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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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verstehe nicht die Hälfte von dem, was er schreibt«, sagte Bowbaq, während Lana die Pergamente beiseitelegte. »Ein Gwelom? Was ist das? Eine Art Krankheit?«
    »Ich glaube«, antwortete Corenn, »dass Maz Achem alles, was durch die Kraft des Jal’dara verändert worden ist, als Gwelom bezeichnet. Nun kennen wir zwar ihre Wirkung auf Menschen, nicht aber ihr tatsächliches Ausmaß.«
    Als sie die verwirrten Gesichter ihrer Freunde sah, erkannte Corenn, dass ihre Erklärung für sie ebenso unverständlich war wie Achems rätselhafte Worte.
    »Einfacher gesagt: Auf alle Dinge oder Menschen, die längere Zeit im Jal’dara bleiben, wirkt eine besondere Kraft ein. Sie werden zu Gwelomen. Bei Menschen folgt daraus eine Verlängerung der Lebensdauer und eine Verminderung der Fruchtbarkeit. Aber über das zugrunde liegende Prinzip dieser Veränderung, das Achem als Gwel bezeichnet, wissen wir nichts.«
    »Und an diesen Ort wollt Ihr uns führen?«, rief Rey entsetzt. »Wer hat schon Lust, so ein grässliches Gwelom zu werden?«

    »Unsere Vorfahren waren Gwelome«, erinnerte ihn Grigán. »Habt Ihr nicht gehört? Und sie hatten trotzdem Nachkommen.«
    »Wer sagt, dass wir ebensolches Glück haben?«, entgegnete Rey. »Ich finde die Vorstellung schrecklich, durch irgendeine Form der Magie verändert zu werden.«
    »Wir dürfen eben nicht zu lange in dem Tal bleiben«, sagte Corenn. »Dann dürfte die Wirkung gering sein.«
    »Ach so«, sagte Rey sarkastisch. »Ganz davon abgesehen, dass für jeden Tag, den wir in diesem vermeintlichen Paradies verbringen, in unserer Welt fünf vergehen.«
    »Nun wissen wir immerhin, warum es nur so wenige Erben gibt«, sagte Lana melancholisch. »Wir sind gewiss auch Gwelome.«
    Die Maz dachte an ihren Vater, dessen einzige Tochter sie war, und an ihren Großvater, der nur zwei Söhne gehabt hatte, obwohl er immer von einer großen Kinderschar geträumt hatte. Sie selbst war in den fünf Jahren ihres Bundes nie Mutter geworden. Die Erben trugen den Fluch ihrer Ahnen in ihren Körpern.
    »Könnte Saat Euch deshalb verfolgen?«, fragte Yan vorsichtig.
    »Wie meinst du das?«
    »Ich weiß nicht. Dass Ihr Gwelome seid, macht Euch zu etwas Besonderem. Vielleicht weiß Saat mehr darüber als Ihr.«
    »Wir wissen so wenig«, sagte Lana und starrte bekümmert auf die unleserlichen Seiten des Tagebuchs.
    Corenn blätterte in den Pergamenten, auf die Lana den entschlüsselten Text geschrieben hatte. Sie enthielten eine Fülle an Hinweisen, und sie wollte keinen übersehen.
    »Achem spricht von einer zweiten Verantwortung«, sagte
sie plötzlich. »Als er die Aussicht der Menschheit erwähnt, das Zeitalter von Ys zu erreichen.«
    »Vermutlich spielt er damit auf die Geburt der Götter aus den Gedanken der Menschen an«, wiegelte Grigán ab. »Das Geheimnis, vor dem er den Großen Tempel warnen wollte.«
    »Nein! Er unterscheidet das deutlich: ›Das Geheimnis des Jal’dara lastete ohnehin schon schwer genug auf uns.‹< Das andere Geheimnis treibt Saat also an. Dieses Rätsel müssen wir lösen.«
    »Aber wo ist der Zusammenhang zwischen unseren Geburten und dem Zeitalter von Ys?«, fragte Rey. »Lana, Ihr könnt mich gern verbessern, aber soll nicht Eurydis selbst dieses Zeitalter einläuten?«
    »So ist es. Es heißt, die Göttin werde zum dritten Mal in dieser Welt erscheinen, um der Menschheit zu helfen, den letzten Schritt zu tun. Aber eben nur den letzten Schritt. Zuerst müssen die Menschen das universelle Streben nach Moral zu Ende führen. Vielleicht ist einer der Erben dazu bestimmt, die Stimme der Göttin zu sein? So wie Colmek, der jüngste Sohn Li’uts, vor langer Zeit?«
    »Das sind doch alles nur Worte«, sagte Grigán verächtlich. »Das erklärt noch lange nicht, warum Saat so versessen darauf ist, uns zu töten. Selbst wenn unsere Geburt, auf welche mysteriöse Weise auch immer, zum Anbruch des Zeitalters von Ys beitragen könnte … Warum sollte Saat etwas dagegen haben?«
    Er hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Seine Worte brachten das Gespräch auf ihre unmittelbaren Schwierigkeiten zurück.
    »Vielleicht will er sich rächen«, schlug Bowbaq dem Krieger vor. »Unsere Ahnen hielten ihn für tot und ließen ihn
im Jal’dara zurück. Vielleicht fühlte er sich von ihnen verraten.«
    »Aus Rachedurst allein würde er nicht solche Mühen auf sich nehmen. Kann er seine damaligen Gefährten so sehr hassen, dass er ihre Nachkommen noch in der vierten Generation verfolgt? Das

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