Götterschild
bereiteten ihm diese Worte körperliche Schmerzen. »Das Handeln des Kirchenoberhauptes in jüngster Vergangenheit deckt sich nicht mehr mit meiner Vorstellung von Göttergefälligkeit. Selbst eine makellose Welt voller Frieden und Wohlstand darf nicht mit der Vernichtung und Versklavung eines ganzen Volkes erkauft werden. Das können die Götter nicht gewollt haben, nicht die Götter, an die ich glaube.«
Arton nickte bewegt. »Mit diesen Worten bringt Ihr meine eigenen Zweifel zum Ausdruck. Aber solche Dinge aus Eurem Mund zu hören, überrascht mich. Offen gestanden erschüttert es mich sogar ein wenig. Ihr wart Euch immer so … sicher.«
»Nicht mehr, Alton«, sagte Nataol bekümmert, »nicht mehr.«
Arton atmete tief durch. »Also gut, wir dürfen jetzt keine weitere Zeit verlieren. Wir müssen verhindern, dass der Citarim das Heer der Ecorimkämpfer abfangen kann. Wie viel Zeit bleibt uns noch?«
»Nicht viel«, antwortete Nataol, »der Citarim hatte das Verhör bereits abgeschlossen, als ich mich auf die Suche nach Euch begeben habe.«
»Hatte er Fendralin bei sich?«
»Ich denke nicht«, entgegnete Nataol stirnrunzelnd. »So viel ich weiß, ist die Götterklinge in seinem Zelt, wo sie gut bewacht wird. Was habt Ihr vor?«
»Der Citarim darf Fendralin nicht verwenden«, erklärte Arton. »Es war ein großer Fehler, ihm das Schwert zu überlassen.«
»Wollt Ihr Fendralin etwa an Euch nehmen?« Nataol klang entsetzt. »Das birgt große Gefahren.«
Arton schüttelte entschlossen den Kopf. »Nein, ich habe meine Lektion gelernt. Mir wurde bereits eines der Götterschwerter anvertraut. Fendralin gehört Arden.«
Ein erleichtertes Lächeln huschte über die Lippen des Priesters. »Ihr glaubt nicht, wie sehr mich dieser Entschluss freut. Wie kann ich helfen?«
»Ihr werdet als Opfer herhalten müssen«, eröffnete ihm Arton unvermittelt.
Nataols Brauen hoben sich. »Ich hoffe, nur im übertragenen Sinne.«
»Nein.« Arton zog einen Dolch aus dem Gürtel. »Eigentlich im ganz wörtlichen Sinne.«
Arton musste nur der dröhnenden Geiststimme des Citarim folgen, um ihn zu finden. Wie erwartet war der Glaubensführer bereits dabei, seinen Soldaten gedankliche Instruktionen zu erteilen. Offenbar beabsichtigte er trotz der Macht Fendralins nicht, ohne entsprechenden Geleitschutz der Armee der Ecorimkämpfer entgegenzutreten.
Als der Citarim geendet hatte, sprach Arton ihn an und wappnete dabei seinen Geist, damit seine Gedanken ihn nicht verraten konnten. Er gab sich unwissend: »Bereitet Ihr Eure Truppen schon auf den Zug gegen den Drachen vor?«
Die durchdringenden Vogelaugen fixierten Arton und es ließen sich trotz aller Selbstbeherrschung Spuren von Überraschung darin erkennen. »Erwählter«, bemerkte der Citarim in seinem gewohnt herrischen Tonfall, »solltet Ihr nicht bei den Themuraia sein?«
»Das Heer steht bereit«, behauptete Arton, obwohl er keine Ahnung hatte, was die von seiner direkten Einflussnahme befreiten Themuraia inzwischen getan hatten. »Allerdings erstaunt es mich, dass Ihr Euren Truppen schon so zeitig den Aufbruch befehlt, denn ich dachte, wir würden zumindest noch diese Nacht hier in der Ebene lagern. Ich hatte gehofft, wir könnten noch die Angelegenheit mit Megas …«
Der Citarim gebot ihm mit einer unwilligen Handbewegung Schweigen. »Ich verstehe, dass es Euch danach verlangt, Eure Rache zu bekommen, dennoch ist es überflüssig, mich daran zu erinnern. Was Euch versprochen wurde, werdet Ihr selbstverständlich auch erhalten. Jetzt ist allerdings nicht der geeignete Zeitpunkt.« Der Citarim wandte sich zum Gehen, aber Arton ließ sich nicht so leicht abschütteln:
»Aber wenn wir heute bereits aufbrechen, dann ergibt sich doch kaum noch eine Gelegenheit für mich, Megas wie von Euch geplant gegenüberzutreten. Meine Rache wäre nicht halb so befriedigend, wenn ich dem verfluchten Bastard nicht in die Augen schauen könnte, während ihm sein bevorstehender Untergang verkündet wird.«
Der Citarim hielt inne und drehte sich noch einmal um. »Eure Sorge ist gänzlich unbegründet«, versicherte er Arton, zunehmend ungehalten über dessen Beharrlichkeit. »Wir werden heute nicht zum Drachenhort aufbrechen. Es handelt sich vielmehr um eine unbedeutende Störung durch eine heranrückende Reiterschar, der ich mich mit einigen Einheiten meiner Fardjanikrieger annehmen muss.«
»Eine feindliche Reiterschar?«, spielte Arton weiter den Ahnungslosen. »Wer würde es denn
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