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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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auf«, bat Thalia.
    »Der Kampf wird bald vorbei sein«, meinte Felb zuversichtlich. »Wahrscheinlich wird sowieso niemand nach uns suchen.«
    Thalia teilte diese Meinung nicht, aber sie schwieg. Felb stopfte die Enden des Stammes mit Moos und Blättern zu und bald drangen nur noch ein paar kümmerliche Reste Tageslicht ins Innere der Höhlung. Es begann nun allerdings unangenehm feuchtwarm und stickig zu werden, aber das mussten sie wohl einfach ertragen. Thalia zog das Amulett ihrer Mutter heraus und fingerte nervös daran herum. Nachdem sie ein wenig zur Ruhe gekommen war, tat sie ihr Bestes, um auch Arlion mit ihren Gedanken zu beruhigen, indem sie ihm die tröstende Geborgenheit zu vermitteln versuchte, die sie selbst bei der Berührung von Taranas Geschenk empfand.
    So verging eine lange Zeit, in der weiter nichts geschah. Die Schreie der Kämpfenden, das Krachen und Klirren der Waffen, das Getrappel von Pferdehufen, all das klang so dumpf und weit entfernt, dass es sie gar nicht mehr zu betreffen schien. Es war nur noch schwer zu begreifen, dass alle Menschen, die ihr etwas bedeuteten, gerade um ihr Überleben kämpfen mussten. Thalia wollte sich das lieber nicht vorstellen. Es war viel beruhigender zu glauben, dass schon alles gut ausgehen würde – so wie Felb gesagt hatte. Schließlich konnte niemand besser mit dem Schwert umgehen als ihre Mutter Tarana. Sie war die beste Kämpferin des Stammes und daher würde sie auch alle Schwarzhelme bezwingen – irgendwie.
    Doch da gab es eine unbarmherzige Stimme in Thalias Innerem, die ständig zu widersprechen versuchte. Dieser altkluge, besserwisserische Teil von ihr beharrte darauf, dass die Angreifer nicht nur zahlreicher, sondern mit ihren riesigen Schilden, den langen Lanzen und den Körperpanzern auch viel besser ausgerüstet waren als die Istanoit. Thalia wollte an die Unbesiegbarkeit der Mutter glauben, aber die mahnende, für Thalias Alter viel zu erwachsene Stimme tief in ihr sprach ständig von Niederlage, Tod und Gefangenschaft, bis ihr Tränen übers Gesicht zu laufen begannen. Sie wollte diese entsetzlichen Wahrheiten nicht wissen, sie wollte darauf vertrauen können, dass alles für immer so sein würde, wie es bis vor Kurzem noch gewesen war. Aber die Stimme weigerte sich zu verstummen und Verzweiflung machte sich breit.
    ›Ich muss mal!‹ Dieser dringende Gedanke ihres Bruders beendete abrupt Thalias trübsinniges Grübeln.
    ›Das geht jetzt nicht‹ gab Thalia in Gedanken zurück. ›Kneif die Beine zusammen.‹
    ›Hilft nicht‹, kam kurz darauf die Antwort von Arlion.
    Thalia wollte ihren Bruder gerade noch einmal zum Durchhalten auffordern, als sie plötzlich in der Nähe ein leises Knirschen vernahm, das sich mehrmals wiederholte. Fieberhaft begann sie zu überlegen, was die Ursache für dieses Geräusch sein könnte. Dann begriff sie: Es waren Schritte im Kies!
    Ihre Hand krampfte sich um Taranas Amulett. Ihr Körper und ihr Geist schienen gleichermaßen vor Schreck zu gefrieren. Auch Arlion erstarrte im selben Moment, da ihm ihre Anspannung nicht entgangen war. Sie lauschte weiter und wagte dabei kaum, Luft zu holen. Das Geräusch der Schritte verstummte. Stand jetzt jemand vor dem Baumstamm? War ihr Versteck entdeckt worden? Plötzlich ertönte ein abgehackter Schrei. Stimmen waren zu hören, mehrere tiefe Männerstimmen, aber auch eine einzelne helle von einem Jungen, es war – Felb!
    »Lasst mich los!«, hörte Thalia Felb rufen. »Ihr tut mir weh.«
    »Hör auf zu treten, du kleine Kröte«, ließ sich eine der dunklen Stimmen vernehmen, »sonst brech ich dir die Beine.«
    Thalia biss sich vor Angst auf die Lippen.
    »Sind hier noch mehr von euch versteckt?«, fragte der Mann.
    »Nein, ich bin allein«, erwiderte Felb und Thalia bewunderte ihn für den Mut, den diese Lüge ihm abverlangte.
    »Und was machen wir jetzt mit ihm?«, wollte ein anderer wissen.
    »Ich bring ihn zu den übrigen«, antwortete der erste Sprecher und seine Stimme verriet einen gewissen Unwillen. »Und du gehst das Ufer noch bis zur Flussbiegung da vorne ab.«
    Thalias Herz machte vor Schreck einen Satz. Die Männer hatten die Suche noch nicht aufgegeben. Dann würden sie sicher gleich zu ihrem Versteck gelangen. Am liebsten wäre sie davongelaufen, doch sie widerstand dem Drang, weil sie wusste, dass das nicht klug war. Ihre einzige Chance war, stillzuhalten und zu warten.
    Nun waren wieder die knirschenden Schritte zu hören. Sie kamen immer näher und

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