Götterschild
Hände über seinem Bauch. »Ich muss allerdings zugeben, dass das Warten auf die fliegenden Wölfe Kersilons uns eines entscheidenden Vorteils beraubt. Denn den Überraschungsmoment werden wir in Kürze nicht mehr auf unserer Seite haben.«
»Wäre es dann nicht klüger, den Drachen sofort anzugreifen?«, entgegnete Arden hitzig. »Wenn wir ihn in seinem Bau überraschen, kann er auch nicht davonfliegen und wir benötigen diese Flugwölfe nicht. Und selbst wenn es ihm gelingt, in die Luft zu entkommen, dann ziehen wir uns eben wieder hinter die Mauern von Arch Themur zurück, wo wir vor ihm sicher sind.«
Malun räusperte sich und trommelte voller Unruhe mit den Fingern auf seinem Wanst herum. »Ganz im Vertrauen«, er sprach leiser und beugte sich etwas nach vorn, so als fürchte er, belauscht zu werden, »diesen Vorschlag habe ich dem Citarim ebenfalls unterbreitet, als es sich abzuzeichnen begann, dass die Einheiten aus Kersilon noch länger auf sich warten lassen würden. ›Eure Heiligkeit‹, sagte ich, ›Arden Erenor ist der beste Feldherr, den wir haben, und noch dazu führt er Ecorims Schwert. Warum sollen wir ihn nicht sein Glück versuchen lassen‹?« Der Priester seufzte. »Aber wie es scheint, und bitte verzeiht mir meine Offenheit, hält Euch seine Heiligkeit noch für zu unerfahren, um mit einer solchen Herausforderung angemessen umzugehen. Deshalb beabsichtigt der Citarim, keinerlei Risiken einzugehen und erst mit der Schlacht zu beginnen, wenn die Flugwölfe und er selbst hier eingetroffen sind. Seine Befehle waren eindeutig: Ihr sollt unter keinen Umständen die Festung verlassen.«
Groll verdunkelte Ardens gewöhnlich so heitere Gesichtszüge. »Seine Befehle?«, knurrt er. »Ich bin immer noch der König von Citheon und nicht einer seiner Lakaien. Ich werde selbst entscheiden, was das Beste ist. Er hält mich für zu unerfahren? Das werden wir ja sehen.«
Malun gab sich betroffen. »Ich verstehe ja Euren Zorn, aber der Citarim hat Euch schließlich zu dem gemacht, was Ihr heute seid, vergesst das nicht. Ohne seine Zustimmung wird es keiner der Offiziere wagen, irgendetwas zu unternehmen.«
»Glaubt Ihr das wirklich?« Stolz hob Arden den Kopf. »Erinnert Ihr Euch nicht mehr, was ich bei Königswacht vollbracht habe? Meine Soldaten würden mir überallhin folgen und zudem ist der Citarim nicht einmal hier.« Er funkelte den feisten Kirchendiener böse an. »Und Ihr wollt Euch doch sicherlich nicht gegen mich stellen, oder?«
Malun umklammerte die Lehnen seines Stuhls. »Ich … ich sagte ja bereits«, stammelte er, »dass ich den Plan des Citarim nicht in allen Punkten gutheiße, besonders weil es bei einer weiteren Verzögerung durchaus geschehen kann, dass ein früher Wintereinbruch den Therimpass unpassierbar macht und den Citarim mit seinen Truppen von uns abschneidet. Dann müssten wir den Angriff aufs nächste Frühjahr verschieben.«
»Seht Ihr«, rief Arden, »das ist doch Irrsinn! Ich habe nicht die Absicht, an diesem ungastlichen Ort auch nur einen Tag länger zu bleiben als nötig und auf gar keinen Fall will ich hier überwintern. Also kann ich mit Eurer Unterstützung rechnen?«
Der Gesandte schluckte. »Ihr könnt nicht von mir verlangen, irgendetwas gegen den Befehl meines Glaubensführers zu unternehmen. Aber, so wie ich das sehe, habe ich meine Aufgabe erfüllt, indem ich Euch die Botschaft des Citarim übermittelte. Alles Weitere liegt bei Euch, Majestät.«
»Gut, das genügt mir«, erwiderte Arden. »Ihr könnt jetzt gehen.«
Malun erhob sich für seine Verhältnisse sehr rasch und verbeugte sich vor dem König. »Ihr seid ein mutiger Mann, Majestät, wenn mir diese Bemerkung gestattet ist, und Ihr werdet Eurem Vater immer ähnlicher«, meinte er anerkennend, während er sich rückwärts dem Zeltausgang näherte.
»Ich denke, es wird höchste Zeit, dass ich anfange, ein richtiger König zu sein«, gab Arden mit strahlenden Augen zurück. »Ich habe viel zu lange getan, was mir gesagt wurde.«
»Cit mit Euch, Majestät«, sagte Malun zum Abschied, drehte sich um und verließ das königliche Zelt. Kaum hatte sich jedoch die Zeltplane wieder hinter ihm geschlossen, stahl sich ein selbstzufriedenes Lächeln auf seine breiten Lippen. Der Citarim würde mit ihm zufrieden sein.
SCHWARZES HERZ
A m Mittag des zweiten Tages nach ihrem Aufbruch aus Seewaith erreichten Targ, Belena, Selira und Rai den Furchenstein, der die engste Stelle der Landbrücke von Melessens
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