Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
Vom Netzwerk:
aber sicher konnte er nicht sein.
    Es dauerte eine Weile, bis er sie fand, mehrere Divisionen, vielleicht sogar eine Dezille. Doch was bedeutete schon Zeit?
    Seit ihrem letzten Zusammentreffen hatten seine Feinde eine große Entfernung zurückgelegt. Reglos und unsichtbar schwebte Sombre einige Augenblicke über ihnen am Himmel. Es waren sieben Reiter, Sterbliche mit so schwachen Kräften, dass sie nicht ins Gewicht fielen. Sechs von ihnen waren eine Bedrohung für die Herrschaft der Dyarchen.
    Voller Abscheu erforschte der Gott ihre Geister. Einer war besonders abstoßend, denn er war ganz und gar seiner langweiligen Schwester Eurydis ergeben. Sombre erfreute sich an der Gewissheit, ihre Religion bald vernichten zu können. Er würde ihre Tempel niederbrennen, ihre Gläubigen ausrotten und die eurydischen Maz foltern. Das wäre ein klarer Beweis seiner Überlegenheit.
    Die Sterblichen waren so schwach, dass sie nicht einmal seine Anwesenheit in ihren Gedanken bemerkten, und so fand er mühelos, wonach er suchte. Dann zögerte er einen Moment. Er musste seinen Freund um Rat fragen.
    Die Hunderte Meilen, die sie voneinander trennten, bereiteten ihm keinerlei Schwierigkeiten. Nachdem er ein Jahrhundert in Saats Gesellschaft verbracht hatte, erreichte Sombre den Geist seines Freundes, wo auch immer sich
dieser gerade befand. Und obschon Saat seine geheimsten Gedanken vor ihm verborgen hielt, war er stets bereit, ihn anzuhören. So war es schon immer gewesen.
    ›Sie nähern sich ihrem Ziel‹, sagte Sombre unvermittelt. Der Gott war nicht besonders redegewandt. Das war auch nicht nötig. Er und Saat hatten sich auch so immer verstanden.
    ›Wissen sie, wo wir sind?‹
    ›Nein.‹<
    ›Gut. Ich werde unsere Männer in Ith benachrichtigen.‹<
    Für den hohen Dyarchen schien die Sache damit erledigt. Doch Sombre verharrte in seinem Geist.
    ›Beunruhigt dich etwas, mein Freund?‹, fragte der Goroner scharfsichtig.
    ›Warum töten wir sie nicht jetzt gleich?‹, sagte der Gott wie ein schmollendes Kind.
    ›Kannst du das tun, ohne Gestalt anzunehmen?‹, fragte Saat hoffnungsvoll.
    Sombre schätzte seine Kraft ab, und dann die Entfernung zu dem Ort, an dem sich sein leiblicher Körper befand.
    ›Nein. Danach müsste ich zu lange schlafen.‹<
    ›Dann warten wir noch. Wenn einer von ihnen der Erzfeind ist, könnte er dich besiegen und vernichten. Erinnere dich an das Eroberte Schloss.‹
    ›Vielleicht ist der Erzfeind längst tot‹, entgegnete der Gott stur. ›Ohne mir jemals begegnet zu sein.‹
    ›Wenn nicht, erwartet ihn der sichere Tod. Im Gegensatz zu unseren Feinden haben wir Zeit, mein Freund. Alle Zeit der Welt.‹
    Sombre warf einen letzten Blick auf die Reiter und durchquerte dann vier Königreiche, um in seinen Körper zurückzukehren. Als er im Feldlager eintraf, hallten die Hammerschläge
der Sklaven und die Gebete, die ihm zu Ehren gesungen wurden, von den Berghängen wider.
    Er war der Bezwinger, sagte er sich immer wieder. Der Bezwinger. Der Bezwinger. Der Bezwinger.
     
     
     
    Von Le Pont aus erreichten die Erben innerhalb von drei Tagen die Königsstadt Lermian. Am Tag der Erde schlugen sie in der Abenddämmerung ihr Lager vor den Toren der Stadt auf. Die Festtrommeln erklangen die ganze Nacht hindurch und erinnerten sie schmerzlich an ihre Gauklerfreunde, von denen sie schweren Herzens Abschied genommen hatten. Sie hatten einander das Versprechen gegeben, sich bald wieder zu treffen, auch wenn keiner der Erben wusste, ob sie würden Wort halten können.
    Nach einem rastlosen Ritt erreichten sie schließlich das Große Kaiserreich Goran und überquerten im Schutze der Dunkelheit die Grenze. Glücklicherweise waren die südlichen Provinzen bislang von den Wirren des bevorstehenden Krieges verschont geblieben, während im Norden Gorans Aufruhr herrschte. Die Erben übernachteten unter freiem Himmel und hielten sich von jeder noch so kleinen menschlichen Ansiedlung fern. In Zeiten, wo sich die Gemüter rasch erhitzten und die Einheimischen beim Anblick jedes harmlosen Fremden eine Invasion fürchteten, war diese Vorsicht nicht übertrieben.
    Tag für Tag befragte Corenn Reisende aus dem Norden. Nach einer Weile konnte sie Gerüchte von der Wahrheit unterscheiden und wusste den anderen zu berichten, dass Goran tatsächlich Schwierigkeiten im Tal der Krieger hatte und nicht beabsichtigte, Lorelien anzugreifen. König Bondrian wartete anscheinend nur noch auf ein offizielles Gesuch
des Kaisers, um

Weitere Kostenlose Bücher