Götter der Lust
verstecken können.» Er gab ihr die Taschenlampe und versuchte, sich hochzuziehen.
Das Mauerwerk bröckelte, und er fiel zurück gegen sie. Abby fing ihn ab, und die Ziegelsteine bohrten sich in ihren Rücken. «Siehst du, wo die Leiter sein könnte?»
Myles schaute ratlos weiter aufwärts. «Nein. Aber du bist leichter; vielleicht könntest du es mal mit Klettern probieren, oder ich könnte dich hochheben.» Er grinste sie an. «Hast du dich schon mal als Akrobatin versucht?»
Abby schüttelte entschieden den Kopf. «Ich hab Turnen schon in der Schule gehasst.»
«Ich lasse dich schon nicht fallen.» Sein Lächeln weichte ihre Entschlossenheit auf.
Sie beäugte ihn mit sichtlichem Unbehagen, gab seinem flehenden Blick aber schließlich seufzend nach.
Abby streckte die Hand nach der Taschenlampe aus, und Myles gab sie ihr. Da sie noch eingeschaltet war, richtete sie sie im Priesterloch nach oben.
Der Lichtstrahl aber reichte nicht bis zur Decke. Sie sah lediglich, wie sich die Wände immer weiter verengten. «Ich werde nicht weit klettern müssen», sagte sie, mehr zu sich selbst als zu Myles.
«Wenn du dich gegen die Mauer stemmst», schlug er vor, «stütze ich dich.»
«Gut.» Abby zog ein Paar Lederhandschuhe aus ihrer Gesäßtasche und zog sie an. Sie würden ihre Hände vor dem Schlimmsten schützen, auch wenn sie nicht für eine derart harte Arbeit gemacht waren. «Schieb mich.»
Sie fand auf Kniehöhe einen Halt für den ersten Fuß und zwängte ihren Schuh hinein. Dann zog sie sich an den Ziegelsteinen nach oben, zusätzlich angeschoben von Myles’ großer Hand. Sie tastete umher, um Halt für ihre Finger zu finden, und versuchte zu ignorieren, wie er ihren Hintern berührte, während er sie, ohne zu zittern und anscheinend ohne jegliche Anstrengung, hielt.
Abby zog sich weiter hoch, wobei sie im bröckelnden Mörtel genügend Halt für die Fußspitzen fand, aber keine losen Mauersteine. Sie zog an allen, die sie erreichen konnte, doch kein einziger gab nach.
Zentimeter für Zentimeter kletterte sie höher, doch ihre Suche blieb vergeblich. Myles musste mittlerweile die Arme über den Kopf strecken. «Stell dich auf meine Schultern», ächzte er.
Sie stemmte die Arme gegen beide Seiten des nach oben enger werdenden Priesterlochs und ließ zu, dass er ihre Füße auf seine Schultern setzte. Die Aktion kam ihr sehr gewagt vor, doch Myles hatte ihre Fußknöchel fest im Griff.
Zitternd tastete sie sich weiter aufwärts und stellte fest, dass sie den höchsten Punkt erreicht hatte. «Ich bin oben», verkündete sie und versuchte, möglichst still zu halten. «Kann nicht mehr lange dauern.»
«Lass dir ruhig Zeit», rief er zu ihr hoch und hustete, als er Mörtelstaub in den Mund bekam.
Sie hielt die Taschenlampe mit den Zähnen und rüttelte anjedem einzelnen Ziegelstein, doch keiner gab nach. Dann drehte sie sich vorsichtig um und versuchte es auf der anderen Seite.
«Nichts.» Abby schaute zwischen ihren Füßen hindurch auf sein braunes, mit einer feinen Schicht roten Ziegelstaubs bedecktes Haar hinab. «Und wie komme ich jetzt runter?»
Er verdrehte den Hals, um zu ihr hochzusehen, und sie erkannte im schwachen Licht sein Grinsen. «Genauso wie du hochgekommen bist.»
Sie biss sich auf die Lippe, stemmte sich gegen die Wände und nahm probehalber einen Fuß von seiner Schulter, um blind einen Halt für ihn zu ertasten, doch sie rutschte immer wieder ab.
«Es geht nicht», stöhnte sie. «Ich falle gleich runter.»
«Tust du nicht», redete er ihr mit selbstsicherer Stimme zu. «Weil ich dich nicht fallen lasse.»
Wie gelähmt holte Abby tief Luft und bekam dabei den von ihr selbst aufgewirbelten Staub in die Nase. Sie musste husten. Wenn sie hochgekommen war, würde sie doch wohl auch wieder runterkommen! Sie streckte tastend den anderen Fuß aus, froh über den festen Griff, mit dem Myles den ersten hielt. Nichts.
«Ich finde keinen Halt.» Sie streckte den Fuß noch weiter aus, bis sie ganz schief auf Myles stand.
«Vorsicht!», rief Myles nach oben. «Versuche, in die Knie zu gehen. Wenn du es schaffen würdest, dich auf meine Schultern zu setzen, kannst du von dort herunterrutschen.»
Der Vorschlag klang nicht schlecht. «Du willst doch nur dein Gesicht in meinem Schritt haben», konterte sie fröhlich, auch wenn ihre Stimme bebte.
Er lachte. «Zu schade, dass du diese Hose trägst, sonst könnte ich deinen Abstieg noch mehr genießen.»
«Gut, versuchen wir’s», sagte sie
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