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Götterschild

Titel: Götterschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Rothballer
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vernichten, um ihr Netz der Unterdrückung über die gesamten Ostlande zu spannen.« Er erhob sich. »Und gerade deshalb möchte ich noch einmal darauf zurückkommen, dass uns mit der Drachenschuppe die Möglichkeit gegeben ist, den Drachen auf unsere Seite zu ziehen. Er muss das gleiche Interesse daran haben wie wir, den Citarim zurückzuschlagen, und wenn er so intelligent ist, wie sich nach den vielen Geschichten, die ich heute über ihn gehört habe, vermuten lässt, dann wird er das auch erkennen. Stellt euch nur vor, was es bedeuten würde, wenn wir solch ein machtvolles Wesen als Verbündeten gewinnen könnten!«
    »Hört auf damit!«, schrie Zottelbart so laut, dass alle zusammenfuhren. Er funkelte Thalia böse an. »Ich wünschte, du hättest diese Sache für dich behalten, das wünschte ich wirklich. Jetzt haben wir die Bescherung. Sie wollen ihn rufen. IHN rufen!«
    Er begann wie ein Besessener, mit den Händen herumzufuchteln. Wenn in der vorangegangenen Unterhaltung der Eindruck entstanden war, sein Gebaren befände sich auf dem Weg zurück zur Normalität, so konnte davon nun keine Rede mehr sein.
    »Ihr versteht das nicht«, zeterte er weiter. »Ich verstecke mich hier seit so vielen Jahren, weil ER dort oben ist. Immer wachsam, niemals müde. Sein feuriger Geist hält Ausschau nach mir, ja, Ausschau, immerzu und überall. Nur hier kann er mich nicht kriegen. Hier nicht. Ich lebe unter der Erde, sicher vor seinen Gedanken. Bis die Festung fiel, lebte mein ganzes Geschlecht hier, ging niemals hinaus vor die Tore, weil er dort auf uns wartete. Und ihr wollt ihn jetzt rufen, wollt ihn hierherbringen? Ich sage euch, er ist zu einem Rachedämon geworden, ein geflügelter Gedanke der Vergeltung, so heiß wie Schmiedefeuer. Er wird jeden verglühen lassen, der es wagt, mit seinem Geist in Verbindung zu treten, oh ja, das wird er. Erregt nicht seine Aufmerksamkeit, seid nicht so töricht, ihr werdet es bereuen, das werdet ihr …«
    »Ist ja gut«, fiel ihm Meatril ins Wort, der sich für diesen Ausbruch des Alten verantwortlich fühlte, »nun reg dich doch nicht so auf. Es war nur ein Vorschlag.«
    »Warum sollte der Drache denn ausgerechnet dich und deine Familie mit seinem ganzen Hass verfolgen?«, fragte Arton auf einmal in höchster Anspannung. Er baute sich in seiner vollen Größe vor dem Einsiedler auf. »Wer bist du?«
    Zottelbart sah Arton direkt an. Das halb wahnsinnige Glitzern im Blick des Eremiten traf auf das kalte Funkeln in Artons einzelnem dunklem Auge. »Der Drache will Rache für den Tod seines Jungen«, gab Zottelbart gedehnt zurück. Er hielt Artons Blick stand. »Elban Ikarion erschlug den Echsenspross. Seine Nachkommen sind verflucht. Sie mussten sich in Arch Themur verbergen, damit der Drache sie nicht aufspürt und tötet. Das ist das Schicksal aller Ikarion.«
    »Du bist also ein Ikarion«, rief Arton. Er packte den Einsiedler an seinem zerlumpten Wams. »Wie ist dein Name?«
    Ein schiefes, debiles Lächeln kroch über Zottelbarts Lippen, während er wie ein nasses Bündel ohne Gegenwehr in Artons festem Griff hing. »Man hat mir schon viele Namen gegeben, die meisten davon sind nicht sehr schmeichelhaft. Mit Sivalin Darellan war ich vermählt, deiner Mutter, die mir von Ecorim genommen wurde.« Plötzlich standen Tränen in den Augen des alten Mannes. »Einst oblagen beide Götterklingen meiner Obhut, ich war ihr Hüter. Groß war meine Macht, unbeugsam mein Stolz und tief mein Fall.« Seine Stimme flackerte wie eine Kerzenflamme kurz vor dem Verlöschen. »Sie nannten mich einst den Hüter, den Hüter der Klingen, ›Badach‹ in unserer Sprache. Ich bin Hador Badach aus dem Hause Ikarion.«
    Zutiefst erschrocken ließ Arton den Einsiedler los und taumelte zurück. Gleichzeitig rissen Arden, Meatril und Targ ihre Klingen aus der Scheide, bereit, den so unvermutet wiedergekehrten Fluch des Nordens, den dunklen Herrscher der ehernen Feste, nun endgültig ins Schattenreich zu schicken.
    »Nicht!«, brüllte Arton entsetzt. »Das ist mein Vater.« Entgeistert ließen die Ecorimkämpfer ihre Schwerter sinken. Arton warf Tarana einen verzweifelten Blick zu, die ebenso fassungslos wirkte wie alle anderen im Zelt. Dann hastete er wortlos hinaus in die mittlerweile über die Festung hereingebrochene Dunkelheit.

 
AUS DER NOT GEBOREN
     
    A rton starrte von den gewaltigen Mauern der ehernen Feste in die Nacht hinaus. Im Heerlager des Citarim tanzten zahlreiche kleine Lichtpunkte zwischen

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