Götterdämmerung (German Edition)
von außerhalb der Organisation auf die Geheiminformationen von Spirit zugreifen konnte? Nicht auszudenken! Für einen professionellen Hacker dürfte es kein Problem darstellen, seinen Code zu knacken. Möglicherweise waren sie alle in großer Gefahr. Simon beschleunigte seinen Schritt. Er musste unbedingt mit Oliver darüber sprechen.
Sofort als er seine Wohnung betreten hatte, stellte er fest, dass er nicht allein war. Er konnte nicht sagen, was ihn zuerst stutzig machte: die offene Wohnzimmertür vielleicht, obwohl er die manchmal selbst nicht schloss. Oder die kleinen Schmutzbrocken rings um den Eingangsbereich, die definitiv nicht von ihm stammten. Vielleicht waren es auch die leisen, unheimlichen Geräusche, die aus dem Wohnzimmer drangen. Dieses schwere Atmen. Was war das?
„Hallo?“, fragte er. Niemand antwortete. Er zog sich seine Schuhe aus und überlegte, wie er vorgehen sollte. Angst verspürte er nicht, trotzdem versuchte er, sich so leise wie möglich zu bewegen. Auf Strümpfen lief er zur Wohnzimmertür und warf einen vorsichtigen Blick ins Zimmer.
Er sah zwei Personen, die er zunächst nicht erkannte. Die erste Person saß mit ausgestreckten Beinen in seinem Sessel und spielte mit einer Pistole. Kleidung und Kopf waren rußgeschwärzt. Ebenso die Hand, die die Waffe hielt. Der linke Arm steckte in einem provisorisch angelegten Verband.
Die andere Person lag auf seiner Couch. Sie schlief – oder sie war tot, eines von beiden. Simon konnte es nicht sagen, denn sie sah furchtbar entstellt aus. Ein Teil des Gesichts war verbrannt, ebenso Teile des Oberkörpers. Jemand hatte die Kleidung entfernt und auf den Boden geworfen und den Verletzten mit einer Decke zugedeckt, Arme und Teile der Schultern schauten jedoch daraus hervor. Simon sah die teils schwarz, teils weißlich verfärbten Wunden, in denen sich Flüssigkeit gesammelt hatte und wusste sofort, dass es schlecht um den Verletzten stand. Auf dem Teppich neben dem Sessel lag ein EMP-Gewehr.
Simon trat ins Wohnzimmer. Die Person im Sessel richtete die Pistole auf ihn.
„Oliver!“, sagte er überrascht.
„Wem hast du deinen Code verraten?“, fragte Oliver mit gefährlich leiser Stimme.
Simon starrte abwechselnd auf die Pistole und den reglosen Verletzten auf der Couch. „Was ist passiert?“, fragte er bestürzt.
„Ich dachte, das könntest du uns sagen.“
„Wieso? Nein. Kann ich nicht.“
„Sicher?“
Simon machte eine Kopfbewegung in Richtung Pistole. „Leg die Knarre weg!“
„Ist nicht entsichert“
„Trotzdem. Das Ding macht mich nervös.“
„Ja. War genau meine Absicht“, meinte Oliver. Er nahm die Pistole jedoch runter und legte sie neben sich, wobei er sie weiter mit der rechten Hand umklammerte. „Die haben uns überfallen“, stieß er hervor. Sein Blick streifte aufmerksam Simons Gesicht. Der riss die Augen auf. „Überfallen? Wer denn? Im Lagerhaus? Wie –“
„Keine Ahnung. Zwei irre Maschinen. Ich weiß nicht, wer sie geschickt hat.“ Oliver wies auf den Verletzten auf der Couch. „Du hast doch Medizin hier irgendwo.“
Simon beugte sich über den bewusstlosen Verletzten und betrachtete die Brandwunden, die notdürftig gekühlt und gesäubert worden waren. Er hatte Mühe, Vincent zu erkennen.
„Er sollte schleunigst ins Krankenhaus!“, sagte Simon. „Ich kann ihm hier nicht richtig helfen.“
„Auf keinen Fall!“, entgegnete Oliver. „Die wollen wissen, was passiert ist und dann fliegt die ganze Organisation auf. Falls noch was davon übrig ist“, murmelte er. „Ich kann das nicht riskieren.“
„Es war ein Unfall, mehr müsst ihr nicht verraten“, sagte Simon ärgerlich. Er wollte nicht, dass Vincent in seiner Wohnung starb, wenn es zu verhindern war. Es gab gute Überlebenschancen für Brandopfer, aber dazu brauchte man ein Krankenhaus. Er hatte die technischen Möglichkeiten nicht. Und auch nicht die Erfahrung. Er war schließlich kein Arzt.
„Ich will, dass du das machst, basta!“, antwortete Oliver. „Also was hast du in deinem Depot?“
„Ich muss nachschauen. Ist sein Puls noch da?“
„Was weiß denn ich?“
Simon seufzte. „Was ist mit dir?“, fragte er und wies auf den verbundenen Arm.
Oliver winkte ab. „Mir geht’s gut. Tut nur höllisch weh. Vielleicht hast du ein paar Schmerzmittel.“
„Ich muss nachsehen.“ Er eilte zur Tür.
„Okay. Ich komme mit. Wir sehen beide nach!“
Simon warf ihm einen argwöhnischen Blick zu, sagte jedoch nichts. Oliver
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