Götterschild
Malun wieder mit seinen Schmeicheleien. »Tatsächlich gibt es einen Schwachpunkt, der seiner Heiligkeit noch Sorge bereitet. Die Themuraia mögen am Boden nahezu unbesiegbar sein, aber sie können nun einmal nicht fliegen. Und es könnte geschehen, dass der Drache sich in die Lüfte erhebt, um von oben, außerhalb der Reichweite jedes Geschosses, seine tödliche Bosheit über Euren Truppen auszugießen. Selbst Ihr wäret dann völlig machtlos. Um das zu verhindern, wird der Citarim herrliche, geflügelte Kreaturen aus dem tiefen Süden hierherbringen, die dem Drachen seine Lufthoheit streitig machen sollen. Ich versichere Euch, Ihr werdet begeistert sein. Sobald sie das geschuppte Monster zur Landung gezwungen haben, seid Ihr am Zug. Euch obliegt die finale Vernichtung des Ungeheuers, keinem sonst.«
»Also gut«, Alton nickte, »das klingt einleuchtend. Aber was wird Arden mit seinen Truppen unternehmen, während wir auf den Citarim warten?«
»Der König erhält von mir die gleiche Anweisung, wie ich sie Euch gegeben habe«, entgegnete Malun. »Auch er soll sich gedulden und nichts weiter unternehmen, bis Seine Heiligkeit eingetroffen ist.«
»Ihr erteilt dem König Anweisungen?« Artons Lippen umspielte ein spöttisches Lächeln. »So ist also der Citarim der wahre Herrscher in Citheon, nicht mein Bruder.«
»Der Citarim ist der Schutzherr dieses heiligen Feldzuges«, umging Malun geschickt eine direkte Antwort. »Er kennt den Willen der Götter wie kein zweiter. Daher obliegt auch ihm die Entscheidungsgewalt über den geeigneten Zeitpunkt für diese göttergewollte Schlacht. Euer Bruder versteht das und fügt sich.«
»Ha, das wäre das erste Mal, dass er seine Geltungssucht einem höheren Ziel unterordnet«, erwiderte Arton verächtlich. »Ich würde mich an Eurer Stelle nicht zu sehr auf seinen Gehorsam verlassen.«
Malun lächelte und hob vielsagend seine dicken Augenwülste. »Wie ich schon zuvor nicht umhinkam zu bemerken, seid Ihr ein kluger Mann, aber nichts anderes habe ich von einem Erwählten der Götter erwartet. In der Tat sorgt sich Seine Heiligkeit darum, dass König Arden seiner leichtfertigen Natur nachgeben und ob seiner vermeintlich unbesiegbaren Streitmacht verfrüht in die Schlacht ziehen könnte.
Deshalb ist es nun meine Aufgabe, nicht von der Seite des Königs zu weichen, bis Seine Heiligkeit hier eingetroffen ist, um die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Euch dagegen vertraut der Citarim, sodass ich mich nach dem Überbringen dieser an Euch gerichteten Botschaft nun ganz dem König widmen kann.«
»Wenn das so ist«, meinte Arton kühl, »dann lasst Euch von mir nicht aufhalten.«
Für einen Wimpernschlag brach die Fassade aus heuchlerischen Worthülsen, hinter der sich der Sondergesandte so vollendet zu verbergen verstand, in sich zusammen und kalte Wut blitzte Arton aus Maluns tiefliegenden schmalen Augen entgegen. Gleich darauf fand er aber seine Fassung wieder.
»Ich hatte zwar gehofft, bei Euch ein wenig Erholung von den Unbilden der Reise zu finden«, bemerkte er und neigte dabei ergeben den Kopf, »aber Ihr habt sicher recht, wenn Ihr mich daran erinnert, dass meine Aufgaben keinen Aufschub dulden. Daher möchte ich mich von Euch verabschieden, Erwählter, und ebenso von Euch, Erleuchteter Nataol. Möge Cits Auge allzeit über Euch wachen.«
Der Vertraute des Citarim machte drei Schritte rückwärts, die trotz seiner Leibesfülle geradezu galant aussahen, bevor er Arton und Nataol den Rücken zukehrte und wieder in die unter seinem Gewicht ächzende Kutsche kletterte.
Nachdem die Besucher verschwunden waren, begann Nataol leise vor sich hin zu lachen. »Ich glaube, so rüde ist schon lange niemand mehr mit Malun umgesprungen. Und dabei hat er sich solche Mühe gegeben, Euch für sich einzunehmen.«
»Ihr kennt diesen Kerl?«, fragte Arton überrascht. »Ihr habt mir nie etwas von ihm erzählt.«
»Weil es nichts zu erzählen gibt«, meinte Nataol achselzuckend. »Niemand weiß, woher dieser Mann eigentlich kam und warum der Citarim ihn zu seinem engsten Vertrauten bestimmt hat. Er bekleidet noch nicht einmal den Rang eines Erleuchteten, sondern ist lediglich ein Erhabener, also ein einfacher Priester. Er versteht es mit Worten umzugehen, aber das ist auch schon alles. Eine andere Qualifikation vermag ich nicht zu erkennen. Ausgeprägte Tugendhaftigkeit oder etwa Wahrheitsliebe zeichnen ihn jedenfalls nicht aus. Meiner Ansicht nach verdient er keinerlei Respekt und
Weitere Kostenlose Bücher