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Götterdämmerung (German Edition)

Götterdämmerung (German Edition)

Titel: Götterdämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angela Schwarzer
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wischte mit dem Ärmel über sein regennasses Visier. Dann gab er einen Code ein, den ihm die Zentrale genannt hatte, wartete, bis sich das Tor öffnete, erteilte seinen Leuten den Befehl, ihm zu folgen und rannte über den hell erleuchteten Platz auf das Lagerhaus zu. Schlamm spritzte an seine Stiefel. In der Lieferzone parkten zwei LKW. Tom warf einen Blick hinein: Fahrerkabine und Anhänger waren leer. Aber in dem Lagerhaus wurde noch gearbeitet. Er hörte das Kreischen von Sägen, das gleichmäßige Klopfen von Hämmern und hin und wieder übertönte ein schrilles Quietschen alle anderen Geräusche.
    Die Sicherheitsleute liefen um das komplette Gebäude herum. Sowohl Lieferzone als auch Haupteingang waren verschlossen. Tom gab den zweiten Code ein, den er von der Zentrale bekommen hatte, aber das Tor bewegte sich keinen Millimeter. Er versuchte es erneut und probierte es danach mit dem ersten. Änderte die Codes geringfügig ab. Nichts. Hatte es je einen Einsatz gegeben, bei dem alles glatt lief? Warum musste eigentlich immer irgendwer schlampen?
    Tom drehte sich zu seinen Leuten um. „Hintereingang!“, sprach er in sein Headset und bekräftigte die Anweisung mit einer Handbewegung.
    „Komm raus!“, murmelte er. „Der böse Onkel ist da.“
    Er wusste, dass der Hintereingang zerstört war und wie es aussah, stellte er die einfachste Möglichkeit dar, ins Gebäude zu gelangen. Unwahrscheinlich, dass sich der Roboter noch an dieser Stelle aufhielt.
    „Deckung!“, rief er und lief geduckt auf den Hintereingang zu. Das Loch darin war riesig. Der RT hatte fast die ganze Tür herausgeschnitten. Direkt vor der Öffnung lag noch der Leichnam des getöteten Arbeiters in einer Blutlache. Der abgetrennte Kopf befand sich mit dem Gesicht nach unten neben den Füßen des Mannes.
    Tom stieg mit starrer Miene über den Körper hinweg und betrat die Lagerhalle. Drei Kollegen folgten ihm, vier blieben draußen. Jeweils zwei um Haupt- und Hintereingang zu bewachen.
    Mit wachsamem Blick sah Tom sich um. Zuerst fielen ihm nur die langen Regalreihen auf, die sich durch die gesamte Halle zogen. Dann entdeckte er die übrigen RT-Roboter, die geschäftig zwischen den Reihen umherfuhren, Balken zersägten und Holz, Steine und Kartons transportierten. Es waren vier.
    Tom näherte sich ihnen vorsichtig. Seine Waffe hielt er schussbereit. Die Seriennummern der Roboter waren gut lesbar in die Brust eingraviert. RT 501 befand sich nicht darunter.
    „ES 23225 B44!“, befahl Tom. Der erste der vier Roboter blieb stehen und rührte sich nicht mehr. Tom wiederholte den Befehl für die übrigen Maschinen. Als alle ausgeschaltet waren, bemerkte er das Blut auf dem Steinboden.
    Er griff nach dem Abzug des EMP-Granatwerfers, dann folgte er der Blutspur, immer damit rechnend, angegriffen zu werden. Seine Leute folgten ihm unaufgefordert. Zwar hielt sich die Maschine nach Toms Kenntnisstand nicht mehr in der Lagerhalle auf, allerdings konnte sie inzwischen zurückgekehrt sein.
    Die Blutspur führte einige Meter um ein Regal in eine Ecke, wo sie breiter wurde und in einer Lache endete. Tom ließ das Gewehr sinken. Auf dem Boden zu seinen Füßen lagen drei Torsos. Einer der Körper war in Höhe des Bauches durchtrennt, den anderen fehlte der Kopf. Ein Torso hatte keinen rechten Arm. Einer der Toten hatte ein Loch im Schädel, das aussah, als wäre er in eine Bohrmaschine geraten. Blut, Haare und Hautfetzen klebten an Wand und Regal.
    „Verdammte Scheiße!“, fluchte Tom und drehte sich von den Toten weg. Er kämpfte gegen die in ihm aufkommende Übelkeit. Magensäure stieg in seinen Mund und er zwang sich, sie herunterzuschlucken. Er befürchtete, sich übergeben zu müssen, sobald er den Mund öffnete. Einer seiner Männer spie die Reste seiner letzten Mahlzeit auf den gefliesten Boden – ein zwanzigjähriger Bursche mit lockigem Haar, der noch nicht lange dabei war.
    Tom trat von den Toten zurück und zeigte wortlos auf eine Ecke, die geschützt am Ende des Raumes lag und notfalls gut zu verteidigen war. Dort versammelte sich die Gruppe.
    „Wo steckt der Kerl?“, flüsterte Marcel mit belegter Stimme, der Junge mit dem lockigen Haar.
    „Der kann überall sein“, erwiderte Tom. „Im Lager, auf dem Gelände, vielleicht ist er auch längst draußen.“
    „Kann draußen nicht sein“, meinte Nicolai, ein etwa fünfzigjähriger Mann, in gebrochenem Deutsch. „Die chaben Gelände doch abgeschlossen.“
    „Hast du die Leichen gesehen?“,

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