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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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KingGeorge nehmen, aber das hat sie nicht zugelassen.«
»Und woher wollt Ihr das wissen, wenn sie kein Wort spricht?«, fragte Abu Dun.
Bresto zeigte auf Esmeralda. »Versucht sie von Bord des Schiffes zu schaffen, und Ihr wisst es.«
Andrej ging zur Tür. Aus irgendeinem Grund war ihm Esmeraldas Nähe plötzlich unangenehm. Außerdem empfand er es als entwürdigend, in ihrer Gegenwart so über sie zu sprechen, als wäre sie nicht da.
Erst, als sie wieder draußen auf dem Gang waren und Bresto die Tür hinter sich zugezogen hatte, brach er das Schweigen. »Holt einen Mann, der diese Tür bewacht, Lieutenant«, sagte er. »Niemand betritt diesen Raum, wenn ich es nicht ausdrücklich erlaubt habe.«
Bresto sah ein wenig ratlos aus; vielleicht dachte er auch an das, was dem Letzten zugestoßen war, der einen ganz ähnlichen Befehl bekommen hatte. Dann aber eilte er gehorsam davon, um Andrejs Befehl nachzukommen. »Vor wem wolltest du sie wirklich schützen?«, fragte Abu Dun, kaum, dass Bresto außer Hörweite war. »Vor dir?«
Bei diesen Worten hätte er zornig werden sollen, doch stattdessen verspürte er nur ein eisiges Frösteln, denn plötzlich wurde ihm klar, warum er sich gerade in Esmeraldas Nähe so unwohl gefühlt hatte.
Es war ihr Schmerz. Das Leid, das ihre Seele zerfraß. Etwas in ihm spürte diese Qual und wollte sie, und er wusste nicht, wie lange er der Stimme der Versuchung noch widerstehen konnte.
Bresto kam schon nach wenigen Momenten in Begleitung zweier Matrosen zurück. Beide waren mit schweren Säbeln und Musketen bewaffnet, hatten aber die spanischen Uniformjacken abgelegt – wie übrigens fast alle Männer an Bord – und schienen ihre Instruktionen bereits erhalten zu haben, denn sie nahmen wortlos rechts und links der Tür Aufstellung und gaben sich redlich Mühe, möglichst grimmig auszusehen. Andrej nickte Bresto zufrieden zu. Er bezweifelte, dass Esmeralda in der Obhut dieser beiden Kerle sicher war, aber etwas Besseres würden sie vermutlich auch nicht bekommen, solange sie sich an Bord dieses Schiffes befanden.
»Jetzt würde ich gerne das Schiff sehen«, sagte er, »wenn es Euch nichts ausmacht, Lieutenant.«
»Natürlich nicht«, antwortete Bresto. »Aber ich fürchte, dass ich Euch nicht viel zeigen kann. Tatsächlich kennt Ihr dieses Schiff wahrscheinlich besser als ich. Ich habe es vergangene Nacht zum ersten Mal betreten.« »Dann sollten wir vielleicht gemeinsam auf Erkundung gehen, meint Ihr nicht?«
Bresto suchte sichtlich nach einer Ausrede, um Andrejs Ansinnen abzulehnen, fand sie aber nicht und rettete sich wieder einmal in ein Achselzucken, das alles oder auch gar nichts bedeuten konnte. »Ganz wie Ihr es wünscht«, sagte er, als sei ihm dies unbehaglich. »Auch wenn ich nicht weiß, was Ihr Euch davon versprecht.«
»Sagen wir: Ich interessiere mich für einen ganz bestimmten Raum«, sagte Andrej. »Einen, in dem ich schon einmal war.« Auf Brestos stumme Frage hin fügte Abu Dun hinzu: »Die Bilge.«
»Ganz wie Ihr wünscht«, sagte Bresto noch einmal. Wahrscheinlich würde er das auch dann noch antworten, wenn Andrej von ihm verlangt hätte, mit einer fünfzig Pfund schweren Kette an den Füßen über Bord zu springen, ob er es dann auch wirklich tat, einmal dahingestellt.
Es waren Abu Dun und Andrej, die Bresto nach unten führten, und nicht andersherum. Andrej war selbst ein wenig erstaunt, wie zielsicher er den Weg fand, den er nur ein einziges Mal gegangen war.
Ein Schiff dieser Größe auch nur oberflächlich zu durchsuchen, wäre normalerweise ein Unterfangen vieler Stunden gewesen, wenn nicht Tage, doch Abu Dun und er schafften es binnen weniger Minuten bis zur untersten Ebene hinab. Der Weg kam ihnen wie ein Spießrutenlauf vor. Auch wenn keiner der Matrosen und Soldaten sie ansprach, spürte Andrej doch die Feindseligkeit und das Misstrauen, die ihnen entgegenschlugen. Bresto war nicht der Einzige, den man hier an Bord ganz unverhohlen nicht willkommen hieß. Andrej war mit jedem Moment, der verstrich, weniger sicher, ob sie zwischen Cádiz und diesem Schiff wirklich einen guten Tausch gemacht hatten.
Nachdem sie das unterste Geschützdeck hinter sich gebracht hatten, waren sie beide erleichtert, denn hier waren sie allein. Andrej nahm an, dass sich auch unter normalen Umständen kaum jemand hier hinunterverirrte. Jetzt, da das Schiff mit weniger als seiner normalen Sollstärke bemannt war, würden sie in diesem Teil des Schiffes keine einzige Menschenseele

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