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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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mehrere Kompanien zur Verstärkung der goronischen Truppen zu schicken und sich so an der Verteidigung der Oberen Königreiche zu beteiligen. Doch auf beiden Seiten herrschte nach wie vor tiefes Misstrauen, und so beschränkte sich Lorelien erst einmal darauf, seine Truppen an der Grenze zusammenzuziehen und abzuwarten.
    Da alle Blicke gen Norden gerichtet waren, gelangten die Erben ohne Schwierigkeiten nach Itharien. Am Quart der Dekade der Erde, sieben Tage, nachdem sie die Königsbrücke überquert hatten, passierten sie in tiefster Nacht die Grenze. Seit ihrem Abenteuer im Tiefen Turm waren fast zwei Dekaden vergangen.
    Die Nächte, die auf die aufreibenden Tagesritte folgten, waren immer zu kurz. Die Erben waren übermüdet, und jeder Muskel schmerzte ihnen. Es wurde Zeit, dass sie ihr Ziel erreichten.
    Als Grigán sein Pferd zügelte und sie anwies, das Nachtlager aufzuschlagen, gehorchten alle erleichtert. Wie an jedem Abend aßen sie hastig eine Kleinigkeit und gingen bald schlafen, um Kräfte für den nächsten Tag zu sammeln. Sie mussten Ith so schnell wie möglich erreichen.
    Doch in jener Nacht schlief keiner der Gefährten gut. Am nächsten Tag würde Maz Achems Tagebuch sein für ihre Mühen belohnen - oder aber all ihre Hoffnungen zunichte machen.
     
     
     
    Ith war eine offene Stadt, was in den Oberen Königreichen bedeutete, dass bei Betreten kein Wegezoll zu entrichten war und man an den Stadttoren nicht kontrolliert wurde. Das kam ihnen natürlich gelegen, denn sie waren wie immer darauf bedacht, nicht aufzufallen. Doch in das religiöse
Viertel zu gelangen, das alle Welt als die eigentliche Heilige Stadt kannte, war eine ganz andere Geschichte.
    Lana hatte Grigán nicht dabei helfen können, einen Plan auszuhecken, und so blieb dem Krieger nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis er sich selbst ein Bild machen konnte. Dann würde er improvisieren müssen, und das verabscheute er. In gespannter Erwartung legten sie den kurzen Weg bis zur Hauptstadt des itharischen Königreichs zurück. Es war der Quint der Dekade der Erde. Vor zwei Monden hatte Yan zum ersten Mal von den Erben gehört.
    Mit jeder Meile, die sich Lana ihrer Heimatstadt näherte, blühte sie auf. Als die Gefährten durch die Vorstadt ritten, hatte sie zu jeder Ruine und jeder Straßenecke eine Erinnerung oder historische Anekdote parat: Dort hatte König Li’ut zum Volk gesprochen, hier war sie schon oft spazieren gegangen, und auf jenem Feld hatte die letzte Schlacht des itharischen Reichs stattgefunden.
    Die Erben hörten interessiert zu und freuten sich über die Begeisterung ihrer sonst so schweigsamen Freundin. Rey stellte unzählige Fragen, und Lanas Antworten verleiteten ihn zu harmlosen Scherzen, mit denen er alle zum Lachen brachte.
    Corenn verlor sich in der Betrachtung der Landschaft: der Alt mit seinen Stromschnellen, das Rideau-Gebirge mit den weißen, grauen und ockergelben Gipfeln, die in den tiefblauen Himmel des dritten Dekants ragten, und die Kuppelbauten der Heiligen Stadt am Fuß des Blumenbergs. Gemeinsam mit den Erben zog ein endloser Strom Pilger in die itharische Hauptstadt, auf der Suche nach Wundern, Erhellung oder ganz einfach Seelenfrieden. Unter anderen Umständen hätte Corenn diesen Tag genossen. Doch sie sollte in Ith keinen Frieden finden.

    Unter Scherzen und Gesprächen über die itharische Geschichte verging die Zeit wie im Fluge, und bald standen die Erben vor dem Stadttor, einfache Reisende unter Scharen von Pilgern, die ihrer jeweiligen Religion huldigen wollten. Viele Eurydier trugen Masken, und ihre Gewänder waren mit den Symbolen der Schutzgöttin bestickt. Doch es gab auch Anhänger anderer Religionen, welche die verschiedensten Götter verehrten: Ivie die Nächtliche, Mishra Bärenkopf, Wug Eeti, Dona, Odrel den Tränenreichen, die Zwillinge von Serpal, Brassiss, Aliandra die Sonnige und weitere, die den Erben unbekannt waren. Dazu kamen die Pilger, deren Religionszugehörigkeit nicht auf den ersten Blick zu erkennen war.
    »Seht mal dort«, sagte Grigán verächtlich. »Valiponden.«
    Alle sahen zu den vier Reitern hinüber, die sich abseits der anderen Pilger hielten. Sie trugen grüne Hemden mit Lederriemen und eine lange Silberkette um den Hals, deren Glieder in einem kunstvollen Muster ineinander verschlungen waren. Einer hielt einen Käfig in der Hand, in den drei Kupfermargoline gesperrt waren. Die Umstehenden hielten Abstand zu den Männern.
    »Wie könnt Ihr nur Valiponden in

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