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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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sehr böse auf dich sein.«
    »Mama suchen«, beharrte Arlion störrisch und versenkte seine spitzen kleinen Zähne abermals in Felbs Hand.
    »Au!«, schrie dieser und ließ los. »Der ist ja schlimmer als die Hundewelpen meines Vaters.«
    Mit einem triumphierenden Grinsen rappelte sich Arlion auf und versuchte zu entkommen. Aber Thalia packte ihn am Kragen. »Bleib gefälligst hier!«, befahl sie, was allerdings nur zur Folge hatte, dass Arlion nun nach ihrer Hand schnappte.
    Felb sah sich unterdessen nach allen Seiten um. »Wenn wir jetzt schon mal hier draußen sind«, meinte er mit verschwörerisch gesenkter Stimme, »können wir doch eigentlich auch einen kurzen Blick auf den Kampfplatz werfen, meinst du nicht?«
    »Ja«, krähte Arlion und hörte auf, nach der Hand seiner Schwester zu schnappen. »Mama anschauen, Kämpfen anschauen. Gehen wir los, ja?« Er sah Thalia erwartungsvoll an.
    Diese rang eine Weile mit sich, weil sie an das Versprechen denken musste, welches sie Tarana gegeben hatte. Aber da sie nicht wie vereinbart im Versammlungszelt geblieben war, hatte sie ihr Wort sowieso schon gebrochen. Was machte es dann noch aus, wenn sie jetzt bis zum Rand des Lagers schlich, um von dort einen Blick auf den Kampfplatz beim Fluss zu erhaschen. Auch Thalia hatte nämlich inzwischen die Neugier gepackt.
    »Na gut«, erwiderte sie deshalb und ließ ihren Bruder los. »Aber danach gehen wir sofort zurück. Und du bleibst die ganze Zeit bei mir, hörst du?«
    »Ja«, antwortete ihr Bruder sofort, untermalt von heftigem Nicken. »Gehen jetzt, Mama schauen, los!«, kommandierte er dann.
    Daraufhin liefen die drei im Schutz der dicht stehenden Zelte in Richtung Lagerausgang. Ab und zu preschte eine Stammeskriegerin auf einem Pferd vorbei, aber keine von ihnen schien die Kinder zu bemerken. Schließlich hatten sie die äußerste Grenze des Instanoitlagers erreicht und legten sich zwischen den letzten Zelten ins Gras, um das Geschehen am Flussufer zu verfolgen.
    Es bot sich ihnen ein beeindruckender Anblick. Die Reiterinnen des Stammes galoppierten scharf an der nördlichen Uferböschung entlang, wo Thalia die Angreifer gespürt hatte, und schossen dabei so viele Pfeile den Abhang hinunter, wie sie konnten. Wenn sie an der Flussbiegung angekommen waren, hörten sie mit dem Schießen auf und ritten dann in einem weiten Kreis zurück zum nördlichen Flussufer, an dem sie erneut ihre spitzen Geschosse losschwirren ließen. So bildeten sie einen großen Ring aus niemals still stehenden Reiterinnen, die einen unaufhörlichen Pfeilhagel auf die Angreifer niederprasseln ließen, aber selbst nur schwer zu treffen waren. Bei diesem Dauerbeschuss gelang es den Gegnern noch nicht einmal, die Böschung zu erklimmen, sodass alles, was Thalia von den Feinden zu sehen bekam, hier und da eine dunkle Helmspitze oder ein über den Kopf erhobener, pfeilgespickter Schild war.
    ›Da ist Mama‹, dachte Arlion freudig.
    Inzwischen hatte auch Thalia ihre Mutter entdeckt, wie sie, ohne sich mit den Armen festzuhalten, auf ihrer schlanken braunen Stute namens Herbstwind saß – hoch aufgerichtet, mit einem Bogen in der Hand, von dem sie so schnell Pfeile abschoss, dass ihre Bewegungen beim Zusehen aus der Ferne beinahe verschwammen. Ihr langes, schwarzes Haar wehte im Wind und Thalia wünschte sich plötzlich, auch so wunderschön, groß und dunkelhaarig zu sein wie ihre Mutter. Sie hatte sich schon häufiger gefragt, warum eigentlich alle Istanoit außer ihr und Daia schwarze oder dunkelbraune Haare besaßen, sogar Tarana. Wegen der fehlenden äußerlichen Ähnlichkeiten zu ihrer Mutter war es schon oft vorgekommen, dass Thalia von Fremden für die Tochter der blonden Daia gehalten wurde. Aber der Grund für Thalias Aussehen war wohl ein ähnlich großes Geheimnis wie die Antwort auf die Frage, warum sie keinen Vater hatte.
    Ihre Gedanken schweiften ein wenig ab und ihre Konzentration richtete sich nicht mehr ausschließlich auf das Kampfgeschehen am Fluss, doch dann merkte sie auf einmal, wie sich erneut einige unangenehm finstere Denkfäden um ihren Geist zu wickeln begannen. Zunächst vermutete sie, die Feinde am Flussufer wären der Ursprung dieses Gedankengespinsts, aber ein vorsichtiges geistiges Tasten in diese Richtung offenbarte ihr zwar starke, oft äußerst verstörende Gefühle, aber nichts, was im eigentlichen Sinne als Denken gelten konnte. Sie kannte dieses stoßweise Aufflackern heftiger Empfindungen von Jägern, die in

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