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Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Götterdämmerung in El Paso (German Edition)

Titel: Götterdämmerung in El Paso (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis
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unauffällig wie möglich zu verhalten, aber er fällt nun mal auf wie ein Feuerwehrauto. Wir konnten ihn abschütteln, indem wir mit dem Bus vom Flughafen ins Hotel Blue an der Central Avenue gefahren sind. Dort sind wir zur Hintertür hinaus, haben uns anschließend etwa eine Stunde lang zwei Blocks weiter in eine dunkle Bar verzogen. Erst dann sind wir mit dem Taxi hierher. Bluto ist ein lausiger Schnüffler. Wahrscheinlich hockt er immer noch in der Lobby vom Blue.«
    »Seid ihr kürzlich in Juárez untergetaucht, Hector und du?«
    »Was meinst du mit kürzlich?«, fragte sie. »Ich war vielleicht vor einem Monat in Juárez. Hector ist nicht mehr dort gewesen seit — « Sie sah Hector an. »Wie lange ist das her? Zwei Monate?« Hector nickte. »Warum fragst du?«
    »Du bist nicht die Einzige, die falsche Informationen über euren Aufenthaltsort verbreitet.«
    Jetzt war klar, dass Scales Huddy und Spode auf eine falsche Fährte gelockt hatte, um sich einen Vorsprung bei der Jagd auf Hector zu sichern. Gleichzeitig hatte er dafür gesorgt, dass sie mich aus dem Verkehr zogen. Mehrere Fliegen mit einer Klappe. Die Adresse des Hauses an der Avenida Duranzo hatte er sich irgendwie beschafft. Für Ham Scales keine Herausforderung.
    Also war die Ergreifung von Hector Martinez zu einem Wettstreit geworden, bei dem es insgesamt um fünfundsiebzigtausend Dollar ging. Heutzutage keine weltbewegende Summe, für Typen vom Schlage eines Hamilton Scales allerdings ein nettes Zubrot. Nur schienen die Beteiligten momentan die Witterung verloren zu haben.
    Hector stand auf. Seine Bewegungen waren die eines alten, müden Mannes, steif, als sei nicht nur sein Gesicht, sondern sein gesamter Körper von dem Eingriff in Mitleidenschaft gezogen worden. Er öffnete den Kühlschrank, nahm eine Miniflasche Jack Daniel’s heraus, schraubte den Verschluss ab und leerte die Flasche in einem Zug. Dann griff er nach der nächsten.
    »Ich fühle mich beschissen«, sagte er und leerte auch die zweite Flasche.
    »Ich muss dich bitten, uns noch einen Gefallen zu tun, J.P.«, sagte Carla. »Ich kann das nicht selbst erledigen.«
    »Kommt drauf an, was du von mir erwartest. Umlegen werde ich jedenfalls niemanden. Als ich mich das letzte Mal diesbezüglich schlaugemacht habe, verstieß es noch gegen das Gesetz.«
    »Ich möchte dich bitten, zum Postamt in der Innenstadt zu fahren und ein Paket abzuholen. Ich halte es für angebracht, nicht persönlich durch die Gegend zu marschieren, wenn mindestens einer unserer Verfolger hier in der Stadt ist. Und ich möchte dich bitten, uns nach Mexiko zu fahren. Ich werde dich gut bezahlen.«
    »Du möchtest also, dass ich zwei Leute unterstütze, die vor dem Gesetz auf der Flucht sind.«
    »Ich möchte, dass du uns dabei unterstützt, unseren humanitären Auftrag zu erfüllen.«
    »Der Weg in die Hölle ist mit humanitären Aufträgen gepflastert«, sagte ich.
    »Genau wie der Weg in den Himmel«, konterte sie.
    »Der Himmel ist ein Leckerbissen an einer Angel über deinem Kopf, die Hölle ein Fleischerladen gleich um die Ecke.«
    »Du willst es also nicht tun?«
    Zuerst Luther, jetzt Carla. Mir kam der hämische Ausspruch P.T. Barnums in den Sinn, dem zufolge jede Minute ein Trottel geboren wird.
    »Ich mach’s«, sagte ich. »Ich sitze meine Zeit lieber in La Tuna ab als in Huntsville. Ich glaube, in Bundesgefängnissen ist das Essen besser und das Personal humaner.«
    » Tienes huevos, compa «, bemerkte Hector — du hast Eier, Kumpel.
    »Vielleicht bin ich auch nur selten dämlich«, erwiderte ich.

24

    Carla und Hector hatten sich im Hotel als Mr. und Mrs. Fidencio Ochoa eingetragen und das Zimmer bereits bezahlt, in bar. Das Paket, das ich abholen sollte, war — Überraschung! — an mich adressiert. »Wir konnten es nicht an das Hotel schicken«, sagte Carla. »Wir wussten nicht, welche Namen wir nach Las Vegas benutzen würden. Es an dich zu schicken, schien uns die beste Lösung zu sein.«
    Sie zeigte mir einen Stapel Ausweise für sich und Hector. Sie waren von guter Qualität, Made in USA. Hector war auf seinen noch mit dem alten Gesicht präsent. Als er am McCarran das Flugzeug bestiegen hatte, war er noch bandagiert gewesen. Jetzt aber waren sie gezwungen, sich neue Ausweise machen zu lassen, sobald sein Gesicht verheilt war.
    Ich musste über mich selbst lachen, über meine Berechenbarkeit. Carla hatte bereits in Doc Caravaggios Trailer gewusst, dass ich nach Albuquerque kommen und diesen

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