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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ansehen sollten.«
»Warum?«
»Das weiß ich selbst nicht«, gestand Andrej. »Aber es gefällt mir nicht. Irgendetwas stimmt hier nicht.« »Wahrscheinlich habt Ihr recht«, sagte Gordon. »Aber Ihr solltet Euch beeilen. Wir werden nicht auf euch warten.«
Andrej hatte vorgehabt, die Marschkolonne in gebührendem Abstand passieren zu lassen und ihr dann zu folgen, aber die in scharfem Tempo marschierenden Reihen schienen kein Ende zu nehmen. Es mussten Hunderte Soldaten sein, viele Hundert, und während Abu Dun und er von Deckung zu Deckung huschten und sich dabei langsam dem vorderen Ende der Kolonne näherten, hatte er abermals das Gefühl, dass etwas mit diesen Soldaten nicht so war, wie es sein sollte. Sie hatten zahllose marschierende Soldaten gesehen, seit sie in dieses Land gekommen waren, das zum Krieg gegen seinen Erzfeind rüstete, und die Männer unterschieden sich weder in ihrer Kleidung noch Bewaffnung von allen anderen, denen sie begegnet waren. Auch marschierten sie im Gleichschritt wie alle anderen; und zugleich ein wenig ungelenk. Als hätten sie zeitlebens etwas anderes gelernt, sodass ihnen die Bewegungen nun ungewohnt erschienen und sie kurz davorstanden, wieder in ihre alten Gewohnheiten zu verfallen.
Und trotzdem begriff er die wahre Bedeutung dessen, was er beobachtet hatte, erst, als er das Schiff sah, das die Kolonne ansteuerte.
Abu Dun und er ließen fast ein Drittel ihrer knappen Frist verstreichen, während sie in ihrem Versteck standen und der schier endlosen Schlange von Soldaten zusahen, die an Bord der EL CID gingen und unter Deck verschwanden, bevor sie kehrtmachten und zu der wartenden Galeere zurückeilten.

18

S
    ie erreichten die Ninja im allerletzten Moment. Die Planke war bereits eingeholt, und als sie näher kamen, hörten sie ein gleichmäßiges, schweres Platschen; das Geräusch, mit dem die zwölf Meter langen Ruder ins Wasser gelassen wurden. Gordon entdeckte sie, als sie noch ein Dutzend Schritte entfernt waren, und bedeutete zweien seiner Männer, die Planke noch einmal anzulegen, doch Abu Dun und Andrej sprangen die wenigen Meter kurzerhand auf das Deck der Galeere hinab. Gordon hob nur überrascht die linke Augenbraue, während die beiden Matrosen vor Schreck die Planke fallen ließen und einer einen Hüpfer zurück machte und um ein Haar über Bord gegangen wäre. Den Bauern der Ninja war eine Reling wohl überflüssig erschienen.
    »Eines muss man euch lassen«, sagte Gordon. »Ihr seid pünktlich.«
»Und Ihr scheint ein Mann zu sein, der zu seinem Wort steht«, antwortete Abu Dun verschnupft.
»Ich habe euch gesagt, dass wir nicht auf euch warten«, erwiderte Gordon gelassen.
Abu Dun setzte zu einer Antwort an, die vermutlich schärfer ausgefallen wäre, doch in diesem Moment sah Andrej, dass Rodriguez und sein Adjutant ebenfalls näher kamen, und bedeutete Abu Dun mit einer raschen Geste, zu schweigen. Er wartete, bis sie in Hörweite waren, und fuhr dann, direkt an Gordon gewandt und in ernstem Ton fort: »Dabei wäre es besser gewesen, Ihr hättet auf uns gewartet, Capitan. Wir haben Neuigkeiten, die Euch interessieren dürften. Und Euch auch, Colonel.« »Die Soldaten«, vermutete Gordon, während Bresto, wie Andrej beobachtete, unruhig wurde.
»Sie gehen an Bord der EL CID«, bestätigte Andrej. »Mindestens fünfhundert Mann, wenn nicht mehr.«
    »Das ist die normale Besatzung für ein Schiff dieser Größe«, sagte Rodriguez. »Sie gehen vielleicht ein wenig früh an Bord …«
»Und es sind auch keine Marinesoldaten«, unterbrach ihn Andrej.
»Jedenfalls keine spanischen«, fügte Abu Dun hinzu. Bresto war jetzt nicht mehr der Einzige, der den Nubier anstarrte. »Wie meint Ihr das?«, fragte Rodriguez schließlich. »Wer soll es sonst sein?«
»Es sind an die fünfhundert Mann, Colonel«, sagte Abu Dun. »Kommt Euch diese Zahl irgendwie bekannt vor?« Rodriguez schwieg, aber seinem Gesicht war anzusehen, dass es in ihm arbeitete, bis Bresto leise das ungute Schweigen brach: »Die Kriegsgefangenen.« »De Castellos angebliche Arbeitssklaven, ja«, sagte Abu Dun. »Ich fand, dass man sie erstaunlich gut behandelt, vor allem, wenn man bedenkt, wer der Mann ist, der über ihr Leben entscheidet.« Er lachte humorlos. »Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich noch niemals in einem Gefängnis war, in dem eine solche Stimmung geherrscht hat.«
»Und Ihr wart in einer Menge Gefängnisse, vermute ich«, sagte Rodriguez. Abu Dun griente.
»Aber das ergibt doch

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