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Götterfall

Götterfall

Titel: Götterfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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befürchtete Wencke.
    »Die Götterdämmerung meinen Sie?« Lena Jacobi zwinkerte ihr zu. »Die Isländer haben zum Glück ihre eigenen Komponisten.« Sie reichte Wencke das kopierte Tagesprogramm. Es sah nicht so aus, als ob heute Zeit bliebe, sich noch mal kurz aufs Ohr zu legen. Allein für die Stadterkundung waren sechs Stunden eingeplant. Und die Eröffnungsparty begann um 18 Uhr. »Zum krönenden Abschluss wartet im traditionsreichen Hotel Borg ein Galamenü auf uns. Als Ehrengast konnten wir übrigens Karl Hüffart gewinnen, darauf sind wir sehr stolz.«
    »Ich weiß, wir saßen gestern im selben Flieger.«
    »Es gab einen Zwischenfall, wie ich hörte?«
    »Nicht so wild.« Wencke hatte keine Lust, ins Detail zu gehen. Ihre blauen Flecken am Hals hatte sie mit einem Tuch kaschiert. Es war ihr lieber, das Drama baldmöglichst zu ver-gessen.
    Der Kellner brachte Lena Jacobi eine große Tasse Kaffee. Während sie trank, umfasste sie den Becher, als sei ihr kalt und dieses Heißgetränk die einzige Möglichkeit, ein bisschen Wärme aufzunehmen. Dabei schaute sie Wencke an. Ihre dunkelbraunen Augen waren wohl das Intensivste, was ihr Gesicht zu bieten hatte. »Waren Sie schon mal in Island?«
    Wencke verneinte. Sie hatte gerade kein Bedürfnis nach Smalltalk.
    »Man sagt, diese Insel sei ein Sehnsuchtsort.« Lena nahmeinen Schluck Kaffee. »Was verbinden Sie mit Island, Frau Tydmers?«
    »Darüber habe ich mir noch keine konkreten Gedanken gemacht.« Mussten alle Symposiumsgäste heute Morgen eine solche Fragestunde über sich ergehen lassen? »Geysire. Wasserfälle. Vulkane vielleicht noch. Da gab es doch diesen Ausbruch vor ein paar Jahren …«
    »Sie meinen den Eyjafjallajökull «, freute sich die Volontärin und sprach den merkwürdigen Zungenbrecher aus, als habe sie es jahrelang trainiert.
    »Ich kann mich noch daran erinnern, weil ich an dem Tag einen Flug gebucht hatte, der aufgrund der Aschewolke gestrichen wurde.«
    Lena rückte ein Stückchen näher, als wolle sie ein Geheimnis ausplaudern. »Ich will Sie ja nicht beunruhigen, aber einige Experten vermuten, dass es in den nächsten Tage wieder eine Eruption geben wird.«
    »So? Wieder der Eyjafa … fja …« Wencke gab es auf.
    »Nein, dieses Mal grummelt es im Vatnajökull -Nationalpark. Messungen haben ergeben, dass die Ansammlungen von Magma dicht unter dem Herðubreið auf eine aktive Phase hindeuten.« Sie holte eine weitere Karte hervor, auf der das ganze Land abgebildet war, und zeigte auf einen Punkt weiter östlich.
    »Dann werden wir die Katastrophe kaum zu Gesicht bekommen, Reykjavik befindet sich schließlich am anderen Ende der Insel«, kommentierte Wencke.
    »Sie haben das Programm noch nicht so ganz ausführlich studiert, oder?«
    »Ich bin kurzfristig für eine Kollegin eingesprungen«, rechtfertigte Wencke sich. »Warum?«
    »Weil wir bei unserer Rundreise natürlich auch den Nationalpark besuchen.«
    »Rundreise?«
    »Das Symposium ist so konzipiert, dass wir jeden Tag an einem anderen Ort tagen werden. Einmal rund um Island sozusagen.« Der Kreis, den sie nun auf der Landkarte zog, war riesig. »Die Isländer ticken immer ein bisschen anders. Und so hatte der Eventmanager bei AIT die Idee, das vorgegebene Thema dadurch aufzupeppen, dass wir die Teilnehmer an mystische Stätten bringen. Er ist eigentlich Ingenieur, arbeitet aber nebenbei noch in der PR-Abteilung, und – wie soll ich sagen – er steht auf diese Geschichten. Wo Sie sind, soll der Geist von Thor und Freya, von Odin und Frigg noch spürbar sein. Man kann nicht über isländische Sagen referieren und dabei in neonbeleuchteten Konferenzsälen hocken.«
    »Ganz schön viel Aufwand«, fand Wencke.
    »Sie werden aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.«
    »Aus dem Kofferpacken aber auch nicht«, sagte Wencke, selbst wenn es nach Spielverderberin klang.
    Lena ließ es sich nicht anmerken, falls der mangelnde Enthusiasmus ihrer Schutzbefohlenen sie kränkte. »Ich erläutere Ihnen gern noch einmal die Rundreise: Heute Reykjavik, morgen brechen wir Richtung Osten auf und übernachten ganz in der Nähe des größten Gletschersees. Wenn Sie James-Bond-Filme mögen, werden Sie die Landschaft wiedererkennen, dort wurden Im Angesicht des Todes und Stirb an einem anderen Tag gedreht.«
    »Ich mag keine Agentenfilme!«
    »Am vorletzten Tag versammeln wir uns an einem der atemberaubendsten Wasserfälle dieses Landes, dem Goðafoss . Auf dreißig Metern Länge stürzt sich eine

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