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Goettersterben

Titel: Goettersterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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werden?«
»Weniger als die Hälfte«, antwortete Bresto traurig. »Wir haben das Wrack zurückgelassen. Wahrscheinlich ist es inzwischen gesunken.«
»Und Señora Esmeralda?«
» Lady Esmeralda«, antwortete Bresto betont, »ist unversehrt, der Jungfrau Maria sei Dank.«
»Wo ist sie jetzt?«, wollte Abu Dun wissen.
»Captain Rogers hat ihr die Kajüte des ersten Offiziers zugewiesen«, antwortete Bresto. »Der Schiffsarzt der KingGeorge hat sie untersucht, bevor sie abgelegt hat. Sie spricht immer noch nicht, aber der Arzt sagt, dass ihr eigentlich nichts fehlt. Wahrscheinlich wird sie sich wieder erholen, wenn man ihr nur ein wenig Zeit lässt.« Andrej bezweifelte das. Er hatte in die Seele der jungen Frau geblickt und gesehen, welch verheerenden Schaden der Vampyr darin angerichtet hatte. Vielleicht – nur vielleicht – würde sie sich erholen und ihr Geist den Weg zurück aus dem schwarzen Abgrund der Verzweiflung finden, in den das Entsetzen ihn verbannt hatte, aber er glaubte es nicht. Er musste auch den Arzt nicht sehen, von dem Bresto gesprochen hatte, um zu wissen, dass es sich wahrscheinlich um einen der üblichen Metzger handelte, die es im zivilen Leben mangels Fähigkeiten oder Willen zu nichts gebracht und ihr Auskommen nun beim Militär gefunden hatten. Menschen waren so erfindungsreich, wenn es darum ging, einander Schaden zuzufügen. Warum waren sie nicht genauso gut, wenn es darum ging, die Wunden wieder zu heilen, die sie sich gegenseitig zufügten?
»Ich möchte sie sehen«, sagte er. »Und dann würde ich gerne das Schiff inspizieren.«
»Inspizieren?«, wiederholte Bresto. Er klang verwirrt, aber auch ein wenig misstrauisch. »Warum?«
»Nur so«, antwortete Andrej. »Wir werden ein paar Tage an Bord verbringen müssen.« Er hob die Schultern. »Ich weiß gern, wie mein neues Zuhause aussieht. Und ich hasse Untätigkeit.«
Bresto wirkte alles andere als begeistert. Er warf einen fast sehnsüchtigen Blick auf das offene Fenster und anschließend auf das schmale Bett darunter, als warte er darauf, dass seine Gäste es sich, von plötzlicher Müdigkeit übermannt, doch noch anders überlegten, aber schließlich bedeutete er ihnen resigniert, ihm zu folgen. Der Weg war nicht besonders weit, und auf dem letzten Stück kam er Andrej auf sonderbare Weise bekannt vor. Noch bevor er die Tür öffnete, wusste er, dass er schon einmal hier gewesen war.
Bresto hatte von der Kajüte des Ersten Offiziers gesprochen, aber es war die Kabine, in der sie den Leichnam des jungen Maats gefunden hatten.
Abu Dun entging das so wenig wie ihm. Er zog vielsagend die linke Augenbraue hoch. Andrej schritt schneller aus, trat als Erster ein und stellte mit einem ihm selbst unverständlichen Gefühl von Erleichterung fest, dass dieses Mal kein Toter auf sie wartete … auch wenn die jetzige Bewohnerin einer Toten mehr glich als einer Lebenden.
Esmeralda saß auf dem Rand der schmalen Pritsche, auf der sie den Maat gefunden hatten, hatte die Knie an den Leib gezogen und starrte ins Leere. Was ihren Körper anging, so hatte der Schiffsarzt der King George recht gehabt. Esmeralda Gonzales hatte nicht nur den Untergang der Ninja unversehrt überstanden, sondern sah eindeutig besser aus als noch am vergangenen Abend. Ihr Kleid war schmutzig und stank nach Rauch und ihr Haar war aufgelöst und wirr, aber das ließ sie nicht nur noch jünger erscheinen, als sie ohnehin war, sondern unterstrich auf sonderbare Weise sogar noch ihre natürliche Schönheit. Auch die unnatürliche Blässe war aus ihrem Gesicht gewichen, und wenn man nicht genau hinsah, dann hätte man sogar meinen können, das Leben wäre in ihre Augen zurückgekehrt.
Doch Andrej sah auch die Dunkelheit hinter ihren Augen und er spürte den Schmerz, der so sehr zu einem Teil ihres Selbst geworden war, dass sie ihn niemals wieder loswerden würde. Ganz gleich, was Rogers Schiffsmetzger auch sagen mochte, Esmeralda Gonzales war vor drei Nächten in Cádiz gestorben, und was nun vor ihm auf dem Rand der schmalen Liege saß, das war wenig mehr als eine wunderschöne, aber tote Hülle.
    Der Anblick brach ihm schier das Herz, aber er bestärkte ihn auch nur noch mehr in seiner Entschlossenheit, denjenigen zur Rechenschaft zu ziehen, der für ihr Leid verantwortlich war.
»Ich habe es Euch gesagt«, seufzte Bresto. »Sie spricht nicht. Über nichts und zu niemandem. Aber sie besteht darauf, hier an Bord der EL CID zu bleiben. Captain Rogers wollte sie mit auf die

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