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Goethe

Goethe

Titel: Goethe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Albert von Trentini
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Menschen, der ihr irgendwie . . . . der ihr gewissermaßen, . . . denn« – feuerrot wurde Karl August – »ich weiß nicht, ob es ihr von Gotha oder von Dessau her zugetragen wurde oder von weiß Gott welchem Tratschnest, aber sie hat unzweifelhaft Witterung von meinen Dornburger Séjours. Das merke ich genau! Und sie ist wie du weißt, eine eifersüchtige Natur. Und im gegenwärtigen Zeitpunkt . . .«
    »Sie jagen morgen in . . . Dornburg?«
    Als ob ihn Goethes Augen mitten in seine Augen hinein geschlagen hätten, senkte Karl August das Gesicht. Hob es aber schnell darauf zurück, justament empor in den unerbittlichen Blick. »Ganz richtig! Soviel ich mich aber erinnere, habe ich mich niemals dazu verstiegen, dich zum Paravent von Exkursionen zu machen, die ich nun eben einmal machen muß? Ich möchte also nicht falsch verstanden sein!«
    Verbeugung.
    Mit voller Absicht übersah sie Karl August. »Aber du bist der Einzige, dem Louise glaubt, daß meine Natur, auch wo sie ihren eigenen Weg geht, eine . . . . keine lumpige ist! Und diesen Glauben muß sie haben in diesen Tagen! Und darum bat ich dich eben: geh zu ihr!« Mit einem hochmütigen Schritt wegtretend vom Freunde, eiskalter Händedruck: »Du gehst Richtung Ackerwand? Gute Nacht!«
    Mit Gewalt schob sich Goethe in die Gasse hinaus.
    * * *
    Als er im Hause der Frau von Stein eintrat, zerfloß eine Träne auf den noch fester zusammengekniffenen Lippen. »Spät!« lächelte der alte Bediente, als er ihn wie immer im Vorsaal das Haar zurechtstreichen sah; wie ein müdes Jahrhundert, mit zitternder Hand, hielt er den Leuchter. »Spät, Exzellenz!« Goethe verzog das Gesicht nicht; zwischen erkünstelter Herablassung und Verzweiflung nahm es den Ausdruck eines marmornen Statuenkopfes an. Das Eßzimmer, von dessen rundem Tisch bis auf ein einsames Gedeck alles abgeräumt war, durchschritt er hochaufgerichtet; mit lautem Tritt. In den kleinen Raum gekommen, der, halbdunkel, daranstieß, zögerte er: wer war da? Einen Augenblick später neigte er sich schon tief über die Hand der Frau, die ihn auf der Schwelle empfing. »Herder ist da und Knebel. Aber sie gehen bald!« flüsterte sie ihm eilig zu. Seine Miene erhellte sich. Lächelnd trat er ein. »Schon geboren?« rief ihm Herders rundes Gesicht gleich entgegen. »Ich bin zum événement herübergeritten«, fluchte Knebel – wie ein bäurischer Mönch hielt er die hingestreckte Hand klammerfest in der seinigen – »und reite nun wahrscheinlich rebus infectis zurück!«
    Gerne setzte sich Goethe. Rastend begrüßte das Auge die vertrauten Wände, vor denen die trautesten Dinge im heimatlichen Kerzenlicht schimmerten. »Ich bitte um Vergebung«, sagte er plötzlich, als ob ihm plötzlich der Berg von der Brust sänke, »daß ich so spät noch wage . . . .«
    »Vor allem anderen müssen Sie essen!« Frau von Stein erhob sich. »Kommen Sie! Wir leisten Ihnen Gesellschaft.«
    »Dieser Mensch hat ein Leben!« Rauh griff Herder ihn an, schob ihn, Knebeln im Arm, ihr nach. » Quo caput ponere possit, habet semper et ubique. Wenn er raschelt, fliegen die Verse, und wenn nicht, raschelt der Lorbeer auch. Ein fürstliches Kind kann in Weimar nicht zur Welt kommen, ohne daß er es agnoszierte. Dahero wird er hochmütig wie ein Fisch, und – es ist die Schuld des Himmels!« – »Predigen Sie ihm nachher: er ist hungrig!« lachte Frau von Stein, es sollte lustig klingen; in derselben Sekunde trafen sich ihr und sein Blick. Eine schmale Flamme sprühte auf, überstürzte magisch, wie die Seele eines Feuers, das hunderttausend geheime Stunden des Brennens hinter sich hat, beide Häupter, – und erlosch wieder. »Er gehorcht vorher und nachher nicht!« höhnte trocken Knebel, der den Blick aufgefangen hatte. »Wir bekamen unsere Leibspeisen vorgesetzt, und entdecken nun, daß es nicht die unserigen waren, sondern die seinigen!«
    » In materialibus hat er noch denselben Geschmack wie wir!« stichelte Herder; Goethe, noch stehend, hatte das Glas, das ihm Frau von Stein eingeschenkt, auf einen Zug leer getrunken. »In dieser Beziehung könnte man noch 1775 schreiben? Hm?«
    »Nur in dieser?«
    Wie aus weiter Ferne herein fragte Goethe den schmunzelnden Knebel: »Du gehst zum Herzog?«
    Knebel verzog das Gesicht über der provinzialen Krause. Er war schlecht rasiert und seine Zähne wurden von Monat zu Monat weniger und gelber. »Und du kommst von ihm? Wie steht's?«
    »Es wird ihm wohltun, dich zu

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