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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Hundebesitzerin, die gleich »Los! Fass!« kommandieren würde. Tatsächlich wagten die beiden Stewards einen Schritt nach vorn.
    Götzes Arm drückte hart gegen Wenckes Kehlkopf, das Blut begann sich an ihren Schläfen zu stauen, die zu pochen begannen, er schien es wirklich drauf ankommen zu lassen. Wencke merkte, dass ihr Blick zunehmend verschwamm. Luft, um Himmels willen, sie brauchte Luft! Doch sein Griff wurde enger.
    »Sie müssen ihn festnehmen. Er ist ein Mörder! Er hat den Sohn meines Mannes umgebracht!«, kreischte Silvie.
    »Schnauze!«, schrie Götze. »Ich bin unschuldig!« Wencke fühlte, gleich würde die Sache hier eskalieren – und sie war die Erste, die es zu spüren bekam. Jetzt schon! Ihr Körper arbeitete auf Hochtouren, setzte alles daran, nicht zu ersticken. Aber Götze machte erbarmungslos weiter. »Der Mann da vorne istein Mörder! Was hat er mit Jan gemacht, hä? Kann mir mal jemand sagen, warum der Junge sterben musste?«
    Die Menschen an Bord blieben seltsam still, man hörte nur die Triebwerke dröhnen. Natürlich hatten sie alle Angst. Wer wusste schon, ob der Mann nicht doch eine Waffe dabeihatte? Eine Bombe im Gepäck? Er war schließlich ein Mörder, der würde schon wissen, wie man so etwas durch die Sicherheitsschleusen schmuggelte. »Lasst mich zu Hüffart. Nur er und ich! Jetzt! Sofort!«
    »Wenn Sie nicht sofort Platz nehmen und sich beruhigen, werden wir Sie ausboarden!«, teilte einer der Stewards betont ruhig mit.
    »Ausboarden? Was soll der Scheiß?«
    »Wir werden eine Zwischenlandung machen und Sie dort aussteigen lassen. Das Bodenpersonal wird sich dann Ihrer annehmen.«
    »Laber mich nicht voll, du Arsch«, brüllte Götze und drängelte sich in den Gang, die taumelnde Wencke im Schlepptau.
    »Setzten Sie sich wieder hin und trinken Sie erst einmal einen Tee zur Beruhigung«, schlug der Flugbegleiter allen Ernstes vor.
    »Ich werde mich beruhigen, sobald ich die Gelegenheit hatte, diesem alten Sack da vorn die Fresse zu polieren!«
    Silvies Stimme bekam einen hysterischen Klang: »Tun Sie endlich was!«
    Götze brodelte. So fest hatte er Wencke an sich gepresst, dass sein rasender Herzschlag an ihrem Rücken vibrierte. Bitte, dachte sie, hör doch auf! Du hast eh keine Chance. Niemand nimmt Rücksicht auf Wahnsinnige, die in einem voll besetzten Flugzeug randalieren und einem Haufen unschuldiger Leute Todesangst einjagen. Sie werden dich niederstrecken.
    Aber Götze bemerkte nichts von Wenckes tonlosem Flehen, stattdessen stürzte er vorwärts, stieß Silvie dabei rabiat zur Seite,sodass sie gegen den Trennvorhang fiel und den Samt beim Versuch, sich vor einem Sturz zu schützen, mit zu Boden riss. Der Sitznachbar zur linken Seite half ihr wieder auf, versuchte sogar, Silvie zu beruhigen. Da war er leider der Einzige weit und breit. Denn jetzt war es nicht mehr still, jetzt heulte ein kleines Mädchen in Reihe acht, jetzt forderten drei Männer, man solle doch endlich was tun, jetzt schrie eine Dame aufgelöst um Hilfe. Auch die Passagiere der Businessclass hielt nichts mehr auf ihren Sitzen. Wencke registrierte gerade noch, dass einige sich hinter ihren Lehnen versteckten, andere in eine Art Angriffsposition übergegangen waren. Dann zogen von links und rechts schwarze Wände in ihr Blickfeld, es war so weit, die Sinne verabschiedeten sich. Ihr wurde übel; wenn sie nicht gleich Luft bekam, wäre es aus. Luft!
    Das Letzte, was sie schemenhaft erkennen konnte, war ein alter Mann direkt vor ihnen, der erstaunt aufblickte, weil die dunkle Gardine ihn nicht mehr vom Rest der Welt abschnitt, und seelenruhig lächelte. »Ja bitte?«
    Damit entwaffnete er Götze schneller, als jeder andere es vermocht hätte. Dieses harmlose, fast freundliche »Ja bitte« ließ Götzes Muskeln weich werden, bis seine Arme herabfielen und Wencke sich lösen konnte, als wäre nichts geschehen. Sie ließ sich zu Boden sinken. Die ersten Atemzüge schmerzten geradezu in der Kehle und der ersehnte Sauerstoff sorgte für ein Gewitter in ihrem Schädel. Erst als ihr fremde Hände eine Atemmaske überstülpten, war sie in der Lage, wieder einigermaßen regelmäßig Luft zu holen. Gegen die Übelkeit kämpfte sie weiterhin an. Säure ätzte an ihrem trockenen Gaumen.
    Nur mit halbem Bewusstsein nahm sie wahr, dass die Flugbegleiter aus dem Nirgendwo ein Paar Handschellen gezaubert hatten, die Götze sich widerstandslos anlegen ließ, bevor sie ihn abführten. Jemand half Wencke, sich im Gang

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