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Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut

Titel: Goetheglut: Der zweite Fall für Hendrik Wilmut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Köstering
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Frau kam auf uns zu. Immer noch
stand die Tür offen.
    »Halbschwester!«, korrigierte sie
laut und gab mir die Hand. Zögerlich begrüßte ich sie. Alle Leute im Café sahen
zu uns herüber, keiner wagte, irgendetwas zu sagen. Nur ein Kaffeelöffel klirrte
auf der Untertasse.
    Erst jetzt begrüßte sie Hanna. Und
danach ihre Mutter. Sie gab ihr die Hand mit weit ausgestrecktem Arm. »War ja auch
nicht mein Vater!«, sagte sie. Daraufhin zog sie sich mit lautem Geräusch
einen Stuhl heran und setzte sich genau mir gegenüber. Langsam begannen die anderen
Leute wieder zu reden, die vertraute Geräuschkulisse legte sich um uns wie schützende
Arme. Ich war froh darüber.
    »Ich heiße Karola«, sagte sie, »aber
mit K vorn, schließlich heißt es ja K-Rola und nicht C-Rola!«
    Sie lachte kurz auf. Es dauerte
eine Weile, bis ich den ›Scherz‹ verstanden hatte.
    »Ich bin ihre Halbschwester aus
Dresden.« Sie grinste. »Mein Vater war ein SED-Kader. Unsere Mutter hat das angeblich
nicht gewusst, bevor sie mit ihm ins Bett stieg. Jedenfalls wollte sie ihn danach
nicht mehr haben.«
    Ich musste tief Luft holen und rutschte
unruhig auf meinem Stuhl hin und her. Hanna legte mir beruhigend die Hand auf den
Arm. Sie kannte die Wortwahl ihrer Schwester offensichtlich und schien sich nicht
darüber aufzuregen. Aber ich konnte es kaum ertragen. Und Frau Büchler ebenso wenig.
    »Karola ist in Dresden bei ihrem
Vater aufgewachsen, deshalb habe ich dir nie von ihr erzählt«, erklärte Hanna.
    »Natürlich nicht …«, ging Karola
dazwischen, »was gibt es von mir auch schon zu erzählen, ich bin ja sicher nur peinlich.«
    »Allerdings!«, entfuhr es mir.
    »Ach, was weißt du denn schon,
du …« Sie musterte mich. »Wie heißt du eigentlich?«
    »Hendrik«, antwortete ich, »Hendrik
Wilmut.«
    »Will-mut«, wiederholte sie gedehnt,
»so hieß doch dieser Schwachkopf, der das Klonschaf Dolly erfunden hat, oder?«
    »Keine Ahnung«, antwortete ich steif.
Ich hatte den Namen noch nie außerhalb unserer Familie gehört.
    »Klar doch«, trötete sie, »davon
hat der gute Hendrik natürlich keine Ahnung!«
    »Karola, bitte!« Hannas Stimme war
leise, aber bestimmt.
    »Ja, ja. Gibt’s hier eigentlich
keinen Schnaps?«, rief Karola.
    »Nein, hier gibt es keinen Schnaps!«,
entgegnete ihre Mutter.
    Hanna winkte die Kellnerin zu sich
und flüsterte ihr einige Worte ins Ohr. Kurz darauf brachte diese eine hohe Tasse
mit einem Sahnehäubchen und stellte sie vor Karola ab.
    »Bitte sehr!«, sagte die Bedienung
höflich.
    Karola antwortete nicht darauf,
sondern stierte auf den Kaffee.
    Frau Büchler wollte die Auseinandersetzung
mit ihrer älteren Tochter offensichtlich nicht weiterführen und gab Hanna ein Zeichen.
    Hanna erhob sich. »Ich bringe Mutter
nach Hause. Das ist besser so.« Dabei sah sie zuerst mich an, dann ihre Schwester.
    Karola zeigte auf ihren Irish Coffee:
»Ich bleibe noch hier.«
    »Könntest du Karola bitte noch etwas
Gesellschaft leisten?«, fragte Hanna in meine Richtung. »Und sie dann bei uns in
der Humboldtstraße absetzen?«
    Ich nickte. Natürlich war ich alles
andere als begeistert, mochte Hanna die Bitte aber nicht abschlagen. Ich verabschiedete
mich von Frau Büchler, und während sie mit Hanna das Café verließ, überlegte ich
fieberhaft, was ich mit dieser Person reden sollte. Die Person selbst schwieg. Also
schwieg ich auch.
    Sie schlürfte laut an ihrem Whiskey
mit Kaffeegeschmack. »Du willst wohl nicht mit mir reden?«, sagte sie, wobei das
Gesagte eher einer Feststellung denn einer Frage glich.
    Ich dachte an Hanna und daran, dass
Karola ihr offensichtlich wichtig war. »Na ja, so strikt würde ich das nicht …«
    »Du sagst aber nichts.«
    Ich überlegte, in der Hoffnung,
ein halbwegs neutrales Gesprächsthema jenseits des Wetters zu finden.
    »Was machen Sie eigentlich beruflich?«,
fragte ich schließlich.
    »Stütze!«
    Es dauerte einen Moment, bis ich
begriffen hatte, was sie meinte. »Ach so …«, antwortete ich zögernd, »na ja, Sie
werden sicher bald wieder eine Arbeit finden.«
    »Klar doch. Bin zwar schon seit
vier Jahren auf Stütze, aber das wird schon.«
    »Oh, wie kam es denn dazu?«
    »Interessiert dich das wirklich,
oder ist das nur so ’ne dämliche Frage?«
    Ich zögerte einen Augenblick zu
lang.
    »Siehst du, es ist dir scheißegal!«,
erwiderte sie.
    »Na, hör mal …«
    »Aha, wenigstens kommt da ein lockeres Du rüber, das ist ja schon mal was!«
    Diese Frau zu duzen, war

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