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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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Geringste zu ändern. Sie ist nicht fähig, festzustellen, daß im System immer und immer wieder das Gleiche geschieht. Um nämlich so etwas zu bemerken, müßte man aus dem System — und sei es nur ganz wenig — herausspringen. Sie nimmt die Gleichförmigkeit der Wiederholung nicht wahr. Diese Vorstellung (nämlich die Gleichheit gewisser sich wiederholender Vorgänge) ist interessant, wenn wir sie auf uns selber anwenden. Gibt es ständig sich wiederholende Situationen, die in unserem Leben immer wieder vorkommen und jedesmal von uns auf dieselbe stupide Weise behandelt werden, weil wir einfach nicht genug Überblick haben, um ihre Gleichheit wahrzunehmen? Das führt uns zu der immer wiederholten Frage: „Was ist Gleichheit?“ Dies wird sich bald als Thema von AI erweisen, wenn wir das Erkennen von Mustern erörtern.
Anwendung von AI auf die Mathematik
    Vom Standpunkt der AI aus ist die Mathematik in mancher Hinsicht ein äußerst interessantes Studienfeld. Jeder Mathematiker fühlt, daß es zwischen mathematischen Vorstellungen eine Art Metrik gibt — daß die gesamte Mathematik ein Netz von Ergebnissen ist, zwischen denen eine riesige Zahl von Beziehungen besteht. In diesem Netz sind einige Vorstellungen eng miteinander verbunden, andere bedürfen komplizierterer Verbindungen. Manchmal sind zwei S ÄTZE in der Mathematik nahe beieinander, in dem Sinne, daß einer leicht zu beweisen ist, der andere gegeben. Dann wieder sind zwei Ideen nahe beieinander, weil sie analog oder sogar isomorph sind. Das sind zwei verschiedene Bedeutungen des Worts „nahe“ im Bereich der Mathematik. Es gibt wahrscheinlich noch einige andere. Ob in unserem Gefühl Mathematik „nähe“ Objektivität und Universalität ist, oder ob es sich lediglich um einen Zufall in der geschichtlichen Entwicklung handelt, läßt sich schwer sagen. Bei gewissen S ÄTZEN aus verschiedenen Bereichen der Mathematik kommt es uns schwierig vor, sie in Beziehung zu setzen, und wir könnten sagen, daß sie nicht miteinander verwandt sind, aber später könnte etwas auftauchen, das uns zu einem Sinneswandel zwänge. Wenn wir unseren hochentwickelten Sinn für mathematische Nähe — „eines Mathematikers mentale Metrik“ sozusagen — in ein Programm einfließen lassen könnten, könnten wir vielleichteine primitive „artifizielle Mathematik“ erzeugen. Das bedingte aber, daß wir in der Lage sind, auch ein Gefühl der Einfachheit und der „Natürlichkeit“ zu vermitteln, was ein weiteres wichtiges Hindernis darstellt.
    Diese Fragen sind Gegenstand einer Anzahl von AI-Projekten. Es gibt eine Sammlung von Programmen, die am MIT (Massachusetts Institute of Technology) entwickelt wurden und „MACSYMA“ heißen. Sie sollen Mathematikern bei der symbolischen Manipulation komplizierter mathematischer Ausdrücke behilflich sein. Dieses Programm hat ein Gefühl dafür, „wo es lang geht“ — eine Art von Komplexitätsgefälle führt es von dem, was wir im allgemeinen als komplexe Ausdrücke bezeichnen würden, zu einfacheren. Ein Teil des MACSYMA-Repertoires ist das Programm mit dem Namen „SIN“, das symbolische Integration von Funktionen ausführt; es gilt allgemein als den Menschen in gewissen Kategorien überlegen. Es beruht auf einer Anzahl verschiedener Fertigkeiten, wie das ja im allgemeinen für die Intelligenz gilt: einem riesigen Wissensvorrat, der Technik der Problemreduktion, einer großen Menge Heuristik sowie gewissen Spezialtricks.
    Ein anderes, von Douglas Lenat in Stanford verfaßtes Programm hatte zum Ziel, Begriffe zu erfinden und Tatsachen der Elementarmathematik zu entdecken. Beginnend mit dem Begriff der „Menge“ und einer Anzahl von Vorstellungen darüber, was „interessant“ ist, „erfand“ es das Zählen, dann die Addition, dann die Multiplikation, darunter, unter anderem, den Begriff der Primzahl — und es ging so weit, Goldbachs Vermutung wieder zu entdecken. Natürlich waren alle diese „Entdeckungen“ Hunderte, ja Tausende von Jahren alt. Vielleicht kann man das zum Teil so erklären, daß Lenats Gefühl für das „Interessante“ in eine gewisse Anzahl von Regeln hineingetragen wurde, die durch sein modernes mathematisches Training beeinflußt waren; nichtsdestoweniger ist es eindrucksvoll. Nach einigen sehr ansehnlichen Leistungen schien dem Programm der Atem auszugehen. Interessant war, daß es sein eigenes Gefühl für das Interessante nicht weiterzuentwickeln oder zu verbessern vermochte. Das schien um

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