Götterdämmerung
Prostata-Krebs haben. Ihre DNA ist somit weitgehend identisch, aber eben nur fast.«
In seine Stimme floß erstmals ein Hauch von Ärger ein. Vermutlich weil ihm mittlerweile klar war, was vor sich ging. Mears konnte es nicht ausstehen, wenn etwas im Labor nicht unter seiner Kontrolle stand.
»Ja und?«
»Unser Mittel löst völlig ungleichmäßige Reaktionen aus. Der eine Patient würde durch die zugeführte Dosis eine Chance auf das Abtöten der Zellen erhalten, der andere zeigt weder bei dieser noch bei einer geringeren oder höheren Dosierung irgendeine Reaktion.«
»Wir geben keine Garantie für die Heilung jedes Patienten«, gab Mears ungehalten zurück, »bei keinem unserer Medikamente. Niemand kann das.«
»Aber denk einmal an die Möglichkeiten für die Patienten! Wir könnten den Ärzten einen Hinweis daraufgeben, dass sie mit einer solchen Untersuchung die Wirkung eines verschriebenen Medikaments schon bei der Blutanalyse überprüfen können. Auf diese Weise würden sie Zeit sparen und eventuell ein anderes Mittel erfolgreich verwenden, statt unter Umständen Monate zu verlieren. Ganz zu schweigen davon, dass in der Zwischenzeit möglicherweise das Karzinom ins Irreparable wächst.«
Mears schüttelte den Kopf. »Du«, erklärte er, »kannst das natürlich nicht verstehen, bei deiner behüteten Kanarienvogelexistenz, aber in der wirklichen Welt würde es Unsummen und viel Zeit kosten, jeden Arzt mit einer solchen Ausrüstung auszustatten. Wer soll das bezahlen? Unsere Marketing-Abteilung bekäme einen kollektiven Herzanfall, wenn du auf die Produkte der Konkurrenz hinweist, nur, weil unser AC3000 nicht bei allen wirkt.«
Allmählich begann ihr Rücken zu schmerzen. Wäre sie allein, so würde sie einfach aufstehen und sich die Beine vertreten, aber Mears würde das zweifellos als Erfolg seiner Sticheleien missdeuten.
»Wir sind Wissenschaftler, Warren. Geht der Mensch nicht vor?«, fragte sie so sachlich wie möglich.
»Was habe ich gesagt? Kanarienvogel. Du hast ja keine Ahnung, was dort draußen abläuft. Es kostet Jahre und Unsummen, Ärzte oder ganze Kliniken zu bewegen, ihre Patienten auf ein bestimmtes Medikament einzustellen. Wenn du in den unteren achtundvierzig damit herumtönen würdest, jeder Patient verdiene eine solch ausführliche Analyse und eventuell ein Fremdprodukt, dann lyncht dich der Chef vom Vertrieb, W Bankcroft persönlich. Und all die Kollegen, deren Arbeitsstellen von unseren teuer entwickelten Mitteln abhängen, würden ihm den Strick dazu reichen.«
»So naiv, wie du glaubst, bin ich nicht«, sagte Beatrice. »Natürlich weiß ich, bei wem ich arbeite und dass unsere Bosse keine Wohltäter der Menschheit sind, sondern Zahlen sehen wollen. Aber schau genau hin.«
Sie deutete auf den Bildschirm, der die Versuchsanordnung mit der positiven Reaktion zeigte. »Mit solchen Beobachtungen werde ich meine Chips eines Tages so weit optimieren, dass jeder Arzt, jeder Patient die Reaktion von Wirkstoffen oder Wirkstoffkombinationen vorher über ein Programm testen kann, das individuelle Werte des Patienten wie Alter, Gewicht, Geschlecht und vielleicht sogar die wichtigsten DNA-Strukturen automatisch mit berücksichtigt. Wenn ich so weit bin, dann verdient der Konzern mit dem Verkauf solcher Biochips garantiert mehr und sicherer Geld als mit Medikamenten, die bei einem Teil der Patienten alles andere als die gewünschten Wirkungen hervorrufen. Falls du die Lipobay-Affäre und die Sammelklagen hinterher vergessen hast - ich nicht.«
Mit einem Griff schaltete Mears die Monitore ab. Es war eine eigenmächtige herrische Geste, die sehr typisch für ihn war, wenn ihm etwas nicht passte. Unter anderen Umständen hätte sie Wut in Beatrice ausgelöst, aber so, wie die Dinge lagen, wertete sie seine Reaktion als Sieg für sich. Wenn er den Diktator herauskehrte, gingen ihm die Argumente aus.
»Du weißt, dass mir solche Projekte schon vor der Entwicklung vorgelegt werden müssen. Ich bin es, der hier entscheidet, ob wir Zeit und Geld in solchen Schnickschnack investieren.«
»Tja, Warren, das werde ich wohl vergessen haben. Bei dir stelle ich heute auch eine größere Gedächtnislücke fest. Was ich hier tue, fällt nicht mehr in deinen Bereich. Du hast dich vor zwei Jahren für die Pentagon-Programme entschieden, da bist du unbestritten der Größte, und Dad für die Medizin. Mein Vater weiß, woran ich arbeite.«
Er erwiderte nichts, und sie verzog ihre Lippen zu einem winzigen
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