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Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band

Titel: Gödel, Escher, Bach - ein Endloses Geflochtenes Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas R. Hofstadter
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die zweite schwierig und kompliziert vor. Und doch kommen Lösungen, die eine Umstrukturierung des Problemraums bedingen, sehr häufig als plötzliche blitzartige Einsicht und nicht als Ergebnis eines langsamen, wohlüberlegten Planungsvorgangs.
    Wahrscheinlich kommen diese intuitiven Eingebungen vom innersten Kern der Intelligenz, und es braucht nicht gesagt zu werden, daß ihr Ursprung ein streng gehütetes Geheimnis unseres mißtrauischen Gehirns ist.
    Auf jeden Fall liegt die Schwierigkeit nicht darin, daß Problemreduktion als solche zu Mißerfolgen führte: es ist eine ganz zuverlässige Technik. Das Problem liegt tiefer: Wie kann man eine gute interne Repräsentation des Problems auswählen. Was für einen „Raum“ sieht man in ihr? Welche Handlungen verringern die „Entfernung“ zwischen dir und deinem Ziel in dem von dir gewählten Raum? In mathematischer Sprache läßt sich das ausdrücken als das Problem, nach einer angemessenen Metrik zwischen zwei Zuständen (Distanzfunktion) zu suchen, nämlich eine Metrik, in der die Entfernung zwischen dir und deinem Ziel sehr klein ist.
    Da nun die Frage der Wahl einer internen Repräsentation selbst eine Art von Problem ist — und dazu ein recht kniffliges — könnte man daran denken, die Technik der Problemreduktion auf diese Frage selbst anzuwenden. Um das zu tun, müßte man eine Möglichkeit haben, eine ungeheure Vielzahl von abstrakten Räumen zu repräsentieren, und das ist ein äußerst komplexes Vorhaben. Ich wüßte nicht, daß jemals jemand irgendetwas dieser Art versucht hätte. Vielleicht ist es nur ein theoretisch anziehender, amüsanter Vorschlag, der aber in Wirklichkeit völlig unrealistisch ist. Auf jeden Fall hätte AI bitter Programme nötig, die „zurücktreten“ und prüfen können, was da vor sich geht, und aus dieser Perspektive sich neu an der vorliegenden Aufgabe orientieren. Eine Sache ist es, ein Programm zu schreiben, daß es eine einfache Aufgabe vortrefflich ausführt, die, wenn ein Mensch sie ausführte, der Intelligenz zu bedürfen scheint, und eine ganz andere, ein intelligentes Programm zu schreiben. Es ist der Unterschied zwischen der Sphex-Wespe (s. Kapitel XI), deren eingeschliffene Gewohnheit große Intelligenz vortäuscht, und einem menschlichen Wesen, das eine Sphex-Wespe beobachtet.
Noch einmal: I-Modus und M-Modus
    Ein intelligentes Programm wäre vermutlich eines, das wendig genug ist, Probleme mannigfacher Art zu lösen und dabei Erfahrungen zu sammeln. Es wäre imstande, innerhalb eines Satzes von Regeln zu funktionieren, aber auch im richtigen Moment zurückzutreten und zu beurteilen, ob die Arbeit innerhalb dieses Satzes von Regeln im Hinblick auf den umfassenden Satz von Zielen nutzbringend ist. Es wäre imstande, die Arbeit innerhalb eines gegebenen Rahmens abzubrechen wenn nötig, und einen neuen Rahmen zu erschaffen, in dem es eine Weile arbeiten kann.
    Vieles in dieser Diskussion erinnert den Leser vielleicht an gewisse Aspekte des MU-Rätsels. Zum Beispiel erinnert die Bewegung fort vom Ziel eines Problems an die Bewegung fort von MU , indem man immer längere Ketten erzeugt und hofft, auf indirektem Wege MU zu erzeugen. Ist man ein naiver „Hund“, meint man vielleicht, man bewege sich fort vom „MU-Knochen“, sobald die Kette länger wird als zwei Elemente; ist man aber ein gewiefter Hund, hat die Verwendung solcher Verlängerungsregeln eine indirekte Rechtfertigung, ähnlich, wie wenn man sich auf das Tor zubewegt, um seinen MU-Knochen zu ergattern.
    Eine weitere Brücke zwischen der vorhergehenden Diskussion und dem MU-Rätsel sind die beiden Operationstypen, die zu Einsicht in die Natur des MU-Rätsels führten: der mechanische Modus und der Intelligenzmodus. Im ersten ist man in einen feststehenden Rahmen eingebaut; im letzteren kann man immer einen Schritt zurück tun und einen Überblick über das Ganze gewinnen. Einen Überblick gewinnen, bedeutet dasselbe wie eine Wahl treffen, in welcher Repräsentierungsart man arbeiten will, und innerhalb der Regeln des Systems arbeiten, bedeutet dasselbe wie die Technik der Problemreduktion innerhalb des gewählten Rahmens. Hardys Kommentar zu Ramanujans Stil, insbesondere seine Bereitschaft, seine eigenen Hypothesen umzuändern, illustriert die Wechselwirkung zwischen M-Modus und I-Modus im schöpferischen Denken.
    Die Sphex-Wespe funktioniert vortrefflich im M-Modus, aber sie ist absolut unfähig, ihren Rahmen auszuwählen oder auch nur am M-Modus das

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