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Götter der Nacht

Titel: Götter der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Grimbert
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stehen.
    In diesem Moment überkamen sie Zweifel. Eine schreckliche
Befürchtung machte sich in ihr breit. Etwas, an das sie viel früher hätte denken müssen. »Lana, wem untersteht das Archiv des Großen Tempels?«, fragte sie hastig.
    »Dem Emaz, der den Titel des Schatzmeisters trägt. So will es die Tradition«, antwortete sie arglos. »Also Emaz Drékin.«
    Corenn wechselte einen raschen Blick mit Grigán, und der Krieger stürzte zur Tür, wo sich ihre Befürchtungen bewahrheiteten.
    »Sie ist verschlossen«, sagte er ernst. »Drékin hat uns eingesperrt.« Grigán ließ den Blick durchs Zimmer schweifen, doch die wenigen Fenster waren so klein, dass selbst Léti nicht hindurchgepasst hätte. Er kehrte zur Tür zurück und trat zweimal fest dagegen. Das Holz war jung und stark, und die Scharniere waren aus Metall gefertigt. Selbst mit Bowbaqs Hilfe würde es eine Weile dauern, sie aufzubrechen.
    »Reyan, habt Ihr nicht eine Idee, wie wir die Tür öffnen können?«, fragte Lana plötzlich.
    »Warum ich und nicht jemand anders? Wie kommt Ihr gerade auf mich?«, fragte er gekränkt. »Haltet Ihr mich für einen solchen Halunken? Oder glaubt Ihr vielleicht, alle Lorelier verbrächten ihre Jugend damit, Schlösser zu knacken?«
    Die Maz antwortete nicht. Sie hatte ihren Freund nicht verletzen wollen. In ihrer Verzweiflung hatte sie sich einfach zuerst an Rey gewandt, weil er ihr schon so oft geholfen hatte.
    Bowbaq und Grigán machten sich auf die Suche nach etwas, das als Rammbock dienen könnte, während Yan mit Corenn darüber diskutierte, ob es eine gute Idee sei, die Tür mit Magie zu öffnen. Rey war immer noch beleidigt.

    »Zufälligerweise besitze ich tatsächlich einen Dietrich«, sagte er plötzlich stirnrunzelnd. »Aber glaubt ja nicht, dass ich ihn schon einmal gebraucht hätte. Ich habe ihn dem Mörder meines Cousins abgenommen.«
    Er zog einen kleinen Schlüssel mit einem kompliziert gezackten Bart aus der Tasche und steckte ihn ins Schloss. Der Mechanismus widerstand einige Augenblicke, bevor er mit einem befreienden Klicken nachgab.
    Wie zur Entschuldigung schenkte Lana Rey ein Lächeln, das seine Wirkung nicht verfehlte. Es gelang ihm nicht länger, ein mürrisches Gesicht zu ziehen, und so setzte er die Miene auf, die am besten zu ihm passte: selbstsicher, sarkastisch und äußerst verführerisch.
    Grigán schob ihn beiseite und trat mit gezogenem Schwert in den Flur, für den Fall, dass dort eine Wache postiert war. Da niemand zu sehen war, gab er den anderen ein Zeichen, ihm zu folgen.
    »Wir müssen so schnell wie möglich von hier fort«, rief er und lief vorweg. »Hoffentlich ist es noch nicht zu spät. Vielleicht ist das Haus schon umstellt.«
    »Emaz Drékin würde uns nicht unseren Feinden ausliefern«, keuchte Lana, während sie versuchte, mit Grigán Schritt zu halten.
    »Emaz Drékin hat uns eingesperrt«, antwortete er. »Was glaubt Ihr, was er jetzt gerade tut? Was sonst, als uns die Wachen auf den Hals zu hetzen? Oder gar die Züu?«
    »Er holt das Buch«, sagte Corenn tonlos. »Er ist der Einzige, der seit Jahrzehnten Zugang dazu hat. Er kennt seinen Inhalt. Und er hat erraten, dass wir es suchen.«
    Grigán verlangsamte seine Schritte und blieb schließlich unschlüssig stehen. Falls Corenn recht hatte, mussten sie ihren Plan ändern.

    »Unmöglich!«, sagte Lana. »Warum hätte er mir das all die Jahre verschweigen sollen? Was nützt es ihm, ein Geheimnis daraus zu machen?«
    »Die Antwort befindet sich im Tagebuch deines Urgroßvaters, Freundin Lana«, sagte Bowbaq voller Weisheit.
    Sie senkte den Blick. Grigán wurde allmählich ungeduldig, aber Corenn bedeutete ihm zu warten.
    Als Lana den Blick wieder hob, standen ihr Tränen in den Augen. Doch einer Maz stand es nicht zu, in Selbstmitleid zu versinken. Das passierte ihr viel zu oft. »Eurydis wacht seit Anbeginn unserer Reise über uns«, sagte sie mit einer Stimme, die selbst in ihren eigenen Ohren etwas zu zittrig klang. »Die Göttin wünscht, dass unser Unternehmen gelingen möge, und wir werden unser Ziel erreichen. Selbst wenn jemand Verrat an uns begeht. Ihr und ich gemeinsam gegen den Rest der Welt …«
    Die Erben lauschten dem Bekenntnis voller Verlegenheit, da sie einen weiteren Tränenausbruch fürchteten. Die Priesterin hatte ohnehin ein ängstliches Naturell. Fortan würde sie nur noch ihren Weggefährten trauen, die sie noch wenige Dekaden zuvor für eine Bande von Verrückten gehalten hatte.
    »Wir müssen

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