Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
Vom Netzwerk:
Tarahumara-Indianer — Frauen und Kinder in Stammeskleidung — und bettelten. Unterstützt von der örtlichen Polizei, hatten Drogenhändler sie von ihren armseligen Farmen im Hochland südlich von Juárez vertrieben und sie waren in die Stadt gekommen in der Hoffnung, Mittel und Wege zu finden, die ihr Überleben sicherten. Die Drogenhändler wollten, dass ihre Handelsware auf Tarahumara-Land gedieh, nur waren die Indianer, die hauptsächlich Mais anbauten, damit nicht einverstanden gewesen. Sie hatten dem Fortschritt im Wege gestanden und entfernt werden müssen. Drogenbarone haben die Macht, andere zu enteignen.
    Als wir kurz vor der Brücke in einen Stau gerieten und anhalten mussten, verließ eine Indianerin mit einem Baby auf dem Arm ihren Platz an der Ecke und steuerte auf den Hummer zu in der Absicht, um Geld oder Essen zu bitten.
    »Ich könnte ihr eine Ladung zwischen die Titten verpassen und keiner würde es merken«, sagte Spode. »Und erzähl mir nicht, sie wäre so nicht besser dran. Schau dir nur diese heruntergekommenen Indianerärsche an, Huddy. Sie sind das menschliche Pendant zur gemeinen Kakerlake.«
    »Du bist ein echter Humanist«, sagte Huddy. »Ich werde an den Generalsekretär der Vereinten Nationen schreiben und dich für die Menschenrechtsmedaille vorschlagen.«
    »Ach, Scheiße«, sagte Spode. »Damals haben wir ihre Mestizenärsche von Texas nach Mexico City getreten, aber wir haben die Sache nicht zu Ende gebracht. Kommt Ihnen das bekannt vor, Mr. Morgan? Erinnern Sie sich an Korea? Die Schweinebucht? Vietnam? Erinnern Sie sich, wie man General Patton befahl, seine Panzer kurz vor Berlin zu stoppen? Was war mit dem ersten Irakkrieg? Ich habe gehört, Sie waren dabei? Sobald wir einen Ständer haben und drin sind, machen wir schlapp. Das ist unsere nationale Schande. Das Land der Freien und die Heimat der vorzeitigen Abspritzer. Wir haben damals Tausende von Mexikanern umgebracht und von ein paar Eierköpfen aus New England mal abgesehen, hat sich niemand auch nur einen Scheiß dafür interessiert. Aber wie gesagt, kurz vor dem Ziel haben wir gekniffen.«
    »Spode war auf dem College«, sagte Huddy. »Sie haben ihn von der Arizona State geschmissen, weil er sich mit seinen Geschichtsprofessoren angelegt hat.«
    »Beschissene Schlappschwänze und Möchtegern-Linke«, sagte Spode. »Keine Klöten zwischen den Beinen. Zach Taylor hätte sie aneinandergekettet und im Rio Grande versenkt.«
    »Er meint den Mexikanisch-Amerikanischen Krieg von 1846, J.P.«, sagte Huddy. »Unser Spode ist ein Geschichtsfreak. Man sollte nur verhindern, dass er mit dem Bürgerkrieg anfängt.«
    Spode ignorierte Huddy. »Robert E. Lee war einfach genial im Mexikanischen Krieg. Ihr halbes Land nahmen wir ein«, sagte er. »Wir hätten alles haben können, bis hinunter zur Grenze von Guatemala, aber wir haben diesen verdammten Vertrag von Guadalupe Hidalgo unterzeichnet und nur Arizona, Neu-Mexiko, Kalifornien, Utah, Colorado und Nevada bekommen.«
    »Nur?«, fragte ich.
    Spode stieß wieder seinen Revolver in mein Ohr. »Sie finden das wohl komisch? Vierzehntausend amerikanische Jungs starben in Mexiko. Heutzutage wären das hochgerechnet einhunderttausend. Gut ein Drittel unserer Toten im Zweiten Weltkrieg. Jetzt fallen die Mestizen in Scharen ein und machen sich in den Gebieten breit, die sie nun mal ganz klar verloren haben. Glauben Sie, die mexikanische Regierung weiß nicht, was da vor sich geht? Herrgott noch mal! Das ist ihr Plan. Ihr Ziel ist es, den Westen der USA zurückzuerobern, indem sie uns mit Wetbacks überschwemmen. In Kalifornien gibt es bereits mehr Mexikaner als Weiße. Nach über hundertdreißig Jahren hat L.A. wieder einen mexikanischen Bürgermeister. Sehen Sie nicht, was abgeht? Wenn der überwiegende Teil der Bevölkerung mexikanisch ist, dann — hallo? — muss es wohl Mexiko sein!«
    Mein Ohr schmerzte und Spodes Tirade machte es nicht besser. »Lassen Sie mich hier raus«, sagte ich. »Ich gehe zu Fuß zurück. Wahrscheinlich bin ich schneller über die Brücke als ihr, der Stau wird immer dicker.«
    »Draußen gibt’s keine Klimaanlage, J.P., aber wie Sie wollen«, sagte Huddy. »Vielleicht kommen wir noch mal auf Sie zurück, wenn wir wieder einen Führer durch die Gassen von Scheißhausen brauchen.«
    Spode nahm die Kanone aus meinem Ohr. Ich stieg aus.
    Ich bahnte mir meinen Weg durch die Ansammlung aus Touristen und Straßenhändlern und steuerte auf einen mir bekannten Mann zu.

Weitere Kostenlose Bücher