicht der Einzelfall. Das ist auch der Fall im rekursiven Bild Gplot in Kapitel V: das heißt, daß die Abbildung zwischen „magnetischen Schmetterlingen“ verschiedener Größe und Form grobkörnig ist; keiner ist mit dem anderen identisch, aber sie gehören zu einer einzigen „Art“, und genau diese Tatsache bewahrt die Abbildung. Was sich selbst erzeugende Programme betrifft, entspräche dies einer Familie von Programmen, die alle in „Dialekten“ einer einzigen Computersprache geschrieben sind. Jedes kann sich selbst ausdrucken, aber mit einer leichten Abänderung, so daß das Programm in einem Dialekt der Ursprungssprache herauskommt.
Selbst-Rep à la Kim
    Das vielleicht perfideste Beispiel eines Selbst-Reps ist das folgende: Anstatt einen in der Compilersprache zulässigen Ausdruck einzugeben, gibt man eine Fehlermeldung des Compilers selbst ein. Wenn er sich dieses „Programm“ ansieht, wird er zunächst verwirrt, denn das „Programm“ ist grammatikalisch falsch; also druckt der Compiler eine Fehlermeldung. Nun muß man das Ganze nur noch so arrangieren, daß die ausgedruckte Meldung gerade die eingegebene ist. Diese Art von Selbst-Rep, auf die mich Scott Kim hingewiesen hat, bedient sich einer anderen Stufe als der, auf der man sich normalerweise dem Problem nähern würde. Obgleich

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