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Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
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durchaus näherkommen. Zwei gegen den Rest der Welt, das alte romantische Thema. Das wurde in hundert alten Filmen durchgespielt. Denk nur an The Getaway. Natürlich läuft es am Ende immer darauf hinaus, dass einer von beiden zurückbleibt oder getötet wird.«
    »Mein Gott, das Leben in Anlehnung an eine Filmkritik von Roger Ebert. Vielen Dank auch. Hast du noch etwas von meinem Geld? Ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich es doch zurückhaben möchte. Ebenso möchte ich eine detaillierte Übersicht bezüglich der Ausgaben. Stell mir zehn Prozent in Rechnung für die Unannehmlichkeiten, die du hattest.«
    »Schlagen wir heute nicht ein wenig über die Stränge?«, fragte ich.
    Im Hintergrund lärmten die Walküren.
    »Andererseits«, fuhr ich fort, »gibt es keinen Beweis für eine Liebesbeziehung zwischen Carla und Hector. Nicht einmal ein Indiz.«
    Ich berichtete ihm von Huddy und Spode und von dem Haus in Juárez. Ich sagte ihm, dass Huddy Darko die falsche Adresse von Ham Scales bekommen habe und mein Engagement als Fremdenführer sein Vorschlag gewesen sei. »Keine Ahnung, was Scales im Schilde führt, aber irgendwas ist nicht koscher.«
    »Darko und Weems, das könnten die Kerle sein, die mich verprügelt haben«, sagte Luther.
    »Sie haben es bestritten.«
    »Und du hast ihnen geglaubt?«
    »Die gehören zu der Sorte, die sich etwas darauf einbildet, Leute zusammenzuschlagen. Sie sind alles andere als zurückhaltend, wenn es darum geht, so etwas zuzugeben. Wenn sie es machen, wollen sie auch die Anerkennung. Deine Typen waren Kopfgeldjäger, meine hingegen Mitglieder eines Kommandotrupps.«
    »Ich werde dich nicht bitten, das zu erläutern.«
    »Ich bin auch nicht sicher, ob ich das könnte, Luther.«
    »Komm rüber. Da ist noch etwas, was ich dir erzählen muss. Ich mag es nicht, dergleichen am Telefon zu erörtern.«
    Thor, Wotan oder wer auch immer brachte eine Waggonladung Dynamit in den Schluchten rundum Walhall zur Explosion.
    »Okay«, sagte ich. »Gib mir ein paar Stunden Zeit. Ich leide noch unter dem Entzug von Darvocet.«
    Nachdem ich aufgelegt hatte, ging ich unter die Dusche. Anschließend aß ich etwas, was ich nicht kauen musste — glibberige, zerkochte Nudeln aus der Dose, in einer versalzenen Brühe, aufgepeppt mit einem Spritzer Tabasco. Dann noch eine Bloody Mary. Und ich rief Pilar Mellado noch einmal an. Diesmal nahm sie ab.
    »Was ist mit Velma?«, fragte ich.
    »J.P.? Wo um Himmels willen sind Sie gewesen? Seit Tagen versuche ich, Sie zu erreichen.«
    »Ist irgendwas nicht in Ordnung? Geht es ihr gut?«
    »Sie ist im Krankenhaus. Es könnte ein Schlaganfall sein. Körperlich scheint sie okay zu sein, aber ihre Wahrnehmung scheint eingeschränkt.«
    »In welchem Krankenhaus?«
    »Columbia Medical Center, siebter Stock.«
    »Wir sehen uns dort.«
    »Nein. Ich bin sehr unter Druck. Da sind noch sechs andere Fälle, die ich heute bearbeiten muss. Aber ich will mit Ihnen reden. Sie müssen jetzt das Richtige tun, und zwar schnell.«

20
    Monsunzeit: Feuchte Luftmassen von der mexikanischen Pazifikküste, dazu stationäre Tiefdruckgebiete und Temperaturen über dreißig Grad geben uns von Juli bis September das Gefühl, vor Hitze umzukommen. Die Sonora- und die Chihuahua-Wüste sind im Allgemeinen heiße, trockene Gebiete, aber der Monsun treibt die Feuchtigkeit auf sechzig Prozent und höher. Wenn man statt einer Klimaanlage nur über einen Verdampfungskühler verfügt, entdeckt man Schweißdrüsen am eigenen Körper, von denen man nie geglaubt hätte, dass sie existieren.
    Ich duschte ausgiebig, zog mich an und fuhr ins Krankenhaus. Im Westen, über dem Gebiet von El Malpais, braute sich ein Gewitter zusammen. Blitze zerteilten den blaugrauen Horizont. Bereits nach kurzer Zeit klebte mein Hemd wie Frischhaltefolie an meinem Rücken.
    Ich stellte den Wagen im Parkhaus ab, ging die Überführung entlang ins Hauptgebäude des Krankenhauses und fuhr mit dem Fahrstuhl in den siebten Stock. Dort stieß ich auf einen vierschrötigen Krankenpfleger und fragte ihn, wo ich Velma Morgan finden könne. Ich folgte ihm zum Stationstresen, wo er ein Notizbrett konsultierte. »Zimmer 834«, sagte er.
    Sie hockte auf der Bettkante und starrte aus dem Fenster. Ich war bestürzt darüber, wie gebrechlich sie aussah. Sie konnte nicht mehr als neunzig Pfund wiegen, wenn nicht sogar weniger. Sie schien dahinzuschwinden.
    »Hi, Mom«, sagte ich.
    Sie antwortete nicht sofort. Ihre Aufmerksamkeit galt dem

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