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Goethe war’s nicht

Goethe war’s nicht

Titel: Goethe war’s nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Suppenteller geleert waren und Fabiana wieder in die Küche gegangen war. „Es gibt nämlich Churrasco misto“, fügte er hinzu, „eine Spezialität meiner Frau.“
    Herr Schweitzer wollte nicht unhöflich sein: „Prima, je schärfer, desto besser.“ Allerdings war für ihn bei 100.000 auf der Scoville-Skala das Ende der Fahnenstange erreicht. Bei Habaneros hatte er stets das Gefühl zu explodieren.
    „Na, dann warten wir’s mal ab“, sagte Kuno Fornet. „Fabiana hat aber zur Sicherheit zwei verschiedene Soßen gemacht. Europäische Geschmacksnerven sind mitunter etwas … hm … etwas …“
    „Etwas empfindlicher?“, half Herr Schweitzer aus.
    „Ja, eine gute Formulierung: empfindlicher.“
    Maria warf ihrem Liebsten einen skeptischen Blick zu. Bis dato war ihr nicht bekannt, dass ihr Simon eine Affinität zu Chilis besaß. Immerhin benahm er sich. Bis jetzt.
    Als Erstes brachte Fabiana eine Schüssel Kartoffelsalat. Dann eine große Platte mit unzähligen scharf angebratenen und faustgroßen Rindfleischhappen, die sich zu einer Pyramide türmten. Garniert war das Ganze mit geviertelten saftigen Tomaten.
    „Sieht gut aus“, bemerkte Maria.
    „Ja, richtig klasse“, bekräftigte Herr Schweitzer.
    Mit zwei Saucieren erschien Fabiana ein letztes Mal aus der Küche, ehe auch sie sich an den Tisch setzte.
    Die Erklärung jedoch übernahm ihr Gatte: „Also, in der Sauciere mit den stilisierten Rosen ist die scharfe Sauce und in der anderen die für … Leute, die Schärfe nicht so abkönnen.“ Kuno Fornet schielte zu Herrn Schweitzer.
    Hätte dieser mal einen Blick auf den Gastgeber riskiert, wäre ihm bei diesem sonst eher nüchternen und humorlosen Menschen eine sich in seinem Gesicht spiegelnde Spitzbübigkeit aufgefallen und er wäre gewarnt gewesen. So aber schaufelte sich Herr Schweitzer neben Kartoffelsalat und Fleisch auch eine nicht geringe Menge aus der Rosen-Sauciere auf den Teller.
    Erneut wünschte man sich guten Appetit. Herr Schweitzer langte mächtig zu, während Kuno Fornet Gläser mit Mineralwasser füllte. Seit der Diätpapst Michel Montignac letztes Jahr mit gerade einmal sechsundsechzig das Zeitliche gesegnet hatte, waren Abmagerungskuren für Herrn Schweitzer tabu. Sechsundsechzig, das schaffe ich auch ohne Selbstkasteiung, war fortan der Leitsatz seiner Essgewohnheiten.
    Forsch tunkte er den ersten Fleischbrocken in die Sauce und schob ihn sich in den Mund. Beim Kauen registrierte er eine gewisse Würze in der Geschmacksrichtung. Was will dieser komische Toupet-Fornet eigentlich, sagte er sich, ist doch gar nicht so scharf. Er schluckte und wollte sich gerade dem Kartoffelsalat widmen, als so richtig die Post abging. Zuerst begann die Kopfhaut zu prickeln und einige kleinere Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Zu diesem Zeitpunkt dachte Herr Schweitzer noch, die Sache unter Kontrolle halten zu können. Ein Irrtum, wie sich allsogleich herausstellte, denn in seiner Mundhöhle breiteten sich die ersten Ausläufer eines Höllenfeuers aus.
    Kuno Fornet beobachtete ihn aus den Augenwinkeln.
    Und Herrn Schweitzers Freundin Maria hatte die Lage sofort erfasst. „Scharf?“, fragte sie mit harmlos klingendem Timbre.
    Noch brachte Herr Schweitzer, eitel wie ein Pfau, die Kraft auf, seinen immer dramatischer werdenden Zustand zu bagatellisieren: „Na ja, vielleicht ein bisschen schärfer als beim Thai. Geht aber, dennoch sollte man nicht zu viel auf einmal davon nehmen.“
    Marias „Dann ist ja alles gut“ registrierte er noch, dann setzte bereits eine Art Schnappatmung bei ihm ein. Ein Schluck Wasser sollte seine Bredouille mildern, bewirkte aber so gut wie überhaupt nichts. Als die Chilisauce die Speiseröhre erreicht hatte, hyperventilierte Herr Schweitzer. Schweißbäche nicht gekannten Ausmaßes rannen an den Schläfen herab und sein Hemd sog sich binnen Sekunden dermaßen voll, dass man es hätte auswringen können. Seine Gesichtszüge erinnerten an Dresden 45. Er hatte das Gefühl, mit einem Schweißbrenner den Rachen desinfiziert zu bekommen. Herr Schweitzer wankte zwischen der Tapferkeit, sich keine Blöße zu geben, und einem Gebet nach literweise Milch mit Honig. Oder Eis. Viel Eis. Verdammt viel Eis. Alles Eis der Erde. Eis, das wahrscheinlich in seinem Körper sofort vom Feuer in Wasser verwandelt werden würde. Ach was, verdampfen würde es.
    Oh, oh, oh, sprach eine innere Stimme zu Herrn Schweitzer, da ist dir wohl ein kleiner Patzer unterlaufen. Doch er nahm

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