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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gedanken und nickte, wie um Bresto zu ermutigen. »Ein paar Stunden Schlaf tun uns sicherlich gut«, sagte er. »Es war eine anstrengende Nacht. Für uns alle.«
»Dann folgt mir.« Bresto fuhr auf dem Absatz herum und rannte die ersten Schritte beinahe, verfiel aber gleich darauf wieder in ein gemäßigteres Tempo; schon weil keiner der Matrosen Anstalten machte, ihm aus dem Weg zu gehen. Er würde Schwierigkeiten bekommen, dachte Andrej. Mehr, als er jetzt auch nur ahnte.
    Bresto wählte nicht den langen Weg über das Geschützdeck, sondern führte sie einen kurzen Gang entlang, in dem es so dunkel war, dass Andrej sich vergeblich fragte, wie er eigentlich das Kunststück fertig brachte, mit seinen normalen menschlichen Augen überhaupt etwas zu sehen. Er selbst empfand das schattige Halbdunkel hier unten als Labsal. Es war noch immer heiß, und in der Luft lag der Gestank der Schlacht, ein dumpfes Gemisch aus Pulverdampf und Blut, aus Schweiß und verbranntem Holz, heißem Metall und verschmortem Fleisch. Bei der bloßen Erinnerung begann sein Herz schon wieder ein wenig schneller zu schlagen. Aber er spürte nicht etwa Furcht oder Entsetzen. Sein Verstand (und seine Gewohnheit) sagten ihm, dass er empört und angewidert sein sollte, und das war er auch … aber unter diesem gerechten Schaudern war noch etwas anderes. Die Erinnerung an den süßen Schmerz, an die reine Todesangst und den hilflosen Zorn der Männer, ihren Schrecken und ihr Leid, das ein Teil von ihm getrunken hatte wie süßen Wein. Ihm war mit einem Male klar, warum sie Geschöpfe ihrer Art so oft an Städten des Leids antrafen, auf Schlachtfeldern und Richtplätzen, in Siechenhäusern und Folterkammern. Leid war ihr Lebenselixier, der Nektar, der sie anzog wie der Gestank von Aas die Schmeißfliegen. Ein Leben zu nehmen, brachte Geschöpfen ihrer Art Kraft, die sie selbst zum Leben brauchten, aber es war nur Nahrung, sonst nichts. Es gewaltsam zu nehmen, war ein Genuss. Und es einem Menschen zu entreißen, der Schmerzen und Furcht litt, ein Rausch, dessen Süße niemand verstehen konnte, der ihn nicht schon einmal selbst verspürt hatte.
Ein Rausch, der süchtig machte.
Auf den letzten Schritten eilte Bresto wieder voraus und brach sich einen Fingernagel bei dem Versuch ab, den Riegel schneller beiseitezuschieben, als es die grobe Konstruktion überhaupt zuließ, verbiss sich aber jeden Schmerzenslaut und stieß die Tür mit der anderen Hand hastig auf. Andrej verkniff sich ein spöttisches Grinsen, als Bresto es sich nicht nehmen ließ, sich respektvoll zu verbeugen und eine übertrieben einladende Geste zu machen, trat rasch an ihm vorbei und verzog dann doch das Gesicht, als ihn das Sonnenlicht traf, dem er gerade erst entkommen war. Das riesige viergeteilte Fenster war wieder geschlossen worden, aber dem Flügel, den Abu Dun in der Nacht zerbrochen hatte, fehlte das Glas, und die Sonne, ein flammend roter Ball, schien direkt hinein, als habe sie tatsächlich auf ihn gewartet, um ihm zu zeigen, dass er ihr nicht entkommen konnte – und ihn so zu verhöhnen.
Die Wahrheit war wohl eher, dass sich das Schiff inzwischen endgültig nach Westen gedreht hatte, um sichere Gewässer anzusteuern, und die Sonne somit genau hinter ihnen stand. Dennoch verspürte er für einen Moment einen sinnlosen Zorn auf dieses grausame Licht am Himmel, und eine fast noch größere Sehnsucht nach der Dunkelheit.
Abu Dun tat, als müsse er sich räuspern, und als Andrej aufsah, begegnete er dem ihm wohlbekannten Blick, in dem Sorge und eiserne Entschlossenheit lag. Er deutete ein Kopfschütteln an, aber Abu Dun tat ihm nicht den Gefallen, sich beruhigter zu zeigen. Die Entschlossenheit in seinen Augen nahm noch einmal zu. Vielleicht war es auch eine Drohung.
Bresto hatte seinen Blick zum Fenster bemerkt und – verständlicherweise – falsch gedeutet. »Das Fenster ist noch nicht repariert«, sagte er, ebenso hastig wie überflüssigerweise. »Ich suche gleich den Schiffszimmermann und schicke ihn her, damit er das in Ordnung bringt.«
»Aber sprecht Spanisch mit ihm, oder macht ihm eine Zeichnung«, sagte Abu Dun todernst. »Sonst baut er uns am Ende noch eine Feldküche ein, oder einen Glockenturm.«
Bresto blinzelte. Nun tat er Andrej tatsächlich leid. »Das hat Zeit«, sagte er rasch. »Im Moment liegen sicherlich dringendere Reparaturen an als ein zerbrochenes Fenster … bei der Gelegenheit: Was ist mit d er Ninja geschehen? Konnte die Besatzung gerettet

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