Götterfluch 2 - Die dunkle Priesterin
aus«, fiel es Nitis ein.
»Sie werden aber strengstens überprüft«, wandte Bebon ein. »Und selbst wenn wir diese erste Schranke überwinden könnten, sind wir noch längst nicht am Ziel! Der Wohnsitz der Gottesdienerin soll vollkommen unzugänglich sein.«
»Hast du nicht bei den Mysterienspielen in Karnak mitgemacht?«, fragte Kel.
Der Schauspieler machte ein verlegenes Gesicht.
»Die Tempelherrin legt nicht viel Wert auf dergleichen Zerstreuungen und hält sich mehr an ihre ständigen Priester als an flüchtige Gäste.«
»So wie ich dich kenne, hast du doch bestimmt Freundschaften geknüpft.«
»Sehr wenige. Theben ist nicht so gastfreundlich wie man meinen könnte. Und ich habe keine wichtigen Leute kennen gelernt.«
»Nicht einen einzigen Menschen, der im Tempel arbeitet?«, fragte Nitis nach.
»Nicht wirklich.«
»Vielleicht ist das die Lösung.«
»Bestimmt nicht. Die Lösung ist, diese Provinz zu verlassen und einen Ort zu finden, an dem wir vor Gem sicher sind.«
»Wenn jeder von uns sein Glück versucht, wird es doch einem gelingen, bis zur Gottesdienerin vorzudringen«, meinte Nitis.
»Ausgeschlossen«, gab Bebon zurück.
»Wer ist das denn, der nicht wirklich im Tempel arbeitet und den du kennst?«, fragte der Schreiber nach.
»Ein einfacher Mann ohne Einfluss.«
»Was ist sein Beruf?«
»Er ist Pförtner.«
»Und wer ist sein Herr?«
»Der Schreiber des Schatzmeisters.«
»Du kennst den Pförtner vom Schreiber des Schatzmeisters und hast es uns nicht gesagt!«
»Das hatte ich ganz vergessen.«
»Und er, wen kennt er in Karnak?«
»Den Obergärtner.«
»Das ist ja wunderbar! Du musst diesen Pförtner sofort treffen und um Hilfe bitten.«
»Nein, das mache ich nicht, das ist viel zu gefährlich.«
»Was ist denn mit dir los, Bebon?«, fragte Nitis erstaunt. »Ich muss schon sagen, du enttäuschst mich.«
Das schöne große Haus des Schreibers vom Schatzmeisteramt lag in einem riesengroßen Garten mit einer Mauer darum herum, die nur einen Eingang hatte, der den ganzen Tag von einem wehrhaften Türhüter bewacht wurde, der sehr stolz auf sein Amt war. Er hatte einen Besen aus Palmfasern und legte großen Wert darauf, dass sein Arbeitsbereich stets makellos sauber war.
Jeden Morgen übergab ihm der hohe Beamte eine Aufstellung mit den Namen der Besucher und Lieferanten. Der Türhüter überprüfte die Angaben, bat die Leute zu warten und verständigte den Hausverwalter. Alle, die aufdringlich waren oder betteln wollten, schickte er gnadenlos weg.
Als er gerade wieder seinen Besen schwingen wollte, dachte er, er sei Opfer einer Sinnestäuschung geworden.
»Du, Bebon! Bist du's wirklich?«
»Aber ja, ich bin wieder da. Und ich brauchte mal wieder deine Hilfe.«
Dem Pförtner verschlug es erst einmal die Sprache; dann sagte er: »Dir werd ich helfen, du Nichtsnutz. Hier kriegst du was mit meinem Besen!«
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V ergeblich versuchte Bebon, mit den Händen seinen Kopf zu schützen und den Schlägen auszuweichen.
»Hört auf, ich bitte Euch!«, rief Nitis.
Verwundert über das Eingreifen der jungen Frau unterbrach der Pförtner seine Tracht Prügel.
»Ihr seid wohl seine neue Geliebte?«
»Nein, einfach nur eine Freundin.«
»Das würde mich aber sehr wundern! Seine Freundinnen schleppt der Wüstling nämlich immer ins Bett.«
»Dieses traurige Schicksal ist mir erspart geblieben.«
»Falls das die Wahrheit ist, könnt Ihr den Göttern danken und solltet zusehen, dass Ihr das Weite sucht.«
»Warum schlagt Ihr Bebon?«
»Weil er meine kleine Aurora zuerst verführt und dann sitzen gelassen hat – ein braves, unschuldiges Mädchen.«
»Jetzt übertreib aber mal nicht«, mischte sich Bebon ein. »Erstens bin ich nicht ihr erster Liebhaber gewesen, und außerdem hab ich sie nicht gezwungen.«
Der Pförtner griff wieder nach seinem Besen.
»Und du hast sie wohl auch nicht schmählich im Stich gelassen, was?«
»Das hatte ich ihr aber gleich gesagt«, wehrte sich Bebon. »Wir haben ein Weilchen unseren Spaß, und dann geh ich wieder. Ich nehme an, sie ist nicht vor Kummer gestorben?«
Der Besen senkte sich wieder.
»Nein, das nicht gerade. Sie hat im Tempel, ganz am Rand der Wüste, Arbeit als Bienenzüchterin gefunden.«
»Ich verwende Honig sehr oft als Medizin«, erklärte Nitis. »Deshalb würde ich Eure Tochter gern treffen und mit ihr über ihre Arbeit reden.«
Der Pförtner war sehr beeindruckt von Nitis, beruhigte sich allmählich wieder und erklärte der
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