Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Goetterdaemmerung - Roman

Goetterdaemmerung - Roman

Titel: Goetterdaemmerung - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: El mir Bourges
Vom Netzwerk:
stehen, auf dem Teppich lagen Diamanten verstreut und mehrere Säcke mit Edelsteinen waren verschwunden. Die Polizei war in Aufruhr, Depeschen gingen hin und her, und im Morgengrauen verhaftete man Master Jackson in Boulogne, den diebischen Kutscher und den Hausdiener Joe, als sie sich gerade einschiffen wollten.
    Die Diamanten kehrten zwar an den Ort zurück, den sie niemals hätten verlassen sollen, doch nahm der Herzog die Angelegenheit darum nicht weniger bitter auf und misstraute dem Gebäude zunehmend, so als habe dieses ihn persönlich verraten. In diesem Desaster, wo er schon alles verloren hatte, nur nicht sein Vermögen, sollte er nun auch noch um dieses zittern? … Und inmitten dieser Widrigkeiten machte eine zweite, weit schlimmere Katastrophe das Maß voll. Infolge einer Neuordnung der Verwaltung erhielt das Gebäude, das bisher die Nummer 59 hatte, nun die Hausnummer 77. Mehr brauchte es nicht, damit der Herzog es so schnell wie möglich verlassen wollte: Seit langen Jahren bereits brachte er der Ziffer 7 eine abergläubische Abneigung entgegen und machte sie dafür verantwortlich, auf bösartige Weise in alle Fährnisse seines Lebens verwickelt zu sein.
    Der soeben eingetroffene Herr Smithson erhielt daher den Befehl, ein neues Haus für Seine Hoheit zu erwerben, und begab sich unverzüglich ans Werk. Er besichtigte mehrere Stadtviertel, durchforstete die Umgebung von Monceaux und entdeckte unfern des Parc des Princes ein leicht gebautes Landschloss mit zauberhaftem Ausblick, das der Herzog jedoch keinesfalls haben wollte, und so drängte er ihn schließlich dazu, das ehemalige Palais von Lola Montez 53 , der berühmten Gräfin von Landsfeld, zu besichtigen.
    Es lag, fast immer unbewohnt und von einem Zaun umgeben, am Ende der Champs-Élysées, es war recht ungepflegt und der Garten erschien Seiner Hoheit zunächst ziemlich wild und voller Gestrüpp. Als man schließlich die Schlüssel herbeigebracht hatte, erwiesen sich die Gemächer in noch weit schlimmerem Zustand. Die ausgeblichenen Tapetenbehänge verströmten einen muffigen Geruch; die Zimmer dienten als Rumpelkammer für verwahrloste Möbel; die Rahmen der völlig maroden Fenster zerfielen vor Fäulnis. Der Herzog hielt bisweilen kurz inne, um mit dem Finger auf eine Leiste zu klopfen oder ein Türgesims zu begutachten, dann zuckte er wortlos die Schultern. Sein Verdruss wuchs, dass er seine Zeit verlor in diesem Dornröschenschloss voller Staub und Spinnen, das vor Baufälligkeit zerbröselte. Er murmelte vor sich hin, stampfte mit dem Fuß und ließ die Finger durch seine Schnurrbarthaare gleiten, ein Zeichen unterdrückter Wut, dann lief er ganz rot an.
    «Ich sehe», sagte Herr Smithson kühl und drehte sich halb zu ihm um, «dass dies hier nicht nach dem Geschmack Seiner Erlauchtigsten Hoheit ist.»
    «Nicht nach meinem Geschmack … nicht nach meinem Geschmack …», schrie der Herzog, erleichtert darüber, dass er endlich lospoltern konnte, und darüber, dass er endlich etwas zum Lospoltern und Widersprechen gefunden hatte. «Sie wünschen doch nicht zufällig, dass es nicht nach meinem Geschmack wäre …? In diesem Fall haben Sie sich getäuscht, mein Herr … denn ich kaufe es.»
    Die Arbeiten begannen unverzüglich, mit einer unglaublichen Anzahl von Handwerkern, einer Fülle von an den Seiten des Gebäudes aufgestellten kleinen Hütten, mit Gießpfannen, Geleisen, Maschinen und sogar im Garten errichteten Werkstätten, in denen Tag und Nacht gearbeitet wurde. Es bedurfte so vieler Leute und dieser Betriebsamkeit, denn der Herzog wollte alles umgestalten und hatte bis auf das Treppenhaus, die vier Außenwände und das Dach im gesamten Haus kaum etwas gelassen wie zuvor. Sämtliche Pläne, Verträge, Bauanschläge, Kostenschätzungen gingen durch seine Hände. In seiner Langeweile verschlang er sie förmlich, um sich zu beschäftigen, und bald schon machte er sich persönlich auf, um die Arbeiter unangekündigt zu überraschen.
    So war er beim Aufstellen der Akroterien 54 aus vergoldeter Bronze und anderem pseudogriechischen Eisenkram zugegen, den er sich als Dekoration für die Giebellinie seines Daches in den Kopf gesetzt hatte, denn schließlich war er ein Kind der Epoche der unechten Parthenoi 55 , Glyptotheken und Pinakotheken. In seinem Kopf wirbelte im Übrigen alles durcheinander, alle Arten schlechten Geschmacks lebten dort in einem kunterbunten Reigen, sodass er furchtlos diese Stilimitate zusammenkittete und verlangte, an

Weitere Kostenlose Bücher