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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Wahrheit sein, wie es eines zur Erkenntnis von TNT-S ÄTZEN ist.
    Das erste liefe dem Tarski-Church-Turing-Satz zuwider („für die arithmetische Wahrheit gibt es kein Entscheidungsverfahren“), und das letztere dem Satz von Church.
Zwei Formtypen
    Es ist äußerst interessant, über die Bedeutung des Wortes „Form“ nachzudenken, wie es auf Konstruktionen beliebig komplexer Gestalten angewendet wird. Worauf reagierenwir zum Beispiel, wenn wir ein Gemälde betrachten und seine Schönheit empfinden? Ist es die „Form“ der Linien und Punkte auf unserer Netzhaut? Offensichtlich muß es das sein, denn auf diese Weise wird es zu den analytischen Mechanismen in unseren Köpfen weitergeleitet — aber die Komplexität der Verarbeitung gibt uns das Gefühl, daß wir nicht einfach eine zweidimensionale Oberfläche betrachten; wir reagieren auf eine Art „innerer Bedeutung“ im Bild, einen vieldimensionalen Aspekt, der innerhalb dieser zwei Dimensionen irgendwie eingefangen worden ist. Wichtig ist hier das Wort „Bedeutung“. Unser Gehirn enthält Dolmetscher, die zweidimensionale Anordnungen akzeptieren und dann aus ihnen vieldimensionale Vorstellungen von solcher Komplexität „herausziehen“, daß wir sie nicht rational beschreiben können. Das gleiche gilt übrigens auch für unsere Reaktion auf Musik.
    Subjektiv hat man das Gefühl, daß der Mechanismus zum „Herausziehen“ von innerer Bedeutung überhaupt nichts mit einem Entscheidungsverfahren zu tun hat, welches das Vorhandensein oder das Fehlen einer besonderen Qualität, wie Wohlgeformtheit in einer Zeichenkette, prüft. Vermutlich rührt das daher, daß die innere Bedeutung etwas ist, das im Lauf der Zeit immer mehr von sich zu erkennen gibt. Man kann — anders als bei der Wohlgeformtheit — niemals sicher sein, daß man dieses Problem endgültig erledigt hat.
    Dies legt eine Unterscheidung nahe, die zwischen den beiden Bedeutungen von „Form“ in den Mustern, die wir analysieren, vorgenommen werden könnte. Zunächst gibt es Eigenschaften wie z. B. Wohlgeformtheit, die durch voraussagbare endliche Tests entdeckt werden können, wie in BlooP-Programmen. Das werde ich syntaktische Qualitäten der Form nennen. Bei den syntaktischen Aspekten der Form spürt man intuitiv, daß sie nahe an der Oberfläche liegen und deshalb nicht zur Erzeugung vieldimensionaler kognitiver Strukturen führen.
    Dagegen sind die semantischen Aspekte der Form jene, die nicht in voraussagbaren Zeitspannen getestet werden können: Sie erfordern offene Tests. Ein solcher Aspekt ist, wie wir gesehen haben, die S ATZ heit von TNT-Ketten. Man kann nicht einfach einen beliebigen Standard-Test auf die Kette anwenden und feststellen, ob es sich um einen S ATZ handelt. Die Tatsache, daß ihre Bedeutung ins Spiel kommt, hängt irgendwie aufs engste mit den Schwierigkeiten zusammen, festzustellen, ob eine Kette ein TNT-S ATZ ist oder nicht. Das Herausholen der Bedeutung einer Kette bedingt im wesentlichen, daß man alle Implikationen ihrer Beziehungen zu anderen Ketten feststellt, und das führt gewiß einen am Ende offenen Weg hinab. So sind die „semantischen“ Eigenschaften mit offenen Tests verbunden, weil — und das ist wichtig — die Bedeutung eines Objektes nicht im Objekt selbst lokalisiert ist. Das heißt nicht, daß es erst am Ende aller Zeiten möglich ist, die Bedeutung eines Objekts zu verstehen, denn während die Zeit verstreicht, entfaltet sich immer mehr Bedeutung. Es gibt aber immer auch Bedeutungsaspekte, die beliebig lange verhüllt bleiben.
Bedeutung folgt aus Verbindungen mit kognitiven Strukturen
    Gehen wir zur Abwechslung von Ketten zu Musikstücken über. Wer will, kann noch immer für jede Erwähnung eines Musikstücks den Ausdruck „Kette“ einfügen. Die Diskussion soll allgemeiner Art sein, aber ihr „Aroma“ läßt sich, meine ich, besser vermitteln, wenn wir uns auf Musik beziehen. Was die Bedeutung eines Musikstücks anbetrifft, so besteht eine seltsame Dualität: Einerseits scheint sie wegen ihrer Beziehung zu vielen anderen Dingen in dieser Welt weit verstreut — und doch leitet sich andererseits die Bedeutung eines Musikstücks von der Musik selbst ab, muß also innerhalb der Musik lokalisiert sein.
    Die Auflösung dieses Dilemmas findet man, wenn man über den Interpretierer nachdenkt — den Mechanismus, der das Herausholen von Bedeutung besorgt. (Mit „Interpretierer“ meine ich in diesem Zusammenhang den Mechanismus im Hörer, der für

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