Götterschild
somit war Euer Verhalten ihm gegenüber gerade angemessen.«
»Dennoch schien ihm diese respektlose Behandlung nicht viel auszumachen«, wunderte sich Arton. »Zum Schluss schien er sogar regelrecht zufrieden.«
»Ihr seid in seine Gedanken eingedrungen?«, fragte Malun verblüfft.
»Ich habe es die ganze Zeit über versucht während unseres Gesprächs«, räumte Arton ein, »aber der Priester war stets auf der Hut und verschloss sein Denken vor mir. Erst als ich ihn dann mit meiner letzten Bemerkung absichtlich vor den Kopf stieß, ließ er seine Deckung ein wenig fallen. Erstaunlicherweise währte sein Ärger nur kurz und als er uns dann verließ, konnte ich eher so etwas wie verhaltene Erleichterung spüren, als hätte er trotz allem erreicht, was er wollte.«
»Immerhin hat er Euch am Ende dazu gebracht, den Anweisungen des Citarim Folge zu leisten«, erinnerte ihn Nataol, der von dieser Erklärung selbst nicht gänzlich überzeugt zu sein schien.
»Ich denke, da steckt mehr dahinter«, murmelte Arton vor sich hin. »Ich weiß nur noch nicht, was.«
Kaum hatte Malun die Festung von Arch Themur erreicht, suchte er das Zelt des Kommandanten Fadwen auf, der, wie der Sondergesandte wusste, unter anderem für die Wacheinteilung des königlichen Heerlagers verantwortlich war. Die zwanzig, dreißig hastigen Schritte von seiner Kutsche vor den Schreibtisch des Offiziers brachten Malun in erhebliche Atemnot, sodass er nur stoßweise sprechen konnte: »Kommandant … ich habe … einen Befehl für Euch … vom Citarim«, keuchte er, zog ein Taschentuch aus seinem weiten Ärmel und tupfte sich den Schweiß von der Stirn.
Erstaunt erhob sich der Kommandant hinter seinem von Pergamenten überladenen Schreibtisch. »Und was wäre das, Erhabener Malun?«
»Sollte hier ein kräftiger Kämpfer auftauchen …« Der Sondergesandte schöpfte noch einmal tief Atem, um dann wieder etwas ruhiger weitersprechen zu können. »Sollte ein kräftiger, dunkelhaariger Krieger mit einer langen, beinahe senkrechten Narbe über dem linken, zugenähten Auge hierherkommen und den Wunsch äußern, zum König vorgelassen zu werden, dann bringt ihn unter allen Umständen zu mir. Seid höflich und legt auf keinen Fall Hand an ihn, denn er ist gefährlich. Egal, was er sagt, er darf nicht zum König gelangen, habt Ihr das verstanden? Ihr müsst diese Befehle an alle Wachen der Festung weitergeben, damit jeder Wachhabende weiß, wie er sich verhalten soll, wenn er diese Person vor sich hat. Das ist von äußerster Wichtigkeit, Kommandant. Enttäuscht mich nicht.«
»Natürlich nicht, Erhabener«, versicherte der Offizier, der es offenbar gewohnt war, solche Anweisungen nicht zu hinterfragen. »Es wird alles so geschehen, wie Ihr es mir aufgetragen habt.«
»Das will ich Euch auch geraten haben.« Malun wandte sich um. »Cit mit Euch«, wünschte er im Hinausgehen. Es war wirklich ein Segen, dachte Malun, dass ihn die Autorität des Citarim auch so fern der Heimat noch in die Lage versetzte, den Soldaten des Königs Befehle zu erteilen, ohne die Zustimmung des Herrschers zu benötigen. Auf diese Weise konnte er der Gefährdung des göttlichen Plans rechtzeitig entgegentreten, welche durch die höchst ärgerliche Indiskretion des Erleuchteten Nataol verursacht worden war. Arton wusste nun zwar, dass sein ungeliebter Bruder Arden König von Citheon war und hier in Arch Themur die Truppen der Ostlande befehligte, aber Malun hatte bei ihrem Treffen dafür gesorgt, dass es für den Erwählten vorläufig keine Veranlassung gab, die Konfrontation mit seinem Bruder zu suchen. Falls er dies aber dennoch beabsichtigte, würde jetzt die gesamte Festungsbesatzung eine Begegnung der beiden zu verhindern versuchen. Denn Arden musste erst noch seine Aufgabe erfüllen, bevor man ihn Arton überlassen konnte.
Während der Citarimgesandte sich gedanklich selbst zu seiner vorausschauenden Planung gratulierte, entging ihm allerdings der grimmige Blick, den ihm der Festungskommandant beim Verlassen des Zeltes nachwarf. Fadwen zeigte sich ganz und gar nicht begeistert von dem Gehorsam, den der Kirchendiener wie selbstverständlich von ihm verlangte, obwohl dies offenbar hinter dem Rücken des Königs geschah. Der Offizier sah sich als Soldat Citheons, einzig und allein seinem Herrscher verpflichtet. Die Kirche hatte kein Recht, über weltliche Angelegenheiten zu bestimmen, dennoch geschah das bereits seit Jahren. Es wurde Zeit, dass sich das änderte und der
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