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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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der Ettensberg wäre!«
    »Wenn nur der Ettensberg der Vesuv wäre!«
    »Und wenn Sie nicht mehr zurückgekommen wären?«
    »Giovanni!« Flasche und Käse und Brot in einem reichte Goethe munter dem Ausgepumpten hinüber. »Iß und trink! Bis du platzest. – Ich kann mehr wagen als ein Anderer!«
    »Einbildung!«
    »Man lebt davon.«
    »Sie kommen mir oft wie aus Stein vor.«
    »Das haben schon Viele gesagt.«
    Aber in der tobenden Brust Tischbeins rang ein ganz anderer Dampf, als welcher da Goethen so distanzlos anfauchte! »Sie sind gar nicht Goethe! Sie sind der Dämon, der Goethen am Seil hat!«
    »Hören Sie, Tischbeinchen!« Im weitaufgerissenen Munde verschwand der saftige Ossobuca »Sind Sie immer so geistvoll, wenn Sie böse sind?«
    »Böse?« Und noch gacher stieg der falsche Dampf aufwärts. »Wenn man zwei Stunden lang Todesangst um Sie aussteht und Sie einen dann noch verhöhnen, soll man nicht böse sein?« Beim Hunde! Es war schon eine verteufelte Aufgabe, diesem Mann etwas sagen zu wollen, was er ungerne hören wird! »Gestehen Sie doch selber!«
    Aber nichts gestand Goethe. Kopfschüttelnd, ungetrübt glücklich, aß er unentwegt weiter.
    »Ist nun er böse?« zitterte Tischbein.
    Fiel ihm nicht ein! Es war auf dem Abstieg, sie waren etwa eine halbe Stunde lang stumm nebeneinander den Berg nach Resina hinabgeklettert, als Goethe so plötzlich, als ob er erwachte, stehen blieb und erklärte: »Mein Erstes wird nun sein, bei den Lavahändlern die möglichst lückenlose Ergänzung der Sammlung in diesem Sack da zu besorgen; nicht nur der Laven von oben, sondern auch der Basen des Bergs und des Umgesteins.«
    Und da explodierte Tischbein. »Freilich! Natürlich!« Jetzt schoß der richtige Dampf aus. »Das ist das Erste und Notwendigste!«
    »Ich überlege mir überhaupt,« setzte Goethe völlig ahnungslos fort, in den ungeheuren Westglanz des Golfs von Neapel hinein sprach er, »ob ich nicht den Rest meines Lebens auf Beobachtung verwenden soll? Ich dürfte manches auffinden, meine ich, was die menschlichen Kenntnisse vermehrte!«
    »Goethe als Naturgeschichtsprofessor!«
    »Rom, zum Beispiel!« O, er hatte den hohnbrüllenden Hieb gar nicht gespürt! Durstig in neuem Hunger nach dieser Stunde besessenster Arbeit, streichelte das stolzsatte Auge Capri, Sant' Elmo und das flaumzarte Reblaub zu seinen Füßen. »Rom und die Kunst in Rom verstehe ich erst jetzt, wo mir die Natur aufgeht, aus der diese Kunst floß.«
    »Selbstverständlich!« Schäumende Wut. »Man muß Blut vom Vesuv geleckt haben, um die Transfiguration zu kapieren!«
    »Nein! Aber jedenfalls schadet es auch dem Künstler nicht, wenn er . . .«
    »Was?« Außer sich fiel ihm Tischbein ins Wort; er kannte sich selber nicht mehr. »Zum Teufel mit aller Vielseitigkeit! Der Künstler muß seine Kunst treiben, und punktum und basta!«
    »Gewiß!« Als ob er sich im nächsten Augenblick unmittelbar von dem Hang des Vesuvs in das strahlende Goldblaumeer hinabstürzen müßte, leuchtete Goethe. »Aber dieser Enge muß, meines Erachtens, die Weite vorangehen. Ich wenigstens kann nichts wirklich erkennen, wenn ich nicht auch erfahre, was vorher war und was mitgegenwärtig ist.«
    »Herr Geheimerat!« Schweiß auf dem ganzen Leibe, fuhr Tischbein empor. Also hatte er es mit eigenem Mund ausgesprochen, das Gift der Gefahr, das Jeden bedrohte, der mit diesem Mann umging! »Sie kennen mich zu genügsam, um glauben zu können,« sagte er ohne Atem und Stimme, »Tischbein maße sich an, Exzellenz von Goethe Ratschläge zu erteilen! Aber ich befinde mich auf dem Grat einer Epoche meiner Entwicklung . . . .«
    »Ich auch!«
    »Ich darf nicht mehr länger nach rechts und nach links schauen! Muß jetzt endlich der Künstler werden, dem das Leben die Kunst ausmacht – und: bezahlt!«
    »Ich glaube nur,« – sehr, sehr vorsichtig – »daß man in solchen Dingen nichts erzwingen soll?«
    »Und ich glaube nicht, daß man ohne strengste Disziplin, starres, einseitiges Sammeln aller Kräfte auf den Brennpunkt der ausgeprägtesten Fähigkeit ein selbständiger Künstler werden kann!«
    Unter einer ungeheuren Pinie blieb Goethe stehen. Der frische Südwest strich in den Zweigen, die vom Werk der Sonne rochen. Fröhlich blau tanzten die Schatten über den abschüssigen Rasen. »Man muß so lange durch die Jahreszeiten wandern,« sagte er endlich, »bis man reif ist zur eigenen. Der rührigste Ehrgeiz ersetzt dieses Noviziat nicht. Im Treibhaus des

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