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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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empfinden, kurzlebig, wie sie waren. Schritte rissen ihn aus seinen Gedanken. Es waren Rodriguez und sein Adjutant. Rodriguez sah immer noch besorgt und zugleich grimmig entschlossen aus, während Bresto der langsam größer werdenden EL CID nur einen eher flüchtigen Blick zuwarf und sich viel mehr für Abu Dun zu interessieren schien. Sein Blick suchte die winzige Schnittwunde an seinem Hals und blieb daran hängen. Die Ninja nahm jetzt immer mehr Fahrt auf und war jetzt nunmehr wenige Bootslängen von der EL CID entfernt. Auch das riesige Schlachtschiff war schon merklich schneller geworden, trotzdem aber noch weit davon entfernt, so schnell wie die Ninja zu sein oder ihnen gar davonzufahren, und sie hatten das Hafenbecken bereits zu einem Viertel durchquert. Inzwischen waren mehr und mehr Schiffsbesatzungen darauf aufmerksam geworden, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Laternen und Fackeln wurden geschwenkt, und aufgeregte Rufe hallten aus allen Richtungen über das Wasser. Gedämpfter Hufschlag drang vom Ufer herüber, als jemand lossprengte, um von den beunruhigenden Vorfällen im Hafen zu berichten, und von einem etwas weiter entfernt liegenden Schiff wurde eine Muskete abgefeuert, obwohl die Kugel keine Chance hatte, der EL CID auch nur nahe zu kommen.
Dafür verringerte sich die Entfernung zwischen ihr und der Ninja jetzt immer schneller. Abu Dun und er gaben ihren Beobachtungsplatz im Bug der Galeere auf und eilten auf die Steuerbordseite, dann machte das Schiff, nachdem es noch einmal beschleunigt hatte, einen regelrechten Satz, als es in den Sog der EL CID geriet. Gordons Männer vollführten ein solches Manöver ganz offensichtlich nicht zum ersten Mal. Die Ruder auf der Steuerbordseite wurden im letzten Moment eingeholt, und die beiden Schiffe stießen mit einem fast sanften Ruck aneinander. Abu Dun hob die Arme und suchte nach einer geeigneten Stelle, um am Rumpf des Riesen hochzuklettern. Andrej tat dasselbe und ließ die Arme auch im gleichen Moment wie Abu Dun wieder sinken, als sich nur ein kleines Stück über ihnen eine rechteckige Klappe öffnete und ihnen beinahe auf die Köpfe gefallen wäre.
Es war nicht die einzige. Vom Bug bis zum Heck und in vier Reihen übereinander öffneten sich Dutzende und Dutzende von Geschützklappen, und eine schier endlose Zahl mattschwarzer Kanonen reckte drohend seine Läufe ins Freie.
»Was zum Schaitan …?«, murmelte Abu Dun, und Gordon unterbrach kreischend: »Um Himmels willen! HalteteuchdieOhrenzu!« Seine Stimme schnappte über. Die Warnung kam zu spät, jedenfalls für Abu Dun und Andrej, und vermutlich auch für den größten Teil der Männer an und unter Deck.
Der Himmel explodierte, als die EL CID eine volle Breitseite abfeuerte. Für den Bruchteil einer Sekunde wurde alles weiß, unerträglich hell und gleißend und heiß , als hätte die ganze Welt von einem Lidschlag zum nächsten Feuer gefangen, und ein ungeheures Donnern und Brüllen traf sie mit der Wucht eines Schmiedehammers. Feuer und brodelnder, glühend heißer Rauch brachen aus dem Rumpf der EL CID und rissen jeden auf Deck der Galeere von den Füßen und mehr als einen Mann glattweg über Bord. Der Lärm schwoll immer noch an, erreichte die Grenze des Erträglichen und dann die des Vorstellbaren, nahm noch einmal zu und erlosch dann ebenso abrupt und brutal, wie er gekommen war. Die pure Druckwelle des Mündungsfeuers reichte aus, die Ninja wie eine unsichtbare Riesenfaust zu schütteln und zugleich tief genug ins Wasser zu drücken, dass schaumiges Weiß über das Deck spülte. Noch mehr Männer wurden von Bord geschleudert – unter ihnen auch Bresto und Rodriguez –, und noch bevor sich das Schiff zitternd und widerwillig wieder aufrichtete, schlug die Salve in ihrem Ziel ein, weniger als zweihundert Fuß entfernt und mit verheerender Wucht.
Alles ging viel zu schnell, als dass selbst Andrej Einzelheiten erkennen konnte. In der einen Sekunde war das mächtige Linienschiff noch da, in der anderen war es einfach … verschwunden.

19

F
    lammen, Rauch und brennende Trümmerstücke verschlangen das Schiff in einem einzigen, lodernden Augenblick, und noch bevor die grellen Nachbilder auf Andrejs Netzhäuten verblassen konnten, loderte es auf der anderen Seite der EL CID ebenso hell und todbringend auf, als das Schiff eine zweite Breitseite abfeuerte. Diesmal konnte er ihre verheerende Wirkung nicht sehen, weil ihm der gigantische Schiffsrumpf den Blick verwehrte, und

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