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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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wäre ein Zeichen für blanken Wahnsinn. Und Saat scheint mir im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte zu sein.«
    »Warum dann? Warum ist er unser Feind?«
    »Diese Frage beschäftigt uns seit Beginn unserer Reise. Eine Antwort werden wir erst bekommen, wenn wir Saat gefunden haben«, sagte die Ratsfrau. »Saat oder Nol.«
    Nun bat Corenn Grigán, den Gefährten seine Entscheidung kundzutun. Doch er war immer noch nicht sicher, ob sie Saat oder Nol aufsuchen sollten.
    »Saat ist bei den Wallatten«, sagte Rey. »Vielleicht hat das etwas mit den Gesandten aus den Ländern des Ostens zu tun, die damals im Jal’dara waren.«
    »Und dabei dachten wir immer, dass es nur zehn Gesandte gab«, warf Lana ein.
    »Wir hätten darauf kommen müssen«, sagte Corenn. »Es ist nur folgerichtig, dass Nol auch die Königreiche des Ostens um die Entsendung eines Weisen gebeten hat.«
    »Aber was wollten sie im Jal’dara? Nol hatte gewiss einen guten Grund, sie zu sich zu holen. Nur welchen?«
    »Habt Ihr schon einmal etwas von Nol dem Lehrenden gehört?«, fragte Yan.
    »Noch nie. Wenn Nol, wie es scheint, ein Gott ist, wird sein Name in der Heiligen Stadt offenbar nur selten ausgesprochen.«
    »Nicht anders als der von Reexyyl«, ergänzte Grigán. »Und der des Manischen Drak oder des Lindwurms aus
dem Land Oo. Nicht anders als die Namen der anderen Wächter, die wir nicht kennen. Sie alle sind Götter.«
    Yan ging plötzlich durch den Kopf, dass er zwei Monde zuvor nicht einmal an die Existenz von Magie geglaubt hatte. Mittlerweile hatte er gelernt, sie anzuwenden, und jede Etappe ihrer Reise lieferte ihm mehr Beweise für die Existenz des Übernatürlichen.
    Was, wenn alle Legenden wahr waren? Zumindest teilweise? Drachen, Kobolde, Chimären, Greife, Feen, Menschenfresser, die Hydra, Einhörner, Zentauren und all die anderen Fabelwesen. Lebten sie samt und sonders irgendwo zwischen dieser Welt und dem Reich der Fantasie?
    Wenn Menschen Götter erschaffen können, können sie dann nicht auch Ungeheuer erschaffen? Die Ewigen Wächter waren vermutlich aus dem Aberglaube der ersten Menschen entstanden: Sie waren lebendige Verkörperungen ihrer Urängste.
    Er wollte den anderen von seinen Gedanken erzählen, wagte jedoch nicht, Rey und Corenn zu unterbrechen, die sich mitten in einem wichtigen Gespräch zu befinden schienen.
    »Dame Corenn, Ihr wisst, wie sehr ich Eure Vorschläge schätze«, sagte Rey. »Doch diesmal bin ich nicht einverstanden. Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass es uns tatsächlich gelingt, diese Pforte zu durchschreiten, falls wir sie überhaupt finden? Äußerst gering. Im Grunde haben wir nicht die Spur einer Chance. Das Einzige, was wir mit Sicherheit wissen, ist, dass es dort ein ziemlich schlecht gelauntes Ungeheuer gibt.«
    »Aber Saat ist auch ein Ungeheuer«, wandte Léti ein. »Und er ist gerissen.«
    »Saat ist immerhin sterblich«, sagte Rey. »Ob das auch
für diesen Lindwurm gilt, möchte ich bezweifeln. Und wie wollt Ihr ihn überhaupt dazu bringen, uns die Pforte zu öffnen?«
    »Sie hat sich im vergangenen Jahrhundert am Tag des Bären geöffnet«, sagte Corenn. »Achem zufolge müsste sie in Erinnerung an Pal’b’rees Reise aufscheinen. So wie auf der Insel Ji.«
    »Aber was ist, wenn wir trotzdem nicht hindurchkönnen? So wie auf Ji?«
    »Die Pforte öffnet sich, wenn ihr Ewiger Wächter in der Nähe ist. Wir müssen ihn anlocken …«
    »Ah! Nichts leichter als das!«, sagte Rey sarkastisch. »Und wie wollt Ihr ihn davon überzeugen, Euch seine göttliche Berührung zu geben? Ihr wisst schon, diese Kleinigkeit, die Sterbliche brauchen, um die Pforte durchschreiten zu können?«
    »Vielleicht reicht es, wenn wir den Lindwurm berühren«, warf Léti ein. »Und dann so schnell wie möglich ins Jal’dara rennen.«
    »Habt Nachsicht, teure Gefährten, aber ich teile Eure Zuversicht nicht. Ich würde jedenfalls nicht mein Leben darauf verwetten, um es mit Grigáns Worten zu sagen.«
    Die göttliche Berührung, dachte Yan. Usuls Geschenk. ›Du wirst erfahren, worum es sich handelt, wenn es so weit ist‹, hatte der Gott gesagt.
    Dieser Moment war nun gekommen.
    »Ich habe die göttliche Berührung erhalten«, sagte er mit vor Aufregung zitternder Stimme. »Usul hat sie mir gegeben.«
    Er hatte bereits von dem Vorfall erzählt, hatte ihn jedoch wie seine Freunde längst vergessen, weil ihm die Antworten
des Gottes wichtiger erschienen waren. Doch nun bekam die seltsame Berührung plötzlich

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