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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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explodieren. »Was ist denn los?«
    »Ich will nicht in der Nähe von diesem Monster sitzen. Es macht mich wahnsinnig. Ich muss weg hier!«
    »Wir sind in einem Flugzeug«, erwähnte Wencke unnötigerweise.
    Hart umfasste Götze Wenckes Arm. »Manchmal muss man einfach raus. Das kannst du nicht verstehen. Du warst nie eingesperrt auf acht Quadratmetern!«
    Die Stewardess schob gerade wieder ihr Wägelchen durch den Gang und bemerkte sofort, dass etwas nicht stimmte. »Kann ich Ihnen behilflich …«
    »Schmeißen Sie das Arschloch raus!«, unterbrach Götze.
    »Entschuldigen Sie …«
    »Hüffart! Wenn Sie ihn nicht rausschmeißen, dann tu ich es!« Seinen freien Arm schwenkte Götze im weiten Bogen durch die Luft und riss dabei zwei Tetrapacks vom Servierwagen.
    Der Passagier in der Nebenreihe links – zum Glück ein eher ruhiger Vertreter – musste sich einen halben Liter Apfelsaft von der Hose wischen. »Halb so schlimm«, versicherte er und schickte ein charmantes Lächeln in Wenckes Richtung. »Hat ja noch Zeit zum Trocknen.« Wahrscheinlich ein Isländer, dachte Wencke, blond, bärtig, blauäugig, und die bleiben doch angeblich immer total locker, zumindest laut Beschreibung von Wenckes Mutter.
    Götze machte Anstalten, sich zu erheben, dabei rieb er seine Arme aneinander, als jucke es ihn am ganzen Körper. »Ich halte das nicht aus!«
    »Reiß dich zusammen, Frankie, die denken sonst noch, du bist geisteskrank!«
    Aber Wenckes Ermahnungen waren völlig zwecklos, Götzehielt sie weiterhin fest am Arm und wirkte, als sorge eine Portion Starkstrom für absolut ungesunde Energie. »Dann bin ich eben geisteskrank, gestört, ein Psychopath! Mir doch scheißegal. Alles, was ich bin, ist Hüffart in dreifacher Ausführung …« Jetzt erhob er sich tatsächlich und stand schief zwischen den engen Sitzen.
    Der Blick der Stewardess flog hilfesuchend über die Köpfe der anderen Passagiere hinweg, dann schob sie den Vorhang auseinander und bat einen der Businessclass-Stewards um Verstärkung. »Wir haben hier Probleme mit einem Passagier …«
    Mit einem Ruck stand Götze neben der Flugbegleiterin. Wencke hatte er mit sich gerissen, als wäre sie bloß eine Verlängerung seines rechten Arms. Woher nahm der dürre Kerl auf einmal diese Kraft? »Lassen Sie mich zu ihm!«, fauchte er und Wencke konnte sehen, dass sein Speichel das Revers der violetten Uniform bekleckerte. »Wenn Sie mich zu Hüffart lassen, wird Ihnen nichts passieren, okay?«
    Inzwischen bekamen die Reisenden ringsherum mit, dass etwas aus dem Ruder lief, kurze Rufe waren zu hören. Ein Mann meinte, die Situation entschärfen zu können, indem er sich erhob und einen militanten Ton anschlug: »Reißen Sie sich doch mal am Riemen!« Dabei schob er bereits seine Anzugärmel nach oben, als gäbe es gleich einen Nahkampf zu bewältigen. Seine neben ihm sitzende Frau zog ihn jedoch wieder auf den Platz. Besorgte Blicke trafen Wencke, und erst da wurde ihr bewusst, dass Götze sie hielt, als wäre sie seine Geisel. Sie versuchte sich zu befreien, da drehte Götze sich so plötzlich herum, dass ihr keine Sekunde zur Gegenwehr blieb. Jetzt lag sein Unterarm eng an ihrem Hals und er zwang Wencke, sich ins Hohlkreuz zu biegen. Sollte sie sich nur einen Zentimeter rühren, drosselte das die Luftzufuhr.
    »Lassen Sie mich zu Hüffart durch oder ich mache sie kalt!«
    Die Stewardess hatte ein Funkgerät an den Lippen und gabirgendeinen Code ans Cockpit durch. Wencke hatte keine Ahnung, zu welchen Maßnahmen die Crew eines Linienfluges in solchen Momenten griff. Hielten sie zwischen Tomatensaft und eingeschweißten Sandwiches eine Beruhigungsspritze parat, die durchgeknallte Passagiere aus den Schuhen riss? Oder planten sie eine Notlandung? Der Blick durchs Fenster zeigte, dass sie inzwischen die britische Küste erreicht hatten. Sollte Götzes Flug in London zu Ende sein?
    Hätte sie Luft und zudem die Möglichkeit, ihre Stimmbänder zu nutzen, würde sie auf ihn einreden, er solle es lassen, der alte Mann da jenseits des Vorhangs sei es nicht wert, die neue Freiheit aufs Spiel zu setzen. Doch der Würgegriff machte Wencke stumm, sie konnte nur hoffen, dass Götze selbst möglichst bald kapierte, wie hirnverbrannt er sich gerade benahm.
    Endlich tauchten zwei Männer im vorderen Gang auf, sie schienen beide zum Bordpersonal zu gehören. Zwischen ihnen erschien Silvies bleiches Gesicht.
    »Ich kenne diesen Kerl!«, schrie sie und zeigte auf Götze wie eine

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