Götter der Nacht
vorweg. Yan folgte ihr dicht auf den Fersen, ein Schwert in der Hand, das er noch nie benutzt hatte. Als Nächstes kamen Bowbaq, der Gewalt verabscheute, und Rey, der sich besser mit Worten als mit Waffen zu verteidigen wusste.
Plötzlich bog Léti auf den Pfad ein, der zum Fluss hinabführte, und ließ den Blick über die Stromschnellen schweifen. Sie ignorierte die beiden Mörder, die sich von den überlebenden Züu abgesetzt und ihre Verfolgung aufgenommen hatten. Aus größtmöglicher Entfernung schlug Bowbaq mit seinem Streitkolben nach einem der restlichen sechs Männer und zerschmetterte ihm den Schädel. Yan blieb wie angewurzelt stehen und ließ die Mörder auf sich zukommen.
Auch Grigán bog nun zum Fluss hinunter ab, um Léti zu Hilfe zu kommen. Zwei weitere Mörder lösten sich von der Bande und stellten sich ihm in den Weg. Er begriff, dass er Léti nicht mehr vor ihnen erreichen konnte, und stürzte sich auf sie.
Rey und Bowbaq bauten sich neben Yan auf und sahen den restlichen drei Mördern entgegen. Nur noch wenige Schritte trennten sie von den Züu.
Einer der Männer zuckte zusammen und stieß einen heiseren Schrei aus. Im nächsten Augenblick stach er mit seinem Hati auf seine beiden Kampfgefährten ein, die mit
einem verständnislosen Ausdruck in den Augen zusammenbrachen. Der Widerstandsfähigere der beiden fand gerade noch die Kraft, seinen Angreifer zu erstechen. Gleich darauf schrie Yan vor Schmerzen auf und fiel in Ohnmacht.
Léti entdeckte endlich, wonach sie gesucht hatte, und sprang in den Fluss. Die Strömung war reißend, und das Wasser reichte ihr bis zur Brust. So musste sie sich mühsam zu ihrem Ziel vorkämpfen: der Leiche Emaz Drékins, die an einem ins Wasser gestürzten Baum hängen geblieben war.
Hinter ihr sprangen nun auch die beiden Mörder ins Wasser und pflügten auf sie zu. Allerdings wurden sie von den weiten Novizenkutten behindert, die sie über ihren roten Gewändern trugen. Léti unterdrückte ihren Ekel und bog die Finger des Emaz auf, die um das Tagebuch gekrallt waren. Maz Achems Tagebuch. Sie schleuderte es auf das gegenüberliegende Ufer und kletterte hinterher.
Grigán hatte jede ihrer Bewegungen verfolgt, konnte aber nichts für sie tun. Seine Angreifer versuchten nun, ihn in die Zange zu nehmen, und nur dank seiner extremen Wendigkeit entkam er ihnen immer wieder. Fester Stand, dachte er. Die Lektion, die er seiner Schülerin eingeschärft hatte, musste ihm nun selbst helfen. Gegen zwei Männer mit gewöhnlichen Dolchen hätte er die Oberhand gewinnen können, doch schon ein leichter Kratzer mit einem der vergifteten Hati reichte, um ihn zu töten.
Rey kam ihm zu Hilfe, indem er einen der beiden Mörder kaltblütig von hinten erstach. Grigán nutzte die Gelegenheit und attackierte den zweiten Mann, der von Reys plötzlichem Erscheinen überrumpelt war. Der Angriff saß. Grigán hatte einige Schwierigkeiten, seine Klinge aus der Leiche zu ziehen.
Léti lief am Ufer hin und her und hinderte die Mörder mit ihrem Rapier daran, zu ihr hochzuklettern. Doch die Männer kamen rasch auf die Idee, sich zu trennen. Die junge Frau zögerte, entschied sich dann für einen der beiden und durchbohrte ihn mit ihrer Klinge.
Der andere Zü entledigte sich seiner nassen Kutte und zog sich mit der Geschmeidigkeit einer Katze an Land. Léti wich keinen Schritt zurück und umklammerte mit Tränen in den Augen ihr Rapier, von dessen Klinge Blut tropfte.
Plötzlich schlug ein Armbrustbolzen in die Stirn des Mörders, und er brach mit verzerrtem Gesicht zusammen. Léti fiel auf die Knie und suchte mit dem Blick nach ihren Gefährten, um zu sehen, wem sie ihr Leben verdankte.
Corenn stand am anderen Ufer, die Waffe immer noch erhoben, und schien kaum glauben zu können, was sie soeben getan hatte. Sie hatte bis zu diesem Moment noch nicht einmal genau gewusst, wie man eine Armbrust überhaupt handhabte. Nie zuvor hatte sie einen Menschen getötet.
Léti kam auf die Füße und hob das Tagebuch auf. Ein schmales, tropfnasses Büchlein mit Seiten aus dickem Pergament und einem vom Alter rissigen Ledereinband.
Der Menschheit zum Angedenken. Maz A. von Algonde.
Die junge Frau schlug es behutsam auf und las die ersten Zeilen. Zum Glück hatte Yan ihr mittlerweile ein wenig lesen beigebracht. Als sie sah, dass die Tinte an einigen Stellen vom Wasser vermischt war, versetzte ihr das einen Stich. Sie hoffte inständig, dass die wichtigsten Passagen des Tagebuchs unversehrt
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