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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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sollte und man sie deswegen unter Druck gesetzt hat.«
    »Und? Hat dich das denn überhaupt nicht neugierig gemacht?« Er schaute sie durchdringend an. »Wencke, Wencke! Wie fühlt man sich, wenn einem das nach so langer Zeit klar wird, dass man eine Freundin derart hat hängen lassen, hä?«
    »Man fühlt sich mies«, gab sie zu. »Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich damals etwas von Doros Vermutungen mitbekommen hätte. Heute würde ich vielleicht genauer hinschauen, kritischer hinterfragen, hellhöriger sein. Aber es liegen eben einfach ein paar Jahre dazwischen, in denen ich kapiert habe, dass Gut und Böse manchmal teuflisch schwer voneinander zu unterscheiden sind.«
    Blöde, selbstgerechte Kuh. »Und was fängst du mit dieser Erkenntnis an?«
    »Ich werde herausfinden, was damals passiert ist. Das bin ich Doro schuldig.«
    »Bravo! Dann haben wir ja dasselbe Ziel.«
    »Wir hatten damals keine Ahnung, worum es bei der Entführung eigentlich ging. Es hieß, du hättest politische Forderungen gestellt, damit Jan wieder freigelassen wird. Aber was genau du bezweckt hast, darüber hat die Öffentlichkeit nie etwas erfahren.«
    »Hüffart war damals im Vorstand der Treuhand. Einer von denen, die unser Land auf dem Grabbeltisch verscherbelt haben. Unter anderem die Kreuma-Werke, wo schon mein Vater gearbeitet hat. Sollte einfach so an einen kapitalistischen Megakonzern aus den USA verkauft werden, mit allem Drum und Dran. Wir haben natürlich versucht, das Schlimmste zu verhindern. Die hatten damals Schiss vor uns, weil wir so verdammt hartnäckig waren. Und verdammt entschlossen.«
    »Aber die Sache mit Jan hast du doch alleine durchgezogen. Bis ganz zum Schluss, bis zum Mord.«
    Seine Handflächen begannen zu kribbeln. Das kannte er aus dem Knast. Immer, wenn die anderen ihn als Kindermörder fertigmachen wollten, lief eine glühend heiße Ameisenarmee über seine Haut und gab erst Ruhe, wenn er zuschlug. So weit konnte er es hier schlecht kommen lassen, die würden ihn gleich packen und mitnehmen. Aber er hatte nicht übel Lust, diese Klugscheißerin am Kragen zu packen und durchzuschütteln. Die hatte doch keine Ahnung!
    »Du hast Doro damals gesagt, dass es überhaupt nicht um die Fabrik geht, sondern um eine Formel.«
    »Woher weißt du davon?«
    »Mir liegen inzwischen drei Schriftstücke aus Doros Feder vor, darin hat sie euer Gespräch erwähnt.«
    Er schnappte nach Luft. Was Wencke da erzählte, war ein verdammter Brocken. »Wie lange dauert der Flug, dreieinhalb Stunden? Wenn wir nebeneinandersitzen, hab ich ja Gelegenheit, dir die Sache mal zu erklären. So, wie sie wirklich ist, undnicht der verquirlte Dünnschiss, den Hüffarts Leute daraus gemacht haben.«
    Eine uniformierte Frau kam die Treppe herunter, ein Funkgerät in der Hand, wahrscheinlich war sie vom Mietwagenmädchen gegenüber alarmiert worden, dass sich hier jemand dem Nichtraucherschutzgesetz widersetzte. »Würden Sie bitte sofort die Zigarette ausmachen!« Sie zeigte auf das mehrsprachig gehaltene Schild in ihrer Nähe. Rauchen verboten hieß auf Isländisch reykingar bannaðar.
    »Sind doch nur noch drei Züge«, antwortete Götze gelassen.
    »Sofort!«, sagte die Flugplatzpolizistin. »Oder Sie verlassen das Gebäude. Draußen gibt es deutlich gekennzeichnete Raucherbereiche.«
    Er zog drei Mal hintereinander hastig an seiner Zigarette, warf das Ding auf den Steinboden und trat die Glut aus. »Besser so?«
    »Heben Sie das auf!«
    »Haben Sie hier keinen Reinigungsdienst?«
    »Ich kann auch gern Verstärkung holen und Sie bis zur Überprüfung Ihrer Personalien in ein ziemlich enges und zudem beaufsichtigtes Büro bringen lassen. Aber dass Sie dann Ihren Flug noch bekommen, kann ich nicht garantieren.« Sie schaute ihn an, wahrscheinlich hatte sie diesen autoritären Blick von einem Wie-werde-ich-endlich-mal-ernst-genommen-Training mitgebracht. »Es wäre also vernünftiger, dass Sie sich kurz bücken, die Kippe aufheben und sie zum Aschenbecher nach draußen tragen, damit wir die Sache ganz schnell vergessen.« Ein Sicherheitsmann nahm Blickkontakt auf und näherte sich von den Check-in-Schaltern, er hatte seine Hand auf dem Gürtel, an dessen Seite sich eine Dienstpistole befand. Was für ein Riesenärger wegen einer blöden Zigarette!
    Doch dann wurde die Aufmerksamkeit aller auf etwas anderesgelenkt: Die Glastüren des Haupteingangs schoben sich auseinander und ein Pulk Journalisten und dunkel gekleideter Männer

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